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Einsatz in Köln-BocklemündMieter drohte mit Gasexplosion – SEK-Beamte verletzt

Lesezeit 6 Minuten
Der Einsatzort in Bocklemünd

Der Einsatzort in Bocklemünd

Der Mann sprang vom Balkon, überlebte den Sturz aber. Als die Polizei in die Wohnung eindrang, kam es zu einer Verpuffung.

Die Erinnerungen an Ratingen werden sofort wach. Bei der Stürmung einer Wohnung in Bocklemünd sind am Mittwoch vier Polizeibeamte durch Rauchgase verletzt worden, darunter auch ein SEK-Beamter. In den Räumen am Görlinger-Zentrum war es am Vormittag zu einer Verpuffung gekommen, möglicherweise durch eine Gasflasche. In einem Hochhaus in Ratingen hatte ein Mann im Mai einen Notfall vorgetäuscht, sich als hilflose Person ausgegeben und die Rettungskräfte in seine Wohnung gelockt. Der Mann übergoss Beamte mit Benzin und verletzte Einsatzkräfte lebensgefährlich. Der Prozess beginnt an diesem Freitag.

Einsatzkräfte sperrten die Umgebung ab.

Einsatzkräfte sperrten die Umgebung ab.

Der Einsatz von Bocklemünd hat nicht das Ausmaß, aber wieder waren Beamte in großer Gefahr und wurden verletzt. „Wir haben sofort an den Fall von Ratingen gedacht, als wir von dem Geschehen in Bocklemünd gehört haben“, sagte ein Polizist der Rundschau.

Der Kriminalfall begann am frühen Mittwochmorgen in der tristen Hochhaussiedlung am Görlinger-Zentrum. Ein 56-Jähriger kündigte gegenüber seiner Lebensgefährtin gegen 6 Uhr an, dass er sich das Leben nehmen will. Die Frau läuft zu ihren Angehörigen, die ebenfalls in dem Hochhaus wohnen. Sie erzählte, dass ihr Mann Tabletten genommen habe, er sei mit einem Messer bewaffnet und habe damit gedroht. „Er soll ebenfalls angekündigt haben, die in der Wohnung befindliche Gasflasche zur Explosion bringen zu wollen“, sagte später ein Polizeisprecher. Die Schwester der Lebensgefährtin ruft die Polizei und berichtete von den Drohungen des Mannes. Damit wurde ein großer Polizeieinsatz ausgelöst. Ein Spezialeinsatzkommando rückt an, Beamte sperrten das Viertel ab, und die Feuerwehr eilte herbei.

Das Gebiet am Görlinger Zentrum wurde weiträumig abgesperrt.

Das Gebiet am Görlinger Zentrum wurde weiträumig abgesperrt.

Rund vier Stunden versuchten Polizisten, den 56-Jährigen zur Aufgabe zu bewegen — offensichtlich ohne Erfolg — dann der Zugriff durch die Spezialkräfte. Doch kurz nachdem das SEK die Wohnung gegen 10 Uhr stürmt, gibt es einen lauten Knall, und dichter Qualm steigt aus der Wohnung in der zweiten Etage hervor. Ob die Gasflasche in die Luft geflogen ist, wird noch untersucht. Wie die Polizei am Mittwochabend mitteilte, soll es in der Wohnung schon gebrannt haben, als die Spezialkräfte in die Räume eindrangen. Die Feuerwehr konnte den Brand rasch löschen, sodass er nicht noch weiter auf anderen Wohnungen überging.

Zeugen berichten von Explosion und Knallgeräuschen

Manche Zeugen sprachen von einer lauten Explosion, andere von mehreren lauten Knallgeräuschen. „Es war sehr laut. Ich bin regelrecht zusammengezuckt“, sagte eine Nachbarin. Sie habe gesehen, wie der Mieter von dem Balkon aus der zweiten Etage sprang. Laut Polizei erlitt der 56-Jährige eine Fraktur. „Es besteht keine Lebensgefahr“, teilten die Beamten weiter mit. Das Gebüsch habe den Sprung abgefedert. Über den 56-Jährigen war am Mittwoch nicht viel bekannt. Wie zu erfahren war, ist er bereits wegen eines Körperverletzungsdeliktes straffällig geworden. Gegen den Mieter wird nun wegen versuchten Mordes und Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion ermittelt, teilten die Behörden mit. Das genaue Geschehen, insbesondere die zeitlichen Abläufe des Einsatzes, seien Gegenstand des laufenden Ermittlungsverfahrens. Der 56-Jährige sei vorläufig festgenommen.

Durch die Verpuffung und die starke Rauchentwicklung wurden auch mehrere Mieter in dem Haus verletzt. „Sie haben Rauchgase eingeatmet“, sagte ein Polizeisprecher. Vorher seien zahlreiche Bewohner aus Sicherheitsgründen aus dem Haus herausgeführt worden. Dabei seien manche Mieter nicht einverstanden gewesen und seien nur widerwillig mitgekommen. Die Feuerwehr versorgte die Bewohner in einem großen Rettungsbus.

Von diesem Balkon im zweiten Stock sprang der Mann.

Von diesem Balkon im zweiten Stock sprang der Mann.

Einige Mieter des Gebäudes müssen sogar zunächst woanders unterkommen. Die Räume über der Wohnung des 56-Jährigen sind ebenfalls stark verrußt und auf den ersten Blick nicht mehr bewohnbar. Flammen haben die Fenster zerspringen lassen. Auch weitere Räume in dem Haus sind laut Polizei in Mitleidenschaft gezogen.

„Puzzlearbeit“ in Schutt und Asche

In der Mittagszeit kamen die Experten des Kommissariats für Brandermittlungen. Sie machten Fotos vom Bereich vor dem Hochhaus, schauten sich den Tatort an, suchten nach Spuren . Die Polizei spricht von einer „hohen Brandlast“. Für die Ermittler gleicht die Arbeit einer detektivischen „Puzzlearbeit“. In dem Durcheinander von Trümmern, Schutt und Asche müssen die Beamten den Ausgangspunkt des Brandes finden. Dies gehört zu den schwierigsten kriminaltechnischen Aufgaben. Hinweise können durch Hitze verformtes Metall, Asche, geschmolzenes Plastik oder Ablagerungen von Ruß geben. Während und nach dem Einsatz kümmerten sich die Opferschützer der Polizei um Menschen, die Redebedarf hatten. Auch auf der Kurznachrichten-Plattform X informierte die Polizei über den Einsatz, bot Hilfe für die Anwohner an und setzte einen Appell ab, keine Gerüchte in die Welt zu setzen. Für die Aufklärung des Falles bittet die Polizei um Zeugenhinweise und um Fotos vom Geschehen. „Wenn Sie Video oder Fotos haben, melden Sie sich bitte bei den Ermittlern des Kriminalkommissariats 11“, teilte die Polizei in den sozialen Medien mit.


Beratung und Seelsorge in schwierigen Situationen

Kontakte | Hier wird Ihnen geholfen Wir gestalten unsere Berichterstattung über Suizide und entsprechende Absichten bewusst zurückhaltend und verzichten, wo es möglich ist, auf Details. Falls Sie sich dennoch betroffen fühlen, lesen Sie bitte weiter: Ihre Gedanken hören nicht auf zu kreisen? Sie befinden sich in einer scheinbar ausweglosen Situation und spielen mit dem Gedanken, sich das Leben zu nehmen? Wenn Sie sich nicht im Familien- oder Freundeskreis Hilfe suchen können oder möchten – hier finden Sie anonyme Beratungs- und Seelsorgeangebote.

Telefonseelsorge – Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichen Sie rund um die Uhr Mitarbeiter, mit denen Sie Ihre Sorgen und Ängste teilen können. Auch ein Gespräch via Chat ist möglich. telefonseelsorge.de

Kinder- und Jugendtelefon – Das Angebot des Vereins „Nummer gegen Kummer“ richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche, die in einer schwierigen Situation stecken. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter 11 6 111 oder 0800 – 111 0 333. Am Samstag nehmen die jungen Berater des Teams „Jugendliche beraten Jugendliche“ die Gespräche an. nummergegenkummer.de.

Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention – Eine Übersicht aller telefonischer, regionaler, Online- und Mail-Beratungsangebote in Deutschland gibt es unter suizidprophylaxe.de

Beratung und Hilfe für Frauen – Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen" ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben. Unter der Nummer 08000 116 016 und via Online-Beratung unterstützen werden Betroffene aller Nationalitäten rund um die Uhr anonym und kostenfrei unterstützt.

Psychische Gesundheit – Die Neurologen und Psychiater im Netz empfehlen ebenfalls, in akuten Situationen von Selbst- oder Fremdgefährdung sofort den Rettungsdienst unter 112 anzurufen. Darüber können sich von psychischen Krisen Betroffene unter der bundesweiten Nummer 116117 an den ärztlichen/psychiatrischen Bereitschaftsdienst wenden oder mit ihrem Hausarzt Kontakt aufnehmen. Außerdem gibt es in sehr vielen deutschen Kommunen psychologische Beratungsstellen.