- Diesem Tag wird seit dem vergangenen November fiebrig entgegengeschaut. Am morgigen Donnerstag verhandelt das Oberverwaltungsgericht in Münster in zweiter Instanz über die Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen die Stadt Köln.
- Wir blicken voraus mit den wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Das Urteil könnte den Verkehr in der Domstadt auf den Kopf stellen. Lautete der Richterspruch in erster Instanz doch: Dieselfahrverbot in der gesamten Umweltzone – und damit im größten Teil des Stadtgebiets. War Köln damals auf das Verfahren miserabel vorbereitet, herrschte vor dem Termin in Münster hektische Betriebsamkeit.
Die Stadtverwaltung zieht mit einem neuen Luftreinhalteplan und ersten umgesetzten Maßnahmen im Gepäck in die westfälische Fahrradmetropole. „Wir werden kein Fahrverbot bekommen“, sagte Verkehrsdezernentin Andrea Blome selbstsicher in einem Interview mit der Rundschau im vergangenen Februar.
Was ist Gegenstand der Klage?
Seit nunmehr rund zehn Jahren werden die Grenzwerte vor allem für Stickoxid in Köln überschritten. Am stärksten schlagen die Messgeräte am Clevischen Ring in Mülheim und an der Aachener Straße in Weiden aus. Auch an der Luxemburger Straße sowie an der Bergisch Gladbacher Straße herrscht dicke Luft. Das reichte allemal für die Deutsche Umwelthilfe, um Köln in ihren Klagereigen gegen 14 Großstädte in NRW mit hineinzunehmen.
Wie lief das erste Gerichtsverfahren?
Es konnte nicht schlechter laufen. Die Verhandlung hatte am Kölner Verwaltungsgericht noch gar nicht richtig begonnen, da setzte es schon schallende Ohrfeigen für Köln. Der Luftreinhalteplan sei veraltet, noch bis am Vorabend der Verhandlungstages sei er mit überflüssigen Unterlagen bombardiert worden. Zehn Jahre habe die Stadt verstreichen lassen, ohne auch nur eine Maßnahme auf den Weg zu bringen, die das Blatt hätte wenden können, las der Richter Stadtverwaltung und Bezirksregierung bereits in seiner Vorrede die Leviten. Das Urteil schließlich war wie ein Schlag in die Magengrube: Ein Dieselfahrverbot für die ganze Umweltzone. Ab April 2019 sollten nur noch Dieselfahrzeuge mit den Schadstoffklassen 5 und 6 passieren dürfen. Ab September gar nur noch ab Schadstoffklasse 6. Eine sichtlich geschockte Verkehrsdezernentin verließ eilends den Saal, verbat sich alle Nachfragen. Köln rettete sich in die Berufung.
Was ist seitdem geschehen?
Es gibt einen neuen Luftreinhalteplan. Seit April ist er in Kraft. Und hastig hat Köln erste Maßnahmen daraus auf den Weg gebracht oder gar schon umgesetzt. Zum Fahrplanwechsel im Dezember sollen Expressbusse über die Aachener Straße fahren – und dafür den Autofahrern eine Spur wegnehmen. In dieses Projekt mit hineingemengt hat die Stadt eine Maßnahme, die für viel Diskussionsstoff sorgt: Eine Pförtnerampel in Weiden-West soll im morgendlichen Berufsverkehr bis zu 500 Fahrzeuge stündlich zurückhalten. Zudem: Die Reisebusse, die vor allem in der Adventszeit Hunderttausende Touristen an der Komödienstraße – direkt am Dom – herauslassen, sollen möglichst bald an der Mülheimer Brücke Halt machen. Ein Shuttle mit E-Bussen wird dann eingerichtet. Und: Die gesamte Innenstadt östlich der Inneren Kanalstraße darf nicht mehr von Lkw ab 7,5 Tonnen durchfahren werden. Nur wer eine Lieferadresse im Zentrum nachweisen kann, darf mit dem Laster einfahren.
Sind die Maßnahmen unumstritten?
Natürlich nicht. Kritiker halten den Expressbussen entgegen, dass sie niemals die Akzeptanz wie Stadtbahnen bekommen werden. Und damit sie Pendler zum Umsteigen motivieren können, müssten sie im Umland und nicht auf Kölner Stadtgebiet starten. Die Pförtnerampel könnte vielleicht die Werte an der Messstation in Weiden-West senken. Der Umwelt helfe das aber nicht. Durch Rückstaus und Ausweichverkehre werde die Luftbelastung lediglich verlagert. Das Lkw-Durchfahrtsverbot steht nicht minder in der Kritik: Wegen Kapazitätsengpässen bei der Polizei kann es nur sporadisch kontrolliert werden. 40-Tonner beispielsweise vom Niehler Hafen zum Chemiegürtel im Süden müssen nun große Umwege über den Kölner Autobahngürtel fahren. Entsprechend steige der Schadstoffausstoß an, statt zu sinken.
Wie stehen die Vorzeichen für die neue Verhandlung?
Es gibt deutlich negative und leicht positive Vorzeichen. In einer ersten Anhörung hat der Richter am Oberverwaltungsgericht in Münster der Kölner Verwaltung das „Kölsche Grundgesetz“ um die Ohren gehauen. „Et hät noch immer jot jejange“ oder gar „et kütt wie et kütt“, das gelte nicht bei der Luftreinhaltung, zielte er auf die vielen Jahre der Untätigkeit ab. Aber er deutete auch an, dass Fahrverbote verhältnismäßig sein müssten und keine dauerhafte Lösung sein könnten. Sollte dennoch ein umfangreiches Dieselfahrverbot verhängt werden, könnte Köln noch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig anrufen.