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Europameisterschaft in KölnStadt prüft Ausweichflächen für Fußballfans

Lesezeit 5 Minuten
Rückblick auf die WM 2006: Feierstimmung beim Fan-Fest auf dem Kölner Heumarkt.

Rückblick auf die WM 2006: Feierstimmung beim Fan-Fest auf dem Kölner Heumarkt.

Hunderttausende Fans werden während der Fußball-EM in Köln erwartet. Die Kapazitäten des Fan-Festes werden wahrscheinlich nicht ausreichen.

In zwei Monaten ist es so weit: Die Europameisterschaft im Fußball wird auch in Köln ausgetragen. Doch bei den Planungen für das große Kölner Fan-Fest sind noch Fragen offen. Wir beantworten die wichtigsten.

Was kommt während der Fußball-Europameisterschaft auf die Stadt zu?

Die Fußball-EM ist hierzulande das größte Sportereignis des Jahres. In Köln finden vier Vorrundenspiele sowie ein Achtelfinale statt. Mehrere Hunderttausende Fans werden während des vierwöchigen Turniers in der Domstadt erwartet. „Vor allem die englischen und schottischen Fans sind traditionell sehr reisefreudig. Daher rechnen wir insbesondere bei diesen beiden Nationen mit einem Fan-Aufkommen mit bis zu 100.000 Fans, die ihre Mannschaft begleiten werden“, sagt eine Sprecherin der Stadt auf Nachfrage. Sowohl für die Schweiz als auch für Belgien sei Köln während der Fußball-EM gut gelegen: Aus beiden Nationen könnten schätzungsweise mehr als 20.000 Fans anreisen. „Bei allen weiteren Nationen, die in der Rheinmetropole spielen werden, ist ein Fan-Aufkommen mit bis zu 20.000 Fans pro Nation zu erwarten“, so die Stadt.

Bisher gibt es zwei Standorte für ein öffentliches Public Viewing: den Tanzbrunnen mit Platz für 12.500 Menschen und die „Fan Zone“ auf dem Heumarkt mit Kapazitäten für 7500 Menschen. Während auf dem Heumarkt alle 51 Spiele gezeigt werden sollen, öffnet der Tanzbrunnen nach bisheriger Planung nur bei den Kölner Spielen sowie den Partien mit deutscher Beteiligung.

Reichen die Kapazitäten aus?

Wie die Rundschau erfuhr, soll es innerhalb der Stadtverwaltung gewaltige Bedenken geben, ob der Platz im Tanzbrunnen und am Heumarkt für die deutschen und internationalen Fans überhaupt ausreicht. Dazu kommt eine erhöhte Terrorgefahr, die vor allem Anwohnerinnen und Anwohnern in der Altstadt Sorgen bereitet: Durch die engen Gassen sei der „Kessel“ am Heumarkt kein geeigneter Standort, äußerten sie bereits vor Monaten ihre Bedenken.

„Natürlich ist uns bewusst, dass bei Spielen der schottischen und der englischen Mannschaft die Plätze im Stadion, der Fan Zone und beim Public Viewing nicht ausreichen werden. Daher stehen wir im intensiven Austausch mit den Sicherheitsbehörden und prüfen verschiedene Möglichkeiten, um diesen Fangruppen eine Ausweichfläche anbieten zu können“, so die Stadt. Weiter ins Detail wollte man zu diesem Zeitpunkt aber nicht gehen.

Nach Informationen der Rundschau könnte unter anderem die Umgebung des Doms infrage kommen - durch die Lage direkt Hauptbahnhof haben es anreisende Fans dann nicht weit. Eine weitere Option soll das Rheinufer zwischen Hohenzollern- und Zoobrücke sein. Dort fand zuletzt unter anderem die Abschlusskundgebung beim Sternmarsch gegen Rechts vor zwei Wochen statt. Innerhalb der Verwaltung soll auch der Neumarkt als weiterer Fan-Treffpunkt diskutiert worden sein. Das konnte die Stadt auf Nachfrage jedoch nicht bestätigen.

Erinnerungen an die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 kommen hoch: Damals wurde aufgrund des Fan-Andrangs die Deutzer Werft zur Public-Viewing-Ausweichfläche, rund zwei Millionen Euro kostete diese spontane Entscheidung die Stadt. 200.000 Fußballbegeisterte wurden zum Finale 2006 in Köln erwartet.

Welche Rolle spielt die Klage eines Anwohners des Heumarktes?

Wie die Rundschau berichtete, liegt dem Kölner Verwaltungsgericht bereits seit Ende Dezember eine Klage eines Anwohners gegen die Gesamtbelastungen am Heumarkt vor. Um die Klage zu untermauern, wurden mehrere Lärmschutzgutachten angefertigt, der Fokus liegt dabei auf dem Weihnachtsmarkt, der sechs Wochen lang auf dem Platz stattfindet. Wie die Rundschau erfuhr, sind Stadt und Kläger bereits in Gesprächen. Eine Verhandlung, teilt das Verwaltungsgericht auf Anfrage mit, sei noch nicht terminiert.

„Selbstverständlich ist der Lärmschutz ein wichtiges Thema, das die Stadt Köln sehr ernst nimmt“, so eine Stadtsprecherin. Das befristet geänderte Landes-Immissionsschutzgesetz bilde die rechtliche Grundlage für die Austragung von Veranstaltungen während der UEFA EURO 2024. Eigentlich darf die Lärmschutzgrenze an maximal 18 Tagen im Jahr überschritten werden - am Heumarkt sind es bereits ohne Karneval und Europameisterschaft mehr als 70 Tage.

Durch die Änderung des Landes-Immissionsschutzgesetzes, die speziell für den Zeitraum der Fußball-EM gilt, beginnt die Nachtruhe an bis zu 13 Nächten ab 24 Uhr und an bis zu neun Nächten ab 1 Uhr. Dadurch werden Public Viewings und Fan-Feste auf öffentlichen Plätzen und Straßen erst möglich. „Die Gesetzesänderung ist dabei eine Abwägung, welche sowohl das öffentliche Interesse an solchen Veranstaltungen als auch einen angemessenen Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner gleichermaßen berücksichtigt“, teilte die Stadt mit.

Eine Traditionsveranstaltung am Heumarkt ist die Kölner Weinwoche.

Was hat die Absage der Kölner Weinwoche mit der EM zu tun?

Einfach gesagt: Eine Veranstaltung weniger auf dem Heumarkt im Jahr soll die Belastung für Anwohnende verringern. Die Verwaltung erteilte den Winzern eine Absage für die ursprünglich vom 15. bis 26. Mai geplante Kölner Weinwoche (wir berichteten). Sie wird stattdessen in diesem Jahr auf dem Neumarkt stattfinden. Das bestätigten die Veranstalter der Weinwoche auf Nachfrage am Donnerstag. „Wir sind immer noch sehr traurig über die Situation“, sagte Veranstalter Johannes Ohlig im Gespräch mit der Rundschau. „Wir werden dafür kämpfen, dass wir im kommenden Jahr wieder zurück auf den Heumarkt kommen.“

Wegen des Gastspiels des Circus Roncalli auf dem Neumarkt muss die Weinwoche verschoben werden: Stattfinden wird die Weinwoche am neuen Standort vom 29. Mai bis zum 9. Juni. Für den Zeitraum planen die Veranstalter, die in diesem Jahr eigentlich ihr 50-jähriges Jubiläum feiern wollten, eine abgespeckte Version: Die Zahl der Winzer soll nicht reduziert werden, dafür jedoch die Zahl der Sitzplätze. Der Grund sind die abschließenden Bauarbeiten am neuen Brunnen auf dem Neumarkt, die den Platz für die Stände der Winzer verkleinern.