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Letzte Ruhe beim „Tulpenkönig“Hier werden Körperteile aus der Rechtsmedizin bestattet

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Würdevoller Abschied: Die Asservate aus der Rechtsmedizin werden mit kleiner Zeremonie bestattet.

Wenn die Rechtsmedizin Leichen zur Bestattung freigibt, dann niemals ganz. Für Organe, Knochen, Gewebe und Körperflüssigkeiten, die untersucht wurden, verlangt der Gesetzgeber eine dreijährige Aufbewahrungsfrist. Bis vor elf Jahren hatte das Kölner Institut für Rechtsmedizin keine andere Möglichkeit, als die sterblichen Überreste wie anderen medizinischen Sondermüll in Tonnen zu entsorgen. Den Kölner Friedhofsgärtnern ist es zu verdanken, dass die Bestattung von Proben aus menschlichen Körpern inzwischen Tradition hat. Gestern fand zum sechsten Mal eine Beisetzung statt.

„Wir sind dankbar für das Angebot, die Asservate einäschern und pietätvoll bestatten zu können“, bekundet Prof. Dr. Sibylle Banaschak, stellvertretende Direktorin des auf dem Gelände des Melatenfriedhofs gelegenen Kölner Instituts für Rechtsmedizin. Alle zwei Jahre halten die Rechtsmedizin der Uniklinik, die Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner und das Bestattungshaus Hoffmann die kleine Gedenkzeremonie ab. „Wir sind dankbar - nicht jedem Institut steht eine Grabstelle zur Verfügung“, weiß die Rechtsmedizinerin Banaschak.

Grabstätte eines leidenschaftlichen Tulpenzüchters

Die letzte Ruhe finden die sterblichen Überreste aus der Rechtsmedizin in der Grabstätte des Kartäuserpriesters und leidenschaftlichen Tulpenzüchters Joseph Becker. Die denkmalgeschützte Stätte gehört zu den ältesten Gräbern auf dem Melatenfriedhof. Über den Geistlichen ist lediglich bekannt, was auf dem Grabstein steht: dass er am 2. Februar 1812 im Alter von 67 Jahren starb und die „Blumen des Mays“ pflegte. Die Grabpaten übernahmen die Friedhofsgärtner, die jüngst für die Restaurierung des Gedenksteins sorgten.

Ein Schild erklärt, wessen Überreste im Grab des „Tulpenkönigs“ ruhen: „Mit Respekt und Würde liegt hier beigesetzt die Asche von Körperteilen Verstorbener, die aus wissenschaftlichen und rechtlichen Grünen im Institut für Rechtsmedizin der Universität zu Köln untersucht wurden.“

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Zwei Urnen füllt an diesem Mittwoch die Asche einiger 100 menschlicher Überreste von Verbrechensopfern oder Verstorbenen, die wegen ungeklärter Todesursache obduziert wurden. „In den Vorjahren haben wir bis zu vier Urnen beigesetzt“, bemerkt Rainer Lenzen vom Bestattungshaus Hoffmann, der mit Julia Baum von den Friedhofsgärtnern die Abschiedszeremonie organisiert hat. „Das liegt daran, dass wir für unsere Untersuchungen keine ganzen Organe mehr brauchen, sondern dank moderner Geräte immer geringere Gewebeproben“, erklärt Prof. Banaschak. Für die Rechtsmedizinerin ist klar: „Auch wenn wir in zwei Jahren nur noch eine Urne haben, wollen wir sie hier würdevoll bestatten.“