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Initiative soll helfenStudentenclub „Das Ding“ kämpft ums Überleben

Lesezeit 5 Minuten
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Claudia Wecker („Ding“) und Jan Christian Umbach („Venus Celler“)

  1. Die Corona-Pandemie hat den Studentenclub „Das Ding“ hart getroffen.
  2. Auch andere Clubs leiden unter der aktuellen Situation: Die Rücklagen schrumpfen und es gibt keine Perspektive.
  3. Die Initiative „Club Culture Cologne“ soll helfen.

Köln – Seit über drei Monaten ist es still im „Ding“. Keine Studentenmassen, keine ausgelassenen Partynächte und kein Geld, das in die Kasse fließt. Die Corona-Pandemie hat den Studentenclub, die Institution auf dem Hohenstaufenring, hart getroffen. Das sorgt bei Claudia Wecker für schlaflose Nächte. Wecker ist Teilhaberin des „Ding“ und das „Ding“ ist Claudia Weckers Leben. Während die Einnahmen seit Beginn der Krise bei Null stehen, laufen die Ausgaben ungebremst weiter. Miete und Versicherung muss sie weiter zahlen. Die Rücklagen schrumpfen. Und das Schlimmste: Die Perspektive fehlt.

„Das Ding“ gibt es seit 52 Jahren. „Wir haben das Clubbing damals erfunden“, sagt Claudia Wecker. Sie selbst ist seit 31 Jahren dabei. Hat während des Studiums an der Garderobe begonnen und Stück für Stück immer mehr Verantwortung übernommen. „Es gibt kaum jemanden in Köln, der keine „Ding“-Geschichte zu erzählen hat“, sagt sie. Im „Ding“ entstanden zahlreiche Freundschaften, aber auch Ehen. „Wir haben auch einen sozialen Auftrag“, sagt Wecker. „Bei uns arbeiten und feiern Menschen aus aller Welt.“

Es geht alle etwas an

Aktuell kann das „Ding“ diesen Auftrag nicht erfüllen. Und das gehe alle etwas an. Das sagt Claudia Wecker und das sagt Jan Christian Umbach. Umbach ist Geschäftsführer des „Venus Celler“, wenige Meter weiter auf der Zülpicher Straße. Den „Venus Celler“ gibt es seit 36 Jahren, genau wie das „Ding“ ist er fester Bestandteil des Nachtlebens im Studentenviertel. Als Angestellter ist er auf Kurzarbeitergeld angewiesen. Davon hat er allerdings seit drei Monaten keinen Cent gesehen. „Wenn meine Eltern nicht wären, würde ich schon auf der Straße leben“, sagt er. Um ihm und vielen anderen Club-Besitzern dieses Schicksal zu ersparen, hat er mit Claudia Wecker die Initiative „Club Culture Cologne“ gegründet.

Zusammen mit anderen Club- und Bar-Besitzern wollen sie unter einem gemeinsamen Namen und Logo auf ihre Probleme aufmerksam machen (siehe Infokasten). Das Hauptproblem der beiden Initiatoren: „Die reinen Clubs werden von der Politik vergessen“, sagt Wecker. „Das Ding“ bekam 25 000 Euro Soforthilfe, der „Venus Celler“ 15 000 Euro. Doch vom Nothilfefonds der Stadt Köln, die der Interessensverband „Klubkomm“ mit der Stadt verhandelt hatte, profitierten nur Clubs, in denen Livemusik gespielt wird. Dazu zählen „Das Ding“ und „Venus Celler“ nicht. Clubs wie sie werden auch nicht von der Klubkomm vertreten. Grund dafür sei die Kulturrelevanz, die weder die Klubkomm noch die Politik in diesen Clubs sieht.

Der Kampf mit Vorurteilen

Das liege auch daran, dass viele Clubbesitzer mit Vorurteilen zu kämpfen haben. „Viele verknüpfen uns mit der Rotlicht-Szene und denken, wir wären Assis“, sagt Wecker. „Dabei sind das gerade hier im Kwartier Latäng Familienväter oder –mütter mittleren Alters. Ganz normale Vorort-Spießer.“ Auch in den sozialen Medien, wo die beiden  auf ihre Probleme hinweisen, werden sie damit konfrontiert. „In einem Kommentar heißt  es: „Dann kauf’ dir dieses Jahr einfach mal einen Mercedes weniger!“

Von Stammkunden gibt es dagegen Mitgefühl und freundliche Nachrichten. Auch für sie fällt ein wichtiger Teil ihres Lebens momentan aus. „Ein Stammkunde hat mich gefragt, welchen Rum wir hier nutzen. Sie wollten auf ihrer Gartenparty originales ‚Ding‘-Feeling.“ Über die Nachrichten freut sich Wecker, doch das reiche nicht. Sie wünscht sich, dass ihre Gäste auch selber auf das Thema aufmerksam machen und sich stark machen. „Ich versuche, viele zu erreichen. Doch die Leute sind schwer in Bewegung zu kriegen. Das enttäuscht mich.“

Club Culture Cologne

In der Initiative „Club Culture Cologne“ haben sich Clubs und Bars aus dem Kwartier Latäng zusammengetan. Neben dem „Ding“ und dem „Venus Celler“ sind unter anderem der „Joode Lade“, der „Schmelztiegel“ und die „Tankstelle“ dabei. Jeder kann sich anschließen.

„Jeder trägt das dazu bei, was er am besten kann“, sagt Jan Christian Umbach vom „Venus Celler“. „Der eine macht Social Media, der andere hat Kontakte zur Politik, und der nächste macht vielleicht eine Demo.“ Geplant sind bereits die Aktion „Trink’ dein Bier vor deinem Lieblingsclub“ und Video-Befragungen mit Passanten zum Thema. (sim)

Die Erkenntnis, dass die Hilfe von vielen Seiten fehlt, kam schnell. „Als wir schließen mussten, haben wir erstmal eine Woche die Wand angestarrt. Dann habe ich gedacht: Das ist wie die Titanic, die auf den Eisberg zufährt. Doch wer hält das Schiff an? Keiner, das müssen wir selbst machen.“ Für Claudia Wecker und Jan Christian Umbach ist das nun die Hauptbeschäftigung. Auch Treffen mit Politikern gab es bereits – sogar mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Wecker konnte auch sie überzeugen. Doch insgesamt habe der Stadtrat die reinen Clubs noch nicht auf dem Schirm.

Perspektive erforderlich

Was die Clubbetreiber sich von der Politik wünschen, ist eine Perspektive. „Die Frage ist, ob ich meine komplette Altersvorsorge in den Laden schieße oder ob ich zu mache“, sagt Wecker. „Wenn ich mich dafür entscheide, meine Rücklagen aufzubrauchen und der Club bleibt weiter zu, dann lande ich mittellos in Hartz IV.“ Die konkrete Forderung sei ein Wenn-Dann-Plan. Ein Beispiel: Wenn die Infektionszahlen zu einem gewissen Datum auf einem bestimmten Niveau sind, dann gibt es diese konkreten Maßnahmen. „Oder wenn wir aufmachen, dann mit festgelegten Maßnahmen. Und wenn nicht, bekommen wir einen bestimmten Geldbetrag“, ergänzt Umbach.

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Die beiden appellieren an die Politik und alle Kölner: „Wir haben Angst, was mit der Stadt passiert, wenn unseren Clubs nicht geholfen wird.“ Claudia Wecker sieht bereits die nächsten Ein-Euro-Läden in die leeren Clubs einziehen. Sie sagt: „Das will doch keiner.“