- Parkinson ist eine fortschreitende und unheilbare Krankheit.
- Über den Umgang mit Ängsten nach der Diagnose sprach Diana Haß mit Dr. Ann-Kristin Folkerts (32), stellvertretende Leiterin der Abteilung für Medizinische Psychologie an der Uniklinik Köln.
Die Deutsche Parkinson Stiftung hat Sie mit dem Innovationspreis 2022 ausgezeichnet. Mit dem Preisgeld von 50 000 Euro wollen Sie eine Studie zur so genannten Progredienzangst durchführen. Was ist damit gemeint?
Damit ist die Angst vor einer Verschlimmerung der Krankheit gemeint. Eine Angst, die im Fall von Parkinson durchaus real ist. Denn: Die Krankheit schreitet fort und ist nicht heilbar. Gerade Parkinson verläuft sehr unterschiedlich und eine genaue Prognose ist schwierig. Neben den typischen motorischen Störungen kommen weitere Symptome hinzu. Hierzu zählt beispielsweise nicht selten auch eine Demenz. Das sind Faktoren, die Anlass für Zukunftssorgen geben. Die Patientinnen und Patienten sind mit unterschiedlichen Fragen rund um das Fortschreiten ihrer Erkrankung konfrontiert: Muss ich irgendwann meinen Beruf aufgeben? Benötige ich irgendwann im Alltag und bei der Körperpflege Unterstützung?
Was haben Sie bisher herausgefunden?
Wir haben eine Vorstudie in Beelitz, Kassel und Bonn durchgeführt und festgestellt, dass diese Ängste vor dem Fortschreiten der Erkrankung weit verbreitet sind und teilweise dysfunktional sind und damit therapiebedürftig werden können. Generell kommen diese Sorgen aber bisher im klinischen Alltag viel zu selten zur Sprache. So waren viele der Befragten froh, dass sie jemand im Rahmen der Studie auf ihre Krankheitssorgen angesprochen hat und es Raum für einen Austausch gab.
Kann man sagen, dass ein schlimmerer Verlauf die Zukunftssorgen verstärkt?
Die Schwere und Dauer der Erkrankung ist nicht ausschlaggebend dafür, wie schwerwiegend die Zukunftssorgen sind. Das kann man zumindest aus dem folgern, was wir bisher herausgefunden haben. Und diese Sorgen sind ja auch erst einmal absolut normal. Wichtig ist die Frage, ob die Betroffenen einen guten Umgang mit diesen Sorgen finden. Natürlich ist es immer eine Typfrage, wie man mit Ängsten umgeht. Manche Menschen thematisieren ihre Ängste, andere verdrängen sie. Prinzipiell kann man mit beiden Vorgehensweisen gut durchs Leben kommen. Wenn die Ängste allerdings überhandnehmen und das Alltagsgeschehen zunehmend beeinflussen, kann eine psychotherapeutische Begleitung sehr sinnvoll sein.
Gibt es Faktoren, die die Stärke der Angst bestimmen?
Wir haben bei unseren Vorstudien festgestellt, dass Menschen, die berufstätig sind, mehr Zukunftssorgen haben. Frauen sind stärker betroffen. Ebenso Menschen, die von irrationalen Ängsten im Sinne einer Angststörung betroffen sind, ihre Selbstwirksamkeit niedriger empfinden oder eine niedrigere Gesundheitskompetenz haben. In unserer Vorstudie haben wir nur Patientinnen und Patienten befragt, die sich in stationärer Behandlung befunden haben. Daher ist noch sicher, was ein Klinikaufenthalt bewirkt. Gibt es eher Hoffnung, andere Patientinnen und Patienten zu erleben oder verstärkt es Progredienzängste?
Sie wollen nun eine klinische Studie machen.
Wir werden ein bestehendes Behandlungsmanual zum besseren Umgang mit Zukunftssorgen für Menschen mit chronischen Erkrankungen im Neurologischen Rehabilitationszentrum Godeshöhe in Bonn auf seine Passung für Menschen mit Parkinson und auch Multipler Sklerose untersuchen. MS ist ebenfalls eine Erkrankung mit fortschreitendem Verlauf. Dabei wollen wir feststellen, was möglicherweise inhaltlich oder auch strukturell angepasst werden muss. Dann widmen wir uns der Wirksamkeitsüberprüfung und stellen uns der Frage, ob der kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansatz dabei helfen kann, Progredienzängste zu reduzieren beziehungsweise den Umgang mit diesen zu verbessern. Falls dem so ist, geht es darum, den Behandlungsansatz auch in die klinische Routine zu integrieren.