Tim Torn und seine Schwester Lea Lin Teutenberg trainieren hart für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Leben können sie vom Sport alleine nicht. Das soll sich ändern.
Radsportler aus KölnWie sich die Teutenberg-Geschwister auf Olympia vorbereiten
Ihre erste eigene Wohnung hatte Lea Lin Teutenberg (24) lange herbeigesehnt. Nach dem Abitur am Gymnasium Rodenkirchen hatte die Radsportlerin vor zwei Jahren Köln verlassen und eine Bleibe in Hürth-Fischenich gefunden. „Das war den Preisen geschuldet. In Köln ist das Wohnen teuer“, meint sie fast schon entschuldigend. Ihr Arbeitgeber ist inzwischen die Bundeswehr, Teutenberg ist eine von etwa 1000 Athletinnen und Athleten, die den Sprung in die Sportfördergruppe der Truppe geschafft haben. Weitere 3000 gehören den Bundeskadern an.
Vor einigen Jahren war Lea Lin Teutenberg Deutsche Junioren-Meisterin auf der Straße, auf der Bahn holte sie den Titel in der Mannschaftsverfolgung, jetzt trainiert sie für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Ende des vorigen Jahres erhielt sie dann einen Brief, in der die Stadt Köln informierte, sie sei Kandidatin bei der Wahl zu Kölns Sportlerin des Jahres. Die Stadt hatte noch die elterliche Adresse im System. „Als klar war, dass ich nicht mehr in Köln lebe, stand ich nicht mehr zur Wahl“, erzählt sie.
Erst kürzlich hatte der Sportausschuss des Stadtrates das Förderprogramm „Kölner Sportvorbilder“ beschlossen, 14 Sportlerinnen und Sportler aus Köln sollen demnächst mit 400 Euro im Monat unterstützt werden und als Gegenleistung repräsentative Aufgaben an Kölner Schulen übernehmen. In Düsseldorf und Hamburg erfolgt die Förderung über Gelder von Unternehmen. Zuvor hatte sich der „Verbund Kölner Athleten“ gegründet, mehr Aufmerksamkeit gefordert und vehement die Stadt kritisiert. Bei der Kölschen Sportnacht hatte Hockey-Weltmeister Timur Oruz von Rot-Weiß Köln sogar ein gemeinsames Foto mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker verweigert.
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Die Teutenberg-Geschwister: Ziel sind die Olympischen Spiele in Paris
Auch Tim Torn Teutenberg (21), der Bruder von Lea Lin, hat den Radsport als Berufsziel auserkoren. Das Ziel der Geschwister sind die Olympischen Spiele 2024 in Paris, im Olympiastützpunkt NRW/Rheinland gehören beide zum „Top-Team-Paris“. Gefördert werden sie mit 750 Euro im Monat durch die Sportstiftung NRW. Hinzu kommt bei Tim Torn Teutenberg etwas Geld seines deutsch-luxemburgischen Teams Leopard TOGT Pro Cycling. „Das war es auch schon. Reich wird man da nicht“, sagt er und lächelt. In den nächsten zwei Jahren möchte er den Sprung in ein Profiteam schaffen, da liegt die Gehaltsuntergrenze bei 65 000 Euro im Jahr. „Das schaffen vier Jungs aus einem Jahrgang. Der Rest hört irgendwann auf“, skizziert er die Bedingungen der Branche.
Die Gründung des „Verbund Kölner Athleten“ hat auch Daniel Müller, Leiter des Olympiastützpunkts Rheinland, registriert. Vom Sportpark Müngersdorf aus verfolgt er mit seinem Team die Karrieren des Sportnachwuchses. „Den Wunsch nach mehr Förderung kann ich nachvollziehen. Aber es ist fraglich, ob das eine Kommune leisten muss und will“, stellt er fest. Auch für den Olympiastützpunkt sei die finanzielle Unterstützung der Sportlerinnen und Sportler „nicht Aufgabe der Olympiastützpunkte“. Wer von der Sportstiftung NRW gefördert wird, erhalte bis zu 300 Euro im Monat, erwachsene Sportler, die in einen Bundeskader aufgenommen werden, können – beispielsweise durch die Sporthilfe — mit bis zu 1500 Euro im Monat unterstützt werden.
Etwa 23 000 Kilometer legt Tim Torn Teutenberg im Jahr auf dem Rad zurück. Im Sommer fährt er Straßenrennen, im Winter auf der Bahn. Etwa 250 Tage im Jahr ist er unterwegs, gerade erst ist er beim Giro der U 23 quer durch Italien gefahren. Als er noch die Gesamtschule Rodenkirchen besuchte, wurde er regelmäßig für Trainingslager der Radsport-Nationalmannschaft freigestellt. Jetzt studiert er an der Hochschule Ansbach „Internationales Management“, die Institution gilt als „Hochschule des Spitzensports“. Auch seine Schwester studiert dort. „Vorher hatte ich es in Köln mit Wirtschaftsingenieurwesen versucht, da gab es aber sehr viel Anwesenheitspflicht, was nicht funktioniert hat“, erzählt Lea Lin Teutenberg.
Viele Vorteile für Stützpunkt-Athleten
Cheerleading hat die Sportlerin als Jugendliche ausprobiert, Fußball hat sie gespielt, sie ist geritten und hat sich auch mal in einem Leichtathletik-Verein umgeschaut. „Aber mit 15 Jahren zählte dann nur noch das Radfahren“, erinnert sie sich. Der Vater von Lea und Tim ist Lars Teutenberg, auch er war Radprofi, dreimal gewann er die Deutsche Meisterschaft auf der Bahn. Onkel Sven Teutenberg fuhr einst für die Teams von Jan Ullrich und Lance Armstrong, Tante Ina-Yoko ist Sportliche Leiterin des Teams Trek-Segafredo. „Wenn man sich für den Weg in den Leistungssport entscheidet, braucht man eine Familie, die dahintersteht“, sagt Lea Lin Teutenberg. Sie habe viele Talente erlebt, die aus Mangel an Unterstützung die Karriere beendet haben, bevor sie überhaupt richtig hätte beginnen können.
Doch die Teutenberg-Geschwister beschweren sich nicht über ihre Lage. „In anderen Sportarten ist es schwieriger“, sagt Lea Lin Teutenberg. Auch Tim Teutenberg weiß die Vorzüge der Unterstützung durch den Olympiastützpunkt zu schätzen.
Im Frühjahr hatte er sich bei einem Sturz das Handgelenk gebrochen, zunächst war er trotz Schmerzen von einer Prellung ausgegangen und hatte die Rundfahrt fortgesetzt. Nach einer Röntgenaufnahme benötigte er dann einen MRT-Termin. „Durch das Ärztenetzwerk des Stützpunkts hatte ich innerhalb von vier Tagen einen Termin“, erzählt er. Einer von vielen kleinen Vorteilen.