Köln ist sportlich — und das nicht nur in Vereinen. In einer Serie beleuchtet die Rundschau, was es an Angeboten gibt und wo es noch hakt.
„Die Stadt und ihr Sport“Wo die Kölnerinnen und Kölner am liebsten trainieren
Wer da ist, ist da, so war das schon immer bei der „Asphalt Tennis Crew“, deren Logo ein gekrönter Totenkopf ziert. Die gelben Bälle fliegen scharf über das Netz im Inneren Grüngürtel nahe des Colonius. Das Zuhause der Crew ist eine grobkörnig asphaltierte Fläche mit Netz in der Mitte.
Hier gibt es keine Mitgliedschaften, keine Platzreservierungen und schon gar keine Aufnahmegebühr. „Ich schätze diese Möglichkeit sehr. Vom Flaschensammler bis zum Rechtsanwalt sind hier alle dabei“, sagt Andreas Bachmann, der seit Jahren im Grüngürtel aufschlägt.
„Das große Ziel ist es, mehr Menschen in Bewegung zu versetzen“
Auf dem Fitnessparcours gleich nebenan läuft die Handy-Stoppuhr von Benni Schmitt und Freundin Lori. Auf sein T-Shirt hat der Feuerwehrmann verzichtet, sein definierter Körper verrät, dass er durchaus viel Sport treibt.
„Fünfmal die Woche. Mal fahre ich Rennrad, mal mache ich Work-outs, aber auch Yoga“, erzählt er und macht geschmeidig einen Klimmzug. „Ich würde mir mehr solcher Trainingsmöglichkeiten wünschen, aber das ist schon top, denn wir wohnen nur fünf Minuten entfernt“, sagt Lori und ergänzt: „Wer sich auskennt, kann die Geräte vielfältig nutzen.“
Köln bewegt sich. Und das längst nicht mehr nur im Verein. Wer durch den Grüngürtel spaziert, begegnet dem Sport. Die einen spielen Tennis, die anderen Tischtennis, Menschen, die an Weingläsern nippen, werfen zwischendurch Boulekugeln, Volleybälle werden gepritscht und Basketbälle geworfen.
„Bislang war die Tätigkeit der Stadt eher auf den Vereinssport ausgerichtet, nun erfolgt eine Anerkennung des Individualsports. Das große Ziel ist es, mehr Menschen in Bewegung zu versetzen“, sagt Sportamtsleiter Gregor Timmer, Chef von rund 130 Mitarbeitenden, 80 davon kümmern sich um die Pflege von Sportanlagen.
Jedes Jahr rund 24 Millionen Euro zur Verfügung
So agil die Menschen, so verkrampft wirkte lange die Verwaltung im Umgang mit dem gesellschaftlichen Bewegungsdrang. Schon vor mehr als 15 Jahren hatte der damalige Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) das Projekt Sportstadt Köln ausgerufen, es folgte die Präsentation einer Sportagenda 2015, die stolze 120 Projekte umfasste.
Doch das Projekt scheiterte, wohl auch, weil der später gegründete Verein „Sportstadt Köln“ im Rathaus als SPD-Projekt galt. „Es hat nie dazu geführt, dass hier eine gemeinsame Kraft für den Sport entstanden ist. Das hat sich jetzt zum Glück geändert“, resümiert Timmer, der damals noch Leiter des Presseamts war. Der Verein wurde schließlich aufgelöst und einzelne Projekte vom Stadtsportbund übernommen.
Nun bildet die im Jahr 2019 vorgestellte Sportentwicklungsplanung - ausgearbeitet von einem Team Sportwissenschaftler - den Leitfaden für die Kölner Sportpolitik. Im städtischen Haushalt stehen jedes Jahr rund 24 Millionen Euro für den Sport zur Verfügung.
Auf Grundlage von Umfragen wurden Bewegungsräume definiert und bereits einige Fitness-Parcours in Grünanlagen gebaut. „Als ich in der Politik anfing, wurden neue Wohngebiete ohne Streetball-Anlagen und Sportmöglichkeiten geplant. Ich stelle seit einigen Jahren zum Glück ein Umdenken fest“, resümiert Ulrich Breite (FDP), seit 1999 Mitglied im Sportausschuss und damit dienstältestes Mitglied.
Zustand vieler Sporthallen ist miserabel
Der Versuch, den Sport im Stadtbild zu verankern, treibt zuweilen bizarre Blüten. Nachdem das Sportamt mit der Streetwear-Handelskette Snipes einen Geldgeber für einen schicken Basketballplatz nahe des Colonius im Inneren Grüngürtel gefunden hatte, wurde das Projekt schließlich in den politischen Gremien der Stadt geblockt, weil die Sorge bestand, Snipes könne den Grüngürtel für Werbezwecke und eigene Veranstaltungen missbrauchen.
Nun wird der alte Basketballplatz mit Landesmitteln aus dem Topf „Moderne Sportstätte 2022“ erneuert. Auch im Deutzer Hafen ist ein Basketball-Court entstanden.
Schon als unter Oberbürgermeister Konrad Adenauer nach dem Zweiten Weltkrieg der Grüngürtel geplant wurde, gehörte hierzu ein „Sportband“, bestehend aus zahlreichen Fußballplätzen und anderen Sportanlagen. Auf einer der vielen Wiesen haben auch vier Sportstudenten ein kleines trampolinartiges Netz aufgestellt, um das sie beim Spikeball hechten.
Irgendwelche Wünsche für Sportangebote in der Stadt? „Mehr Plätze für Beachvolleyball wären gut und Geräte für Calisthenics“, sagt er. Auch der Zustand vieler Sporthallen sei miserabel. Das weiß auch Sportamtsleiter Gregor Timmer und spricht von „einem großen Bedarf infrastruktureller Maßnahmen.“ Da sind die Zweitliga-Volleyballerinnen des DSHS Snowtrex, die schon mehrfach auf den Aufstieg verzichten mussten — einer der Gründe ist eine fehlende Halle mit ausreichender Deckenhöhe und der in der Bundesliga geforderten Zuschauerkapazität. Eine Lösung ist in Sicht, denn im neuen multifunktionalen Radstadion sollen auch Ballsportarten vor großer Kulisse möglich sein.
Doch ebenso wie den Bau des Radstadions hatten sich Ulrich Breite und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter im Sportausschuss schon vor 15 Jahren für die Sanierung eines Wasserschadens in einer Buchheimer Schulsporthalle eingesetzt. Grundwasser steigt auf, eine Lösung wurde noch immer nicht gefunden.
„Müssen beim Thema Sport eine andere Denkweise finden“
Mehr als zehn Jahre hatte auch der Kampf um eine beleuchtete Laufstrecke die Politik beschäftigt, am Adenauer Weiher blieb das Licht aus, weil die Waldohreule dort nistet. Am Fühlinger See kann bei Laternenlicht gejoggt werden, ein Gutachten sollte einst klären, ob die Fische durch das Licht gestört werden. „Da schüttel ich nur den Kopf. Wir müssen beim Thema Sport immer noch eine andere Denkweise finden“, fordert Ulrich Breite.
Nicht nur der Sportentwicklungsplan soll in den kommenden Jahren umgesetzt werden, im Sportausschuss gibt es eine deutliche Mehrheit für den Bau von zwei neuen Schulschwimmbädern. Je ein 25-Meter-Becken auf beiden Rheinseiten ist der Wunsch der Politik.
„Vielleicht sollten wir bei den Schulbaupaketen ein Schwimmbecken in die Ausschreibung aufnehmen lassen“, überlegt Breite. Zuletzt sind viele Schulen in Köln gebaut worden. Neue Wasserflächen gibt es nicht. Aber viele Kinder, die nur unzureichend schwimmen können.
Sanierungsstau
440 Sportanlagen hatte die Stadt voriges Jahr durch Sportwissenschaftler, Bauingenieure und Architekten untersuchen lassen. Ziel war die Erstellung eines Sportkatasters. Entstanden ist ein digitales Sportstättenmanagement.
Die meisten Sportanlagen fallen in den Bereich „deutliche Mängel, aber gut brauchbar“, weil beispielsweise Flutlichtanlagen defekt oder Linierungen nicht mehr erkennbar sind. 26 Prozent der Außensportanlagen wiesen „schwerwiegende Mängel“ auf, bei den Hallen waren es 16 Prozent. Dafür hatten 17 Prozent der Hallen und 14 Prozent der Außenanlagen „keine Mängel“. Saniert werden demnächst der Sportpark am Südstadion, die Anlagen Everhardstraße in Ehrenfeld und Herler Ring sowie die Bezirkssportanlage Bocklemünd.