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Qualitätsbericht in KölnKVB fährt ihrem Anspruch hinterher – mehr Vandalismus

Lesezeit 5 Minuten
KVB  - Straßenbahn Richard-Wagner-Str

Eine Bahn der KVB unterwegs in Köln. Die KVB konnte im QUalitätsbericht nicht überzeugen.

Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) veröffentlichen ihren Qualitätsbericht 2023, der erneut Defizite in der Betriebsqualität aufweist, trotz Einsatz von Testkunden und Kundenbefragungen.

Es ist nunmehr der vierte Qualitätsbericht, den die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) vorlegen. Der Gesetzgeber hat sie dazu verpflichtet, alljährlich sich selbst auf den Zahn zu fühlen. Der vierte dieser Art hat etwas Wesentliches mit seinen drei Vorgängern gemeinsam: Er fällt nicht gut aus. Oder, wie es die Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks sagt: „Der Qualitätsbericht 2023 zeigt die Defizite unserer Betriebsqualität auf, mit der wir nach wie vor nicht zufrieden sein können.“ Die KVB fährt also weiterhin ihren eigenen Ansprüchen hinterher.

Wie wird der Bericht erstellt?

Er steht auf zwei Säulen. Da ist zum einen das „Testkundenverfahren“. Die KVB schickt über das Jahr verteilt anonyme Testerinnen und Tester auf die Strecke. Die Testkriterien sind genormt. Zum anderen gibt es eine standardisierte Kundenbefragungen. Pro Jahr finden mindestens 500 Befragungen statt. Befragt werden Personen ab 16 Jahren, die mindestens einmal pro Jahr mit Bus oder Bahn unterwegs sind. Dabei fällt auf, die Bewertung durch die Testkunden fällt deutlich positiver aus, als die der tatsächlichen Fahrgäste.

Wie steht es um die Stadtbahnen?

Diplomatisch ausgedrückt: nicht gut. Die Kundenbeschwerden haben zugenommen. Bei diesem Punkt wird aber auch klar, die KVB können nicht vollumfänglich für ihre Miesere. 62 neue Niederflurbahnen sind bestellt. Mittlerweile hat sich die Lieferverzögerung auf zweieinhalb Jahre aufsummiert. „Wie ein Welthersteller eine so schlechte Performance hinlegen kann, verstehe ich nicht“, sagt KVB-Chefin Haaks dazu. Für die Kunden hat das gleich mehrfach Konsequenzen, denn um die Lieferlücke zu stopfen, müssen „alte Hündchen“ flott gemacht werden. Die haben keine Klimaanlage und können wegen technischer Vorschriften auch nicht mit einer solchen nachgerüstet werden. „Wir wissen, dass die Hitze in diesen Bahnen an manchen Sommertagen für unsere Kunden und Mitarbeiter eine Zumutung ist“, versucht Haaks die Gemüter zu kühlen. Eine weitere Folge: Ersatzteile für die „alten Hündchen“ kommen aus ausgesonderten Modellen. Wenn alt und alt zusammengefügt werden, kommt dabei Störanfälligkeit heraus – was zum nächsten Problem führt ...

KVB-Qualitätsbericht

KVB-Qualitätsbericht

Wie Pünktlich ist die KVB?

Der Pünktlichkeitsgrad bei den Stadtbahnen lag 2023 bei 79,1 Prozent. Das bedeutet, in rund 21 Prozent aller Stadtbahnfahrten war die KVB unpünktlich. Im Vergleich zu 2022 nochmals eine Verschlechterung um 0,1 Prozent. Die rote Laterne hat die Linie 13 (Pünktlichkeitsgrad 66,7)). In der Pole-Position befindet sich die Linie 17 (Pünktlichkeitsgrad 92,4). Das traurige daran: Die 13 ist eine fahrgaststärkste Linie, die 17 eine der schwächsten.

Erfüllt der Betrieb seinen Fahrplan?

Weiterhin nicht. Im Frühjahr 2022 haben die KVB den Fahrplan reduziert, weil die Ausfälle und Verspätungen überhand nahmen – nach dem Motto: weniger, aber dafür zuverlässiger. Bis heute ist sie nicht auf die mit der Stadt vereinbarte Leistung zurückgekommen. Bis dahin fehlen beim Stadtbahnangebot immer noch 4,7 Prozent. „Vor allem bei dem Unterstützerfahrten zu den Spitzenzeiten haben wir Leistung herausgenommen“, erklärt Haaks. Besserung kann sie für die Buslinien versprechen. Dort will sie absehbar wieder auf 100 Prozent Leistung kommen. Bei den Bahnen wird es laut Haaks von der Sanierung der Mülheimer Brücke abhängen. Die soll im November abgeschlossen sein. Doch für Teilarbeitsbereiche habe die Stadt erneut Verzögerung angemeldet. Zurzeit ist der Stadtbahnbetrieb wegen der Arbeiten auf der Rheinquerung unterbrochen. Es müsse sich noch zeigen, welche Einschränkungen im November weiterhin bestehen. Doch die Mülheimer Brücke ist bei der Leistungserfüllung eigentlich eine Nebenschauplatz, der wirkliche Knackpunkt ist der Personalmangel.

Mangelt es immer noch am Fahrpersonal?

Die Lücke beim Fahrpersonal ist in den vergangen zwei Jahren gleich geblieben: Es fehlt an 60 Fahrerinnen und Fahrern. Was nicht heißt, es hat sich nichts bewegt. Beim Anwerben von neuen Mitarbeitenden hat der Betrieb den Turbo aktiviert. Jedoch: Die Neuen sind oft schneller wieder weg, als sie gekommen waren. Überall fehlt es an Personal, und die KVB sind mit ihren Schichtdiensten und der Bezahlung nicht die hübschste Braut auf dem Markt. Aktuell befinden sich 30 neue Fahrdienstmitarbeiter in der Ausbildung. In den Sparten Bus und Bahn arbeiten jeweils 800 Fahrerinnen und Fahrer.

Geht es bei Aufzügen und Rolltreppen bergauf?

Bei den Aufzügen hat sich die sogenannte Verfügbarkeit in 2023 verschlechter – im Vergleich zu 2022, um 1,8 von 95 Prozent auf 93,2 Prozent. Und auch bei den Rolltreppen zeigt der Trend nach unten – um 2,8 Prozent bei einer Verfügbarkeitsquote von 92,4 Prozent in 2022 auf 89,6 Prozent in 2023. Doch die Ergebnisse sagen nicht nur etwas über die KVB sondern auch etwas über die Gesellschaft aus. Der Vandalismus nimmt zu. Rund ein Fünftel aller Störungen auf dem Tätigkeitsfeld der KVB gehen auf mutwillige Zerstörungen zurück. Und dabei gibt es Brennpunkte: An der Haltestelle Heumarkt liegt der Vandalismus-Anteil bei 40 Prozent, an „Kalk Kapelle“ gar bei 50 Prozent. Was auch wiederum zu einem weiteren Problem führt...

Werden die KVB Opfer von Aggressionen?

Das die Kundenbeschwerden in den vergangenen Jahren stetig zugenommen haben, muss sich der Betrieb wohl zu einem guten Teil selbst zuschreiben. 2023 kam es zu 18 800 „Rückmeldungen“, wie die KVB die Beschwerden freundlich umschreibt. Dass die Tendenz steigt, dürfte auch den sozialen Medien geschuldet sein: flott getippt geht schneller, als persönlich angerufen. Doch was ein wie auch immer gearteter Missstand nicht rechtfertigt, sind die Aggressionen, die Fahrerinnen und Fahrer sowie die Mitarbeiteten im Servicebereich abbekommen. Sowohl Peter Ulmer, Leiter für den Bereich Betrieb, wie auch Anja Höhn, Betriebsleiterin Absatz, können berichten, dass Beleidigungen und Beschimpfungen viele ihrer Kolleginnen und Kollegen schwer belasten. „Zehn Fälle mussten wir sogar juristisch aufarbeiten lassen“, berichtet Höhn.

Werden Qualitätseinbußen zu Veränderungen führen?

Wie gesagt, nicht alles geht allein aufs Konto des Vorstandes der KVB. Dennoch hat das mittlerweile nur noch dreiköpfige Team mit Stefanie Haaks an der Spitze in den vergangenen Jahren nicht immer die beste Figur gemacht. Für September wird nun ein ein Bericht einer Unternehmensberatung erwartet, die dem Vorstand zur Seite gestellt wurde, um nach Optimierungsmöglichkeiten auf der Teppichetage des Betriebs zu suchen.