Was macht Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rente? Strickt sie Schals für Ehemann Joachim Sauer, pflanzt sie Erdbeeren im Garten, oder klärt sie Mordfälle auf? Letzteres macht sie jedenfalls im Bestseller-Roman „Miss Merkel: Mord in der Uckermark“ von David Safier, der 2021 erschienen ist.

„Ich bin es gewohnt, Helmuts Mist aufzuräumen“, liest eine rauchig-tiefe, aber gleichzeitig leicht quietschende Stimme vor. Eine Stimme, die der deutschen Fernseh-, Film- und Theaterszene vertraut ist – die von Schauspielerin Katharina Thalbach. Ihre Lesung ist Teil des größten Comedy-Festivals Deutschlands, dem „Cologne Comedy Festival“. Der Auftritt gehört zu den „Comedy Readings“ des Festivals.

Katharina Thalbach in Köln: „Das ist eben Köln“

In gemütlicher Woll- und Strickkleidung sitzt Thalbach am kleinen Schreibtisch, der auf der Bühne des Theaters am Tanzbrunnen steht, und richtet ihre Hornbrille. Die Wahl für die Lesung fiel nicht zufällig auf Thalbach. Sie ist „Miss Merkel“ höchstpersönlich, also zumindest in den Filmen. Trotzdem gäbe es viele Parallelen zwischen den zwei Frauen, versichert die gebürtige Berlinerin: „Wir kommen beide aus der DDR, sind 1954 geboren und haben unsere ganz eigene Art.“

Mit „Helmut“ ist nicht der ehemalige Kanzler Helmut Kohl gemeint, sondern ein kleiner inkontinenter Mops. Das Hündchen begleitet Miss Merkel treu auf ihren Ermittlungen. Mit dabei ist außerdem Ehemann Joachim Sauer, der die Rolle des „Watson“ einnimmt. Ähnlich wie Watson ist er eher unbeholfen und tollpatschig, was seiner Ehefrau reichlich Anlass bietet, um ihn in seine Schranken zu weisen. Das spiegelt offensichtlich einige Beziehungen im Kölner Publikum wider. Denn immer, wenn „Achim“ mal wieder etwas Ungeschicktes angestellt hat, schweifen die Blicke vieler Frauen rüber zur männlichen Begleitung.

Neben bösen Blicken sieht man aber vor allem eines am Donnerstagabend in Deutz: lächelnde Gesichter. Schon bevor es losgeht, überzeugt Thalbach allein mit ihrer Bühnenpräsenz, und dankt dem Publikum: „Das ist ja ein Empfang! Ich glaub‘s nicht, aber das ist eben Köln.“

Deutsches Pendant zu Agatha Christies

Hobbydetektivin „Miss Merkel“, das deutsche Pendant zu Agatha Christies „Miss Marple“, scheint bei den Deutschen Anklang zu finden. Mittlerweile ist der Merkel-Krimi zur eigenen Buchreihe geworden. Im Dezember letzten Jahres kam der dritte Band „Miss Merkel: Mord auf hoher See“ auf den Markt. Der Anklang war so groß, dass die ersten beiden Teile bereits für RTL verfilmt wurden, auch der dritte ist schon in Produktion.

Die 70-jährige Thalbach, die mit 22 erstmals in Köln gearbeitet hat, liest nicht nur stumpf aus dem Roman vor. Sie macht viel mehr eine Performance aus der Lesung, indem sie schauspielerische Elemente einbaut. Thalbach bellt wie ein Hund, galoppiert wie ein Pferd und knallt sich die Hand gegen die Stirn. Obwohl sie kein Kostüm trägt, schlüpft sie mehrere Male in die Rolle der Miss Merkel. „Ich habe sie total unterschätzt“, liest Thalbach mit verstellter männlicher Stimme vor. Sie fährt fort, diesmal in der Stimmlage von Angela Merkel, und erwidert: „Die Geschichte meines Lebens“. Sie steht auf und formt mit beiden Händen eine Raute.