Wer tritt an? Vor der Bundestagswahl am 23. Februar widmen wir uns dem Wahlkreis 93 Köln II mit der südlichen Innenstadt, Rodenkirchen und Lindenthal.
Bundestagswahl 2025Was man im Wahlkreis 93 Köln II wissen muss

Die Kandidaten im Wahlkreis 93
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Zwölf zu sieben für die CDU gegen die SPD. So sieht die Bilanz seit 1949 im Wahlkreis 93 Köln II aus, der von der Innenstadt die Stadtteile Altstadt-Süd und Neustadt-Süd sowie die Stadtbezirke Rodenkirchen und Lindenthal umfasst. 19 Mal in 72 Jahren machten Christdemokraten und Sozialdemokraten das Rennen um das Direktmandat im Kölner Südwesten unter sich aus. Dann gelang es Sven Lehmann hier im Jahr 2021 als erstem Grünen überhaupt, bei einer Bundestagswahl einen Kölner Wahlkreis direkt zu gewinnen.
Dreieinhalb Jahre später tritt Lehmann wieder an und will sein Direktmandat verteidigen. Ein Überblick.
Wie lief es bei der Bundestagswahl 2021?
Schon bei der Kommunalwahl im September 2020 hatten die Grünen in Köln für Furore gesorgt. Stadtweit wurden sie mit 28,5 Prozent erstmals stärkste Kraft im Rat und ließen SPD (21,6 Prozent) und CDU (21,5 Prozent) klar hinter sich. Dabei überflügelten sie die Union auch in Lindenthal und Rodenkirchen, den traditionellen CDU-Hochburgen.
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Bei der Bundestagswahl 2021 konnten sie ihren Erfolg wiederholen. Stadtweit holten sie 28,0 Prozent der Zweitstimmen, wurden erneut stärkste Kraft vor SPD (24,6 Prozent) und CDU (19,3 Prozent).
Auch bei den Erststimmen waren die Grünen 2021 vorne. Das lag vor allem am Abschneiden von Sven Lehmann. Bei seiner zweiten Kandidatur konnte er sein Ergebnis von 2017 mehr als verdoppeln – von 14,6 auf 34,6 Prozent. Damit ließ er Sandra von Möller (CDU, 25,0 Prozent) und Marion Sollbach (SPD, 19,7 Prozent) weit hinter sich (siehe Grafik).
Von den anderen Direktkandidaten im Wahlkreis Köln II schaffte es bei der Wahl 2021 Matthias Birkwald (Linke) über die Landesliste in den Bundestag. Der Kölner gehört dem Berliner Parlament seit 2009 an.

Wahlkreis 93
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Wie ist die Ausgangslage jetzt?
Bei der Europawahl im Juni 2024 erfuhr der jahrelange Höhenflug der Grünen in Köln einen Dämpfer. Sie blieben zwar stärkste Kraft, stürzten aber um 8,6 Prozentpunkte ab. Zurzeit schwanken ihre Umfragewerte auf Bundesebene zwischen 12 bis 15 Prozent, liegen damit tendenziell unter dem Wahlergebnis von 2021 (14,8 Prozent). Das ist die Ausgangslage für Lehmann, der sein Direktmandat gegen zwei neue Konkurrenten von CDU und SPD verteidigen will. Für die CDU tritt im Südwesten erstmals Daniel Otte (44) an. Der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht setzte sich bei der Aufstellungsversammlung im September überraschend gegen drei Bewerber durch, darunter Kölns CDU-Vizechefin Janina Jänsch. Gegen diese Entscheidung klagten CDU-Mitglieder vor dem Kreisparteischiedsgericht. Das entschied: Die Wahl müsse wiederholt werden. Dieses Urteil hob das Landesparteischiedsgericht der CDU jedoch wieder auf.
Die SPD setzt mit der Schauspielerin und Autorin Renan Demirkan (69) auf eine prominente Persönlichkeit, die parteipolitisch bisher aber nicht in Erscheinung getreten ist. Demirkan ist 2021 in die Kölner SPD eingetreten. Sie kandidiert in dem Wahlkreis, den die ebenfalls in der Türkei geborene SPD-Politikerin Lale Akgün 2002 und 2005 direkt gewonnen hatte.
Wofür stehen die drei Kandidaten?
Sven Lehmann wuchs in Troisdorf auf. Er hat Politikwissenschaften studiert, war Vorsitzender der NRW-Grünen. 2017 zog er über Liste erstmals in den Bundestag ein. Er ist Staatssekretär im Familienministerium und Queer-Beauftragter der Bundesregierung. Als seine zentralen Themen hat er „ambitionierten Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und konsequenten Einsatz für unsere vielfältige Demokratie“ benannt. Er will den geplanten Abriss der Rodenkirchener Brücke verhindern und fordert, „dass wir insgesamt in der Verkehrspolitik auf Erhalt statt Abriss und Neubau setzen“.
Daniel Otte ist in Hünfeld (Hessen) geboren, hat Abitur in Lingen (Ems) gemacht und Jura studiert. Er hat eine Zulassung als Rechtsanwalt in New York, bestreitet Triathlon-Wettkämpfe und wohnt seit 2009 in Köln. Zu seinen Kernthemen zählt er, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern, er sagt: „Wir können nur das Geld verteilen, das wir vorher erwirtschaftet haben.“ Otte will sich für Bürokratieabbau und eine effizientere Verwaltung einsetzen. Familien, „die unsere Gesellschaft tragen und erhalten“, sollen gestärkt werden. Außerdem fordert er eine „intelligente Integrationspolitik“.
Renan Demirkan ist in Ankara geboren, kam als Siebenjährige nach Deutschland, studierte Schauspiel und arbeitete an Bühnen. Im Kinofilm „Zahn um Zahn“ (1985) spielte sie an der Seite von Götz George als Kommissar Schimanski. Sie ist Gründerin der gemeinnützigen Initiative „Zeit der Maulbeeren“, die materiell bedürftigen, krebstraumatisierten Frauen Erholung auf dem Land ermöglicht. Zu ihren wichtigsten Zielen für Köln zählt sie, die hohe Obdachlosigkeit zu verringern. Sie will erreichen, dass mehr Wohnungen gebaut werden. Ein Anliegen ist es ihr auch, gegen die Spaltung der Gesellschaft vorzugehen.
Wer von den dreien hat die besten Chancen?
Das Portal „election.de“, das anhand von Umfragewerten und anderen Faktoren für jeden Wahlkreis in Deutschland Schätzungen abgibt, sieht im Kölner Südwesten aktuell den Grünen Sven Lehmann als Favorit vor CDU-Bewerber Daniel Otte. Mit Platz 4 auf der NRW-Landesliste seiner Partei hat Lehmann einen Platz im Parlament ohnehin sicher. Dagegen hat SPD-Bewerberin Renan Demirkan nur einen aussichtslosen Listenplatz 44. Otte steht gar nicht auf der CDU-Liste.
Wer bewirbt sich noch für den Bundestag?
Der Unternehmer Gerd Kaspar (60) tritt für die FDP an, er ist Bezirksvertreter in Lindenthal. Für die AfD kandidiert Christer Cremer (42). Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter, Vorsitzender der AfD Köln und Mitglied des Stadtrats. Die Krankenpflegerin Lea Reisner (36) ist Direktkandidatin der Linke.
Weitere Bewerber sind der IT-Berater Michael Joos (Freie Wähler), die Psychologin Klaudia Grote (Volt), der Unternehmer Michael Marx (Bündnis Deutschland) und der Verkäufer Martin Josef Przybylski (Tradition und Zukunft).