Köln – Der Neumarkt reichte dem gerade gegründeten „Festordnenden Comité“ im Jahr 1823 als Schauplatz für den Rosenmontagszug. Einmal im Kreis zogen die Gruppen bei der Inthronisierungsfeier für „Held Carneval“, der damaligen Hauptfigur des närrischen Treibens. Knapp 200 Jahre später könnte die Corona-Pandemie für eine historische Premiere sorgen, denn im Festkomitee gibt es den Plan für einen Rosenmontagszug durch das Rheinenergie-Stadion.
Es gehe nicht um ein „Feiern um jeden Preis“ betont Zugleiter Holger Kirsch. Doch im Kosmos der Narretei ist der Rosenmontag der höchste Feiertag, die Persiflagewagen seien „das stärkste Instrument“ der Karnevalisten, um das Weltgeschehen als sarkastisch-übertriebenes Zerrbild zu präsentieren. Eine Chance, die sie sich nicht entgehen lassen möchten. Viele Menschen mögen inmitten der Corona-Krise andere Sorgen haben. Um zu begreifen, warum der Karneval nicht nur Gemütszustand vieler Menschen ist, sondern auch zur Visitenkarte dieser Stadt gehört, mag folgende Anekdote helfen.
BBC meldete sich auf drohenden Ausfall des Karneval
Als Gesundheitsminister Jens Spahn im August verkündete, er könne sich den Karneval beim besten Willen nicht vorstellen, meldete sich prompt ein Reporter des britischen Senders BBC beim Kölner Festkomitee, um Antworten auf diese ungeheuerliche Feststellung zu bekommen. Der jecke Ausnahmezustand ist längst eine Erwartungshaltung an Köln und das Rheinland.
In der Zugleitung haben sie viele Varianten für einen Rosenmontagszug durchgespielt: einen verkürzten Zug durch die Innenstadt. Einen Zug, der sich ausschließlich durch eine Kette von Tribünen schlängelt. Und es gibt die Stadion-Variante. Mit all ihren Unwägbarkeiten. Denn die Zahl der Besucher würde sich – genau wie bei den Spielen des 1. FC Köln – an der aktuellen Inzidenzzahl der Neuinfektionen orientieren.
Infektionsgeschehen ist entscheidend
Maximal 9200 Zuschauer sind dort derzeit zugelassen, bislang hat das Infektionsgeschehen jedoch die Rückkehr der Zuschauer verhindert. „Die Infektionszahlen steigen momentan wieder und wir wollen abwarten, wie die Testphase für die Stadien der Fußball-Bundesliga verläuft. Ein Zug ist nicht nur für uns, sondern auch für alle Gesellschaften und Teilnehmer mit enormem Aufwand und Kosten verbunden“, gibt Holger Kirsch zu bedenken.
Man wolle keine übereilte Entscheidung treffen, um größtmögliche Planungssicherheit zu haben. Während in der Bundesliga Geisterspiele die neue Normalität sind, sei ein „Geisterzug“ ohne Zuschauer kaum vorstellbar.
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Der Sessionsstart am 11. November mutiert dieses Mal allerdings zum reinen Fernsehformat, die Live-Sendung soll in der Wagenbauhalle des Festkomitees aufgenommen werden – ohne Zuschauer. Auch für den Rosenmontagszug gibt es Fernsehverträge, die dem Festkomitee Geld bringen, das für verschiedenste Projekte benötigt wird. Zehn bis 15 Persiflagewagen sollen auch dieses Mal gebaut werden. Noch weiß niemand, wo sie zu sehen sein werden.