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Betonplattendrama A3So schildert ein Augenzeuge den Moment des tragischen Unfalls

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Mehrere Schallschutzelemente an der A3 bei Dellbrück wurden nach dem Unglück untersucht und demontiert.

Mehrere Schallschutzelemente an der A3 bei Dellbrück wurden nach dem Unglück untersucht und demontiert.

Beim zweiten Verhandlungstag um ein herabstürzendes Schallschutzelement, das eine 66-Jährige tötete, sagte am Freitag ein Augenzeuge aus.

Außer ihren bereits leblosen Körper mit einem großen, roten Tuch abzudecken, habe er nichts mehr für das Opfer tun können, erzählt der Zeuge der Richterin. Er saß im Auto direkt hinter dem Polo von Anne M., als sie aus dem Nichts von einer sechs Tonnen schweren Betonplatte erschlagen wurde. Diese hatte sich neben der Ausfädelspur zur Anschlussstelle Köln-Dellbrück auf der A3 aus einer Schallschutzwand gelöst und war auf das Auto der 66-Jährigen geprallt. „Ehe man noch etwas tun konnte, um die Frau zu warnen, ist die Platte gefallen“, erzählt der Zeuge. Das Betonteil sei erst gekippt und dann „schlagartig“ auf das Auto gefallen.

Nur Sekunden, die ein Leben beenden

Im Landgericht Köln fand am Freitag der zweite Tag der Verhandlung des Falles statt. Dabei wurden auch Zeugen gehört. Das Herabstürzen der Platte sei schnell gegangen, habe nur Sekunden gedauert. Und trotzdem: „Es hat sich angefühlt wie eine halbe Ewigkeit“, erinnert sich der damalige Hintermann des Opfers. Sofort sei er ausgestiegen, um nachzuschauen, ob er noch helfen kann. „Das war natürlich nicht der Fall“. Fließend sei der Verkehr zum Unfallzeitpunkt gewesen. Was den Gedanken bestärkt, dass sich Anne M. wohl nur wenige Sekunden später oder früher hätte auf den Weg machen müssen, um am Leben zu bleiben.

Ein Untersuchungsbericht stellte nach dem Unfall fest, dass das Betonelement nicht planmäßig montiert wurde. Die Staatsanwaltschaft sieht die Schuld bei drei Angeklagten. Darunter ist ein Bauingenieur (62), der 2008 beim Ausbau der A3 Bereichsleiter der beauftragten Baufirma war. Er habe gewusst, dass sieben der insgesamt 200 verbauten Betonplatten außerplanmäßig befestigt waren. Auch der Auftraggeber Straßen.NRW sei darüber informiert gewesen und habe ein Gutachten von der Firma erstellen lassen. Obwohl demnach die Halterungen nicht tragfähig genug seien, soll der Ingenieur das Gutachten nicht an den Landesbetrieb weitergeleitet haben. Totschlag und vorsätzliche Baugefährdung durch Unterlassen lautet die Anklage.

Zwei jeweils 59 Jahre alten ehemaligen Mitarbeitern des Landesbetriebs wird fahrlässige Tötung vorgeworfen. Sie hätten nach der Abnahme der Konstruktion 2008 nicht nachgefragt, wo das Gutachten bleibt. Die Abnahme der Schallschutzwand fand aber nur unter Vorbehalt eines Nachweises über die Sicherheit durch ein Gutachten statt. Der 62-Jährige und einer der 59-Jährigen wiesen die Verantwortung über ihre Verteidiger bereits am ersten Verhandlungstag von sich. Der zweite 59-Jährige ließ über seinen Verteidiger ausrichten, dass er zu den Vorwürfen schweigen werde.

Zeugen hüllen sich in Schweigen

Unter den Zeugen, die am zweiten Verhandlungstag gehört werden , ist auch ein Bauwerksingenieur, der mit einer ersten Hauptprüfung der Schallschutzmauer durch den Landesbetrieb betraut war, wie der Verteidiger einer der angeklagten Ex-Mitarbeiter des Landesbetriebs, Christoph Lepper, erklärt. Der Zeuge habe das Bauwerk damals mit einer 1,3 bewertet. Doch der Ingenieur macht Gebrauch von seinem Schweigerecht, um sich nicht selbst zu belasten. Als er den Gerichtssaal verlassen hat, äußert Lepper, er fände es „sehr misslich“, dass er dem Ingenieur nun keine Fragen stellen könne. Spiele der Ingenieur doch eine zentrale Rolle. „Die Mängel hätten dem Zeugen auffallen müssen“, sagt der Verteidiger. Außerdem wolle er den Ingenieur fragen, warum die zweite Hauptprüfung der Schallschutzmauer im Jahr 2019 unterblieben sei.

Ein 71-jähriger Polier, der damals auf der Baustelle arbeitete und heute in Rente ist, gibt ebenfalls keine Auskunft. Der Zeuge kommt ohne Rechtsbeistand und wird von der Richterin vorerst entlassen. Vor seiner erneuten Ladung soll ihm ein Anwalt zur Beratung bereitgestellt werden, weil er nicht verstanden zu haben scheint, inwiefern er sich mit seinen Aussagen selber belasten kann.

Beweismittel sollen andere Unfallursache zeigen

Neben den Zeugen werden am zweiten Verhandlungstag neue Beweismittel von den Verteidigern vorgelegt. Sie sollen zeigen, dass nicht die von der Staatsanwaltschaft angeführte außerplanmäßige Befestigung der Platten zu dem Unfall geführt haben. Lepper legt einen USB-Stick vor. Über 200 Fotos von den Lärmschutzwänden in der Umgebung des Unfallortes seien darauf, aufgenommen vom Landesbetrieb an den Tagen nach dem Unfall.

Sie würden zeigen, dass in der Umgebung des Unfalls mehrere Konstruktionen Auffälligkeiten aufweisen. Egal ob sie mit Metalllaschen an einer ursprünglichen geplanten Halterung oder an einer außerplanmäßigen Halterung befestigt wurden. Rost sei zu erkennen, genauso wie Schweiß- und Montagefehler. Wenn die Laschen auch an unveränderten Halterungen rosten, kann das Herabstürzen der Wand laut dem Verteidiger auch einen anderen Grund haben.

Auch die Verteidigerin des angeklagten Bauingenieurs, Kerstin Stirner, sieht einen anderen Grund für den Unfall als die Staatsanwaltschaft. Sie übergibt einen Karton voller sogenannter Zahnhalteanker, die zur Montage der Platten benutzt worden seien. Bei der Ware, die bei einer externen Firma bestellt wurde, seien Schweißnähte falsch gesetzt worden, was zu Anfälligkeit für Korrosion führen könne. Ihr Mandant sei aber weder für die Prüfung, noch für die Produktion dieser Teile verantwortlich gewesen.