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Kölner UnicenterEin Dorf, das sich gen Himmel reckt, wird 50

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf den Fernsehturm, das Herkuleshochhaus und den Inneren Grüngürtel.

Fulminanter Blick: Von den oberen Etagen des Uni-Centers kann man das gesamte Kölner Umland überblicken - und zwar in allen Himmelsrichtungen.

Freiwillig im Hochhaus? Im Uni-Center, das vor 50 Jahren fertig wurde, schon. Hier leben die Eigentümer selbst. Und haben noch viel vor mit ihrem Wohnturm.

Ein kapitaler Ochse dreht sich beim Richtfest am Spieß, der Sprecher beschwört das Ballett der Kräne, und bevor zwölf Meter tief geschachtet werden kann, gilt es eine Fünf-Zentner-Bombe zu entfernen. Der Videofilm des Bauträgers „Deba“ aus den 1970ern über den Bau des Uni-Centers an der Luxemburger Straße wartet mit Überraschungen auf. So wie das große Wohngebäude mit den drei Flügeln „U“, „N“ und „I“ und einem Zentrum, das mit 45 Stockwerken 135 Meter in den Himmel ragt. Hier wohnen rund 2000 Menschen in 986 Wohnungen.

Vom Mini-Appartment bis zum Penthouse

60 Prozent der Wohnungen sind in privater Eigentümerhand. „Das ist absolut ungewöhnlich für Gebäude dieser Art“, sagte NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach bei der Feier zum 50-jährigen Bestehen des Wohnturmes. Der gelte seit seiner Fertigstellung bis heute als eines der größten Wohngebäude Europas.

Unter den ersten Käufern des gerade fertiggestellten Hochhauskomplexes war das Kölner Studierendenwerk. Es erwarb 378 Wohnungen in 21 Etagen; die 14 bis 24 Quadratmeter großen Einheiten werden bis heute an Studentinnen und Studenten vermietet. Neben den kleinen Apartments mit Kochnischen reicht die Bandbreite der Wohnungen über praktisch geschnittene 2- bis 3- Zimmer-Einheiten bis hin zu zweigeschossigen Lofts und luxuriösen Fünf-Zimmer-Maisonetten im Penthouse-Stil.

Die Fassade des Hochhauses ist noch gut in Schuss; heute ist sie stark sanierungsbedürftig.

Die Ostansicht des Unicenters zeigt diese historische Aufnahme.

Rekordverdächtig ist auch, wie hoch die Rücklagen der Eigentümergemeinschaft sind, die durch das monatliche „Hausgeld“ zusammenkommen. „Bei einer 67 Quadratmeter großen Wohnung sind das etwa 725 Euro im Monat“, rechnete Erik Uwe Amaya, stellvertretender Verwaltungsbeiratsvorsitzender der Eigentümergemeinschaft, vor. Mit dem Hausgeld könne man langfristig alle notwendigen Sanierungsarbeiten planen und durchführen, die Eigentümer seien vor plötzlichen großen Forderungen durch unabwendbare Sanierungen gefeit. Denn klein ist im Uni-Center gar nichts. So kostet etwa die bis 2024 laufende Brandschutzsanierung 10,5 Millionen Euro, für die Balkon- und Fassadensanierung veranschlage man 13 Millionen Euro, so Amaya.

Durch den behutsamen Umgang mit der Bausubstanz trägt die Eigentümergemeinschaft auch dazu bei, die Klimaziele der Stadt zu erreichen.
Andreas Wolter, Bürgermeister

Bereits umfangreich erneuert habe das Studierendenwerk seine knapp 400 Einheiten; dazu zählte auch der Austausch der ursprünglichen Fenster gegen doppelverglaste Ausführungen. Kostenpunkt: 15 Millionen Euro. Nötig hat es die 50 Jahre alte Fassade eine Sanierung in jedem Fall: Es gibt Risse im Beton, einzelne Verglasungen der Balkone sind durch Netze ersetzt, am Baustoff haben sich grüne Schlieren gebildet, vereinzelnd rankt Efeu in luftiger Höhe des 30. Stocks.

Ein roter Kern, Flügel in diversen Grautönen

Dauern werde die Balkon- und Fassadensanierung sechs bis acht Jahre. Derzeit werde die zukünftige Farbgestaltung des weithin sichtbaren Komplexes mit dem Kölner Gestaltungsbeirat besprochen. Nicht zu auffällig, mit rotem Kern und Flügeln in diversen Grautönen sei der Favorit, teilte eine Sprecherin der Reanovo-Hausverwaltung mit. „Durch den behutsamen und pfleglichen Umgang mit der Bausubstanz trage die Eigentümergemeinschaft auch dazu bei, die Klimaziele der Stadt zu erreichen“, lobte Bürgermeister Andreas Wolter. Und dazu, einen Ort zu erhalten, an dem Teile der Verfilmung von Bölls „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ ebenso gedreht worden seien wie viele Tatort-Szenen. Der einen imponierenden Blick über Köln, sicheres Wohnen (s. Info unten) sowie eine KVB-Haltestelle vor der Tür bietet. Und der auch NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach zum Staunen brachte. „2000 Menschen wohnen hier. Soviele gibt es in manchen Orte in NRW nicht mehr“, sagte sie bei der Feierstunde im 29. Stock. „Das Uni-Center ist ein Dorf in der Stadt.“ Eines, das sich in den Himmel reckt.

Das verbindet das Wohngebäude mit dem Kölner Dom, der nur unwesentlich höher ist. Mehr noch. Auch am Uni-Center können nicht alle Arbeiten mit einem Gerüst vom Boden aus durchgeführt werden. Wie am Dom kommen auch hier von oben gesicherte „schwebende“ Arbeitsgerüste zum Einsatz — ein spektakulärer Anblick, der die Kölnerinnen und Kölner ab Mitte 2025 erwartet.


Das Uni-Center

1971 fand die Grundsteinlegung durch den damaligen Bundesverkehrsminister Lauritz Lauritzen statt, der das Bauwerk als „kühnes Experiment“ bezeichnete. Architekt war der Kölner Professor Werner Ingendaay (1923–2008). Das Richtfest für das Y-förmige Hochhaus fand im Oktober 1972 statt, bezugsfertig war es am 1. August 1973.

Geringe Fluktuation, ein rund um die Uhr besetzter Einlassbereich statt einer Klingelanlage sowie ein Wertstoffcenter im Keller unterscheiden es von anderen Hochhauskomplexen. (two)