Lindenthal – Der Blick aus dem Wohnzimmerfenster änderte sich vor zwei Jahren nahezu über Nacht. Plötzlich waren die dichten Blätterkronen auf der gegenüberliegenden Seite der Gleueler Straße verschwunden. 16 bis 20 Bäume waren einem Neubau der Uniklinik gewichen. „Jetzt ist das Bettenhaus unser direkter Nachbar“, erzählt Anwohnerin Kerstin Jägersberg. Jedenfalls wirkt es so.
Mit einigen Nachbarn hat sie nun die „Initiative Grüne Gleueler gegründet“ und sich nun an der Kreuzung Gleueler/Joseph-Stelzmann-Straße mit einem Informationsstand für die Nachbarschaft positioniert, denn die Lindenthaler machen sich Sorgen, dass der Grünfraß an ihrer Straße weitergeht. Denn dort steht ein weiteres Bauprojekt an.
Mischwald ist gefährdet
Die Pharmakologie, die sich auf dem Grundstück an der Gleueler Straße 24 befindet, soll neu gebaut werden. Die Anwohner und Lindenthaler Bezirkspolitiker fürchten die Konsequenzen für die Bäume auf dem Grundstück. Fast ein kleiner Mischwald ist dort beheimatet, Eiben, Rosskastanien, Rotbuchen, eine Robinie, eine Kornelkirsche und ein amerikanischer Amberbaum wachsen zusammen auf dem Eckgrundstück. Ihre Tage sind möglicherweise gezählt. Als die Nachbarn erfuhren, dass die Klinik dort neu bauen möchten, fragten sie nach, was mit dem Bewuchs geschieht.
Die Antwort blieb vage: Die Grünfläche solle neu bewertet werden, so antwortete das Krankenhaus. „Die Ausformung der Grünanlage wird durch ein Preisgericht entschieden“, so hieß es. Inwieweit dabei Bäume geopfert werden, wurde nicht thematisiert. Diese Auskunft ist den Anwohnern zu wenig. Sie kritisieren die mangelnde Kommunikation mit und eine mangelnde Transparenz gegenüber der Bevölkerung.
Sie wünschen sich eine Herangehensweise bei den Planungen von Neubauten, die der Klimakrise angemessen ist. „Eine intelligente Architektur kann den vorhandenen Baumbestand integrieren“, betont Sören Hecht, der an der Gleueler Straße wohnt. Carla Cugini pflichtet ihm bei: „Die Klinik solle sich nicht nur um das Leben in ihrem Inneren kümmern, sondern auch um das der Nachbarschaft. Dabei haben die Nachbarn für die Bautätigkeit des Krankenhauses durchaus Verständnis.
Holger Schwarz formuliert es so: „Wir können nachvollziehen, dass die Gebäude modernisiert und teilweise neu gebaut werden müssen, aber man sollte den Baumbestand respektieren, die Identität des Viertels als Gartenstadt.“
Baumsensible Planung gefordert
Die anwesenden Bezirkspolitiker sehen das genauso: „Wir setzen uns für eine baumsensible Planung ein“, sagte Marliese Berthmann (CDU). „Es kann nicht sein, dass wie sonst oft Alibinachpflanzungen im Hinterhof stattfinden, aber das wichtige Straßengrün wegfällt. Florian Weber-Baranowsky (Grüne) formulierte das Ziel der Politik: „Wir werden dafür sorgen, dass so wenige Bäume wie möglich gefällt werden.“
Laut Aussage der Uniklinik Köln sind die Pläne für den Neubau allerdings noch nicht so weit vorangeschritten, dass sie eine Aussage dazu treffen kann, inwieweit der alte Baumbestand erhalten bleibt: „Wir planen mittelfristig, das stark sanierungsbedürftige und funktional nicht mehr zeitgemäße Gebäude der Pharmakologie durch einen Neubau zu ersetzen“, führt Birgit Kroschel-Lang, Sprecherin der Klinik, aus.
„Im Zuge dessen wird der aktuelle Baumbestand berücksichtigt, beziehungsweise die zukünftige Ausformung der Grünanlagen entschieden. Derzeit liegen dazu mehrere Architektenentwürfe vor.“ Es sei aber noch nicht darüber entschieden. Auch dem Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz liegen noch kein Fällantrag oder Pläne für Baumfällungen vor.
Politiker sind verärgert
Roland Schüler (Grüne), der bereits sehr lange Mitglied der Bezirksvertretung ist, befürchtet allerdings, dass der vorhandene Baumbewuchs bei den Planungen der Architekten keine Rolle spielen wird: „In den vergangenen Jahrzehnten sind auf dem Gelände der Uniklinik bestimmt 200 Bäume verschwunden“, erzählt er.
Die Politiker ärgern sich darüber, dass sie bei den Entscheidungen über Baumfällungen im Stadtbezirk nicht eingebunden werden und die Verwaltung nicht mit ihnen nach einer möglichst umweltverträglichen Lösung sucht, die auch das Straßen- und Stadtbild berücksichtigt. „Meist heißt es dann einfach, man müsse den Baum wegen einer Baustellenzufahrt entfernen“, so Schüler, „oder weil die Zufahrt zum Grundstück nun an einer anderen Stelle liegen soll, dabei kann man alle diese Dinge auch anders lösen.“