Angesichts der eskalierenden Drogenproblematik rund um das WDR-Gebäude in Köln stockt der Sender sein Sicherheitspersonal auf und fordert die Polizei zu mehr Kontrollen auf.
Drogenszene in KölnWDR stockt Sicherheitspersonal auf und will mehr Polizeikontrollen
Es sind erschreckende und beklemmende Szenen: Süchtige spritzen sich Drogen, Obdachlose erbrechen vor den Augen von Kindern auf der Straße, Menschen liegen betrunken an einer Hauswand oder Drogenabhängige bedrohen Passanten und fordern Geld. Beobachtungen an den vergangenen Tagen am Appellhofplatz, Breite Straße oder rund um das WDR-Areal.
Die massive Drogenproblematik an diesem Ort hat nun dazu geführt, dass der WDR sein Sicherheitspersonal aufgestockt hat. Dies geht aus einem internen Schreiben des WDR an die Mitarbeitenden hervor. Insbesondere in den Abendstunden zeige man „außen um die Gebäude herum aktuell mehr Präsenz“. Der WDR-Sicherheitsdienst bietet Mitarbeitenden Begleitung an, wenn sie abends auf dem Weg in die Tiefgarage oder zum Fahrrad Angst haben. Die Beschäftigten werden gebeten, genau darauf zu achten, dass niemand in das WDR-Gebäude kommt, die dort nicht hingehören.
Zahl der Nichtsesshaften habe deutlich zugenommen
Aus Sicht des Sicherheitsbeauftragten hat die Zahl der „Nichtsesshaften und Abhängigen“ rund um den WDR in Köln deutlich zugenommen. „Es sind weniger Trinker und viel mehr, die auf härteren Sachen sind. In dieser Richtung ist ein Trend zu erkennen“, sagt der Leiter des WDR-Sicherheitsreferates weiter.
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In dem Papier, das der Rundschau vorliegt, heißt es vom Sicherheitsbeauftragten weiter: Rund um das Vierscheibenhaus habe es „Entblößungssituationen“ gegeben, Abhängige würden an die Scheiben eines Großraumbüros urinieren und hinterließen Fäkalien. Eine Führungskraft wird mit den Worten zitiert, Kollegen fühlten sich durch Drogensüchtige und Dealer „regelrecht bedroht und nehmen teilweise Umwege in Kauf“. Mehrere WDR-Angestellte machen im internen „Intranet“ ihrem Ärger über die Zustände Luft: „Wir haben junge Kolleginnen, die steigen am Neumarkt aus und fahren nicht mehr bis zum Appellhofplatz, weil sie sagen, diese Haltestelle ist so unglaublich eklig, und wir habe da Angst“, wird eine weitere Mitarbeiterin zitiert.
Schockierend: Menschen, die sich spritzen und Crack rauchen
Eine Kollegin aus dem Vierscheibenhaus, die regelmäßig mit der Bahn zur Arbeit kommt, erzählt, dass für sie die Situation „unten in der KVB-Station Appellhofplatz“ problematisch sei. „Wenn man den langen unterirdischen Gang in der Station durchquert, sieht man automatisch, wie die Menschen dort Crack rauchen oder sich Spritzen setzen“, sagt sie. Zwar fühle sie sich nicht „persönlich bedroht“, aber die Situation sei „unangenehm und schockierend“. Der WDR teilte mit, dass die Sicherheitskräfte regelmäßig Drogenabhängige des Geländes verweisen. Aber die Personen seien oftmals eine halbe Stunde später wieder zurück.
Angesichts der Zustände habe Intendant Tom Buhrow an Kölns Polizeipräsidenten Johannes Hermanns geschrieben, um auf die Problematik hinzuweisen und mehr Kontrollen zu verlangen, heißt es weiter. Die Pressestelle der Kölner Polizei hatte am Montag keine Kenntnis von einem eingegangenen Schreiben, teilte ein Polizeisprecher auf Anfrage der Rundschau mit.
Kölns Polizei kennt das Problem
Der Polizei ist das Problem am Appellhofplatz und rund um das WDR-Gebäude allerdings gut bekannt. „Wir sind dort sehr häufig und führen Kontrollen durch“, sagte ein Polizeisprecher der Rundschau. Der Ort gehöre zum „Präsenzkonzept Innenstadt“ und werde regelmäßig angefahren. Die Kollegen seien dort „offen und verdeckt“ unterwegs. „Die Lage erfordert gesamtgesellschaftliche Maßnahmen“, ergänzte der Sprecher gegenüber der Rundschau. Im Tunnel am Appellhofplatz sei zu erkennen, dass vorrangig Heroin, Kokain aber Crack konsumiert würde.
Auf der Straße sei vermehrt die Trinker-Szene anzutreffen. Die polizeiliche Präsenz führe zu diversen Strafanzeigen, Sicherstellungen und gegebenenfalls zu Platzverweisen oder darüber hinaus zu Bereichsbetretungsverboten für einzelne Angehörige der Drogenszene, heißt es weiter. Auch am vergangenen Wochenende waren dort Streifenwagen im Einsatz und kontrollierten mehrere Personen.
Für den betroffenen Bereich und auch andere Plätze mit massiver Drogenproblematik hat die Polizei Tipps und Hinweise für den Umgang mitgeteilt. Fühlen Sie sich alleine unsicher, sprechen sie andere Personen an und bitte Sie um Hilfe Wertsachen und Mobiltelefone eng am Körper tragen. Kommt es zu einer bedrohlichen oder belästigenden Situation, versuchen Sie so schnell wie möglich körperlichen Abstand zu gewinnen. Gehen Sie nicht auf Provokationen ein und wählen sie im Notfall die „110“.
Konzept für Sicherheit
1,5 Millionen Euro hat unlängst der Hauptausschuss des Stadtrats für ein Sicherheitskonzept der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) bewilligt. Mit dem Geld wollen die KVB vor allem die Sicherheit an den unterirdischen Haltestellen zwischen Rhein und den Ringen erhöhen. Unter anderem in den Stationen am Appellhofplatz (Foto) oder auch am Friesenplatz hat sich die Drogenszene nach Verdrängungsmaßnahmen am Neumarkt stark ausgebreitet und verunsichert die Fahrgäste.
38 zusätzliche Servicemitarbeiter möchten die KVB einstellen. Sie sollen ein Team verstärken, das dann unter dem Arbeitstitel „KVB SOS“ geführt wird. Dieses Team soll aus den bisher getrennt agierenden drei Servicebereichen des Verkehrs-Betriebs zusammengeführt werden. So sollen Kapazitäten entstehen, um die Haltestellen im Innenstadtbereich 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche bestreifen zu können.