„Köln ist der perfekte Standort“„Quovadis“ testet Produkte auf ihre Tauglichkeit
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Wie in der Drogerie: Ute Wetzlar Geschäftsführerin von Quovadis, neben dem Shampoo-Regal.
Copyright: Belibasakis
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Köln – Die Regalwand in den ansonsten schlichten Räumlichkeiten auf der Schildergasse ist bis zum Anschlag gefüllt. Eine bunte Shampoo-Flasche reiht sich an die nächste und vereint sich zu einem Meer aus farbenfrohen Duftwundern, das in exakt gleicher Form auch den Drogerien des Landes zu finden ist. Hier die richtige Wahl für den Shampoo-Kauf zu finden – keine leichte Entscheidung. Im Teststudio von Quovadis kauft aber niemand ein. Denn was das Unternehmen auf drei Etagen und 1000 Quadratmetern mitten auf der Schildergasse macht, ist Marktforschung.
Lebensmitteltests im Labor
Wenn ein Shampoo-Hersteller unter Laborbedingungen herausfinden will, welche Chancen sein Produkt auf dem Markt hat, dann kommt Quovadis ins Spiel. Ute Wetzlar ist die Geschäftsführerin des Marktforschungsstudios. Neben dem Studio in Köln betreibt das Unternehmen auch Standorte in Hamburg und München. „Unternehmen, die ihre Produkte testen lassen wollen, beauftragen Marktforschungsinstitute, die den Auftrag dann an uns weiterleiten, da wir die nötige Ausstattung dafür haben“, erklärt Wetzlar.
Im Testlabor soll nichts vom Produkt, in diesem Fall ein Erfrischungsgetränk, ablenken.
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Die genaue Nachbildung von Drogerie- und Supermarktregalen ist nur eine von vielen Testformen, die auf der Schildergasse angeboten werden. Im Beispiel der Shampoo-Flaschen lassen sich neben der Position im Supermarkt auch das Aussehen der Flaschen, die Verpackung, Duft und Konsistenz testen.
Besonders gern genutzt wird das Teststudio auch für Lebensmittel. Im Testlabor, das mit den weißen Wänden äußerst steril daherkommt, ist Platz für gleichzeitig zwölf Probanden. Durch eine kleine, drehbare Tür bekommt der Proband nacheinander vergleichbare Proben, beispielsweise Erfrischungsgetränke oder Schokolade, gereicht. Auf einem Bildschirm tauchen Fragen auf. Wie bewertet der Proband ganz allgemein den Geschmack, die Süße oder die Konsistenz der Probe? Zwischen den einzelnen Proben werden die Geschmacksknospen mit Wasser und Crackern neutralisiert. „Wir versuchen im Labor alle möglichen Einflussfaktoren auszublenden“, erklärt Studioleiter Ralph Gester. Jeder Test soll unter den exakt gleichen Eigenschaften ablaufen. Ein Produkt, das vor dem Verzehr erwärmt werden muss, soll immer in der gleichen Zeit auf die gleiche Temperatur erwärmt werden und in einem identischen Teller oder Behälter serviert werden. Da das Auge bekanntlich mit isst, geht es in vielen Tests auch um eine Bewertung des Aussehens. In anderen Fällen geht es nur um den Geschmack oder Konsistenz, dann heißt es für die Probanden: Augenbinde anlegen.
Teil der Marktforschung werden
Quovadis sucht dauerhaft nach neuen Testpersonen. Interessierte können sich online für die Datenbank registrieren und bekommen danach regelmäßig Anfragen für Produkttests, Gruppendiskussionen oder sogar Gespräche bei den Probanden zuhause. „Teil der Marktforschung zu sein, macht Spaß und es ist spannend, im teilweise frühen Stadium der Produktentwicklung mitzuwirken“, erklärt Geschäftsführerin Ute Wetzlar. Der vielleicht größte Anreiz: Die Testpersonen verdienen dabei sogar Geld.
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Bei der Marktforschung im Teststudio geht es nicht immer schon um ein fertiges Produkt, dessen Markttauglichkeit überprüft werden soll. Für grundlegende Marktanalysen kommt auch die Methode der Gruppendiskussion zum Einsatz. Zusammen mit einem geschulten Moderator sitzen die Probanden dann an einem großen Tisch in einem aufwendig dekorierten Raum. Die Testteilnehmer sollen sich schließlich wie zuhause fühlen. Und dann kann es schon einmal vorkommen, dass eine Stunde über die Eigenschaften von Grillsoßen gesprochen wird. Eine Wand im Raum besteht komplett aus einem Spiegel. Vom Diskussionsraum aus sehen die Teilnehmer sich selbst, von der anderen Seite der nur einseitig spiegelnden Wand schaut in vielen Fällen bereits das Auftrag gebende Unternehmen zu. Die Auftraggeber wissen in den meisten Fällen genau, welche Methoden sie für ihre Produkttests einsetzen wollen.
Mit jahrelanger Erfahrung in der Marktforschung ist Quovadis im Planungsprozess auch beratend tätig. Oft geht es dabei um die genaue Auswahl der Methodik oder die Fallzahl der Tests. Manchmal nehmen die Unternehmen den Rat an, manchmal nicht. Besonders beliebt bei den Kunden sind oft auch die neuesten Technologien, die in der Marktforschung eingesetzt werden. Ein gern gesehenes Beispiel ist das Eye-Tracking, die Aufzeichnung der Augenbewegungen, das auch an der Regalwand eingesetzt wird. „Die Technik wird natürlich immer besser und viele Kunden haben gerne solche technischen Spielereien. Doch das hat dann aber auch seinen Preis“, erklärt Wetzlar.
Die Probanden für die zahlreichen Tests gewinnt Quovadis auf zwei verschiedene Weisen. Ein Teil, der früher noch bedeutend größer war und heute rund zehn Prozent ausmacht, wird auf der Schildergasse „gebaggert“. Ein Mitarbeiter, der „Baggerer“, spricht auf der Straße Passanten an und bringt sie zum Test ins Studio. Als Dankeschön springt für die Teilnehmer ein Packung Duschgel oder Waschmittel heraus.
Die andere Variante: Die Teilnehmer werden über die riesige Quovadis-Datenbank rekrutiert, die rund 50 000 Personen umfasst. Etwa 1000 bis 1500 Testpersonen werden pro Monat benötigt, zum Ende des Jahres sind es deutlich mehr als zu Beginn. „Der Standort Köln ist perfekt für uns“, erklärt Wetzlar. „Die Leute sind kommunikativ, offen und reden gerne über ihre Meinung. Das kommt uns in der Marktforschung natürlich entgegen.“