„Was ist denn hier los?“ Eine Passantin wundert sich über die schier endlos lange Schlange junger Frauen, die schon mehr als eine Stunde vor Öffnung der Tore auf Einlass in den Gürzenich warten. Hunderte weibliche Fans von Liebesromanen und eine Handvoll junger Männer wollen zum LYX-Festival, wollen dort ihre Lieblings-Autorinnen treffen, mit ihnen ins Gespräch kommen, von ihnen lernen - oder sich Bücher signieren lassen. Der Kölner LYX-Verlag, ein Teil von Bastei-Lübbe, präsentierte an diesem Wochenende seine Besten, ohne Ausnahme Autorinnen, die für ein junges, weibliches Publikum schreiben – die sogenannten Young Adults.

Lesen ist wieder in bei diesen jungen Frauen von 12 bis 30 Jahren. Vor allem Liebesromane nach dem Strickmuster, das man Tropes nennt: vom Freund, Fremden oder Feind zum Geliebten, Liebe im Büro oder der Schule, unter Stiefgeschwistern. Was ist das Geheimnis dieses Erfolgs? „Ich kann mir vorstellen, dass sich damit sehr viele identifizieren können, sagt Leserin Maren (30). Es sei die idealere heile Welt. Umso herausfordernder der Alltag sei, desto mehr könne man sich positive Energie aus den Büchern holen. „Ich denke, dass diese Bücher sehr beliebt sind, weil ja generell in der Welt viel los ist. Hier bekommt man ein bisschen mehr heile Welt, mehr Geborgenheit, Hoffnung, all die positiven Aspekte.“

LYX-Festival: Schreiben für die eigene Generation

Die Autorinnen sind durch die Bank im nahezu selben Alter wie ihre Leserinnen. Da schreibe eine Generation für die eigene, sagt Maren. Dann könne man sich auch ganz anders mit den Charakteren identifizieren und die Handlungen besser nachvollziehen, weil es viel näher an dem eigenen Leben dran ist. Die eigene Schulzeit noch nicht lange vorbei: Deshalb gefällt Svenja die Dunbridge-Academy-Serie von Sarah Sprinz so gut. Die 22-Jährige steht in der Warteschlange für Autogramme. „In meinem Alter geht es um den Schritt nach der Schule.“ Ihr gefalle der „jüngere Schreibstil“ und die Themen der Young Adults. Das sei leicht verständlich, was man sehr schnell schön lesen könne.“

Der LYX-Verlag, seine Autorinnen und ihr weibliches Publikum kommen im liebevoll dekorierten Gürzenich in allen Räumen ins Gespräch. In 16 Talkrunden mit drei oder vier Autorinnen geht es um alles, was beim Schreiben von Büchern beachtet werden muss. Authentisch sein, schreiben, als ob man dabei war. Jede geht da einen anderen Weg. Details ja, vielleicht nicht zu viele. Was hilft, wenn man nicht vor Ort schreibt? Webcams, Google, Youtube? Welche Stolpersteine muss man aus dem Weg räumen. Wetter zum Beispiel. Kann es im Nebel regnen, ist es, wenn sich zwei Liebende küssen da, wo sie sind, schon dunkel? Im Zweifel hilft die Lektorin bei Lyx. In allen 16 Talkrunden dürfen auch die Fans fragen und überraschen dabei selbst Autorinnen von Zeit zu Zeit mit Detailkenntnissen.

Jede Autorin zeigt ihren eigenen Stil. Sie bereiten sich unterschiedlich vor, schreiben zu verschiedenen Zeiten, pflegen individuelle Rituale. Aber eins eint sie: Sie alle wollen sich treu bleiben, auch wenn manchmal dazu gehöre, sich vor Einflüssen aus sozialen Medien zu schützen.

LYX-Verlag: Vom Buch zur Amazon-Serie

Ein Einfluss, den viele hier durchaus schätzen, ist das sogenannte „Booktok“ im sozialen Medium Tiktok. Da sei ein sehr großer, moderner Buchclub entstanden, sagt Besucherin und Online-Marketing-Managerin Berit. Das gebe Leserinnen die Möglichkeit, noch mehr in diese Welt der Bücher einzutauchen, Bucherfahrungen, Empfehlungen zu bekommen oder sich zu motivieren.

In 25 bis auf den letzten Platz ausgebuchten Workshops denkt LYX auch an den Nachwuchs: Wie werde ich Autorin, entwickele Figuren, schreibe ein überzeugendes Exposé? Die Fans stehen geduldig in langen Schlangen auf dem Weg zum Autogramm. Die Wartezeiten werden gut überbrückt: mit Basteln, Fotos vor der Blumen-Wand, oder beim Stöbern an Büchertischen. Und die Kasse klingelt. „Eine richtig coole Aktion des Verlags“, findet die Marketing-Expertin Berit, die an diesem Wochenende die Autorin Mona Kasten kennengelernt hat. Ihre Save-Reihe (bei Amazon Prime als „Maxton Hall“ verfilmt) habe sie schon sehr gefesselt. „Wenn ich jetzt hier die Chance habe, dann muss ich das nutzen, sie einmal zu treffen.“