Bis 2038 will die KVB alle Bahnen ausgetauscht haben. Doch das Austauschprogramm kommt nicht so richtig in Fahrt.
Projekt in Köln stocktSelbst die neuen KVB-Bahnen haben Verspätung
Sie sind nicht bloß ein Stück Technik, sie sind Lebensgefährten. Die ersten KVB-Stadtbahnen der sogenannten 2000-Serie kamen 1976 nach Köln. 59 von ihnen waren im Betrieb. Nun wurden die letzten vier an die Fahrschule der Kölner Verkehrs-Betriebe übergeben.
Von der Schule bis zur ersten Liebe
Scharen von Kölnerinnen und Kölner sind in diesen Bahnen groß geworden, machten sich mit ihnen auf den Weg zur Schule und später zum Arbeitsplatz. Ließen sich von einer 2000er zur Party chauffieren, hielten in ihnen mit der ersten Liebe Händchen. Rote Plastikschalensitze, schnaufende Türen — und natürlich keine Klimaanlage. Aber immerhin: Da wusste man, was man hat. Was man kriegen wird ist bei der KVB hingegen schwer zu sagen. Bis 2038 sollen alle rund 400 Bahnen gegen neue Modelle ausgetauscht sein. Doch das Projekt verliert an Fahrt. Besser gesagt: hat noch gar nicht Fahrt aufgenommen. Oder wie es KVB-Chefin Stefanie Haaks ausdrückt: „Die Hersteller sind nicht mehr so zuverlässig, wie vor 20 Jahren.“
Verspätung von 20 Monaten
Es ist vielleicht nicht gerade an der KVB, Pünktlichkeit einzufordern. Aber 20 Monate Verzögerung sind selbst für einen Betrieb, dessen Stadtbahnen der Linie 13 im Jahr 2022 in rund 30 Prozent aller Fahrten über drei Minuten zu spät kamen, ein bisschen heftig. Wie Haaks kürzlich bekannt gab, wird sich die Auslieferung von 62 bestellten Niederflurfahrzeuge um diesen Zeitraum verschieben. Geplant war, dass sie zum Jahresende eintreffen. Mögen die 20 Monate erschrecken, dass die bestellten Bahnen verspäten kommen, kann angesichts der Marktlage nicht überraschen. So auch bei 30 bestellten Hochflurbahnen für die KVB: Die gute Nachricht: 26 von ihnen sind mittlerweile da, drei sollen noch bis Ende des Jahres kommen, eine dann schließlich in 2024. Die schlechte Nachricht: Eigentlich hätten sie schon vor einem Jahr ihren Dienst in der Domstadt antreten sollen.
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Eine Bestellung steht noch aus: 132 neue Hochflurfahrzeuge. Der Rat der Stadt Köln hat die Beschaffung bereits im September 2021 beschlossen. „Die Auftragsvergabe ist noch nicht erfolgt“, sagt ein Sprecher der KVB dazu. Aber selbst wenn demnächst Tinte unter die Verträge gesetzt werden sollte, wie aussagekräftig darin vereinbarte Fristen zurzeit sind, zeigen die beiden vorangegangenen Beispiele. Landauf, landab beklagen die Hersteller Lieferschwierigkeiten vor allem bei Technikbauteilen. Die Konsequenz: Von dem Austauschprogramm für KVB-Stadtbahnen, das bis 2038 abgeschlossen sein soll, sind bisher gerade einmal rund zehn Prozent umgesetzt.
Alte Schätzen wieder flott gemacht
Doch die KVB braucht die Bahnen für den täglichen Betrieb, sollen die Löcher im Fahrplan nicht noch größer werden, als sie durch Personalmangel (siehe Kasten) eh schon sind. Die Notlösung: In den Werkstätten des Betriebs werden nun 40 Fahrzeuge wieder flott gemacht, die erstmals zwischen 1994 und 1996 auf Kölner Schienen gesetzt wurden. Am Pkw-Standard gemessen, sind das nahezu Oldtimer. Die logische Folge: „Es gibt kaum noch Ersatzteile“, erklärt Carlos Castro, stellvertretender Leiter der KVB-Werkstätten. Er und seine Mitarbeiter sind dazu übergangen, einige dieser „alten Schätzchen“ zusätzlich zurückzuhalten, um sie auszuschlachten.
„Eine Herausforderung“
Bei dieser Gegenwart lässt sich nur noch schwer die Zukunft planen. Die Werkstätten der Kölner Verkehrs-Betriebe arbeiten mit sogenannten Instandsetzungsplänen. „Die müssen mittlerweile jedes Jahr erneut auf den Prüfstand“, erklärt Haaks. Denn wer kann noch mit Gewissheit sagen, wann neue Bahnen kommen und wie lange die alten noch halten. Und wann geht der Vorrat an Ersatzteilen zur Neige? „Eine Herausforderung“, beschreibt Haaks die Lage.