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Jubiläumsfeier im TanzbrunnenHip Hop begeistert seit 50 Jahren Menschen weltweit

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann steht am Tanzbrunnen auf der Bühne, vor ihm stehen viele Menschen.

DJs unter freiem Himmel: Die „Thank You Hip Hop“-Party im Tanzbrunnen will einer ganzen Kultur Tribut zollen.

Bis zu 2000 Gäste erwarten die Veranstalter bei der Jubiläumsparty im Tanzbrunnen.

Eine bekritzelte Karteikarte verändert im Sommer 1973 unwiderruflich die Welt: Der damals 18-jährige DJ Kool Herc lädt darauf zu einer Nachbarschafts-Party in seinem Wohnblock ein. Er lebt in der Bronx, einem von Kriminalität geprägten New Yorker Viertel. Auf seiner „Blockparty“ wird der junge Künstler mit seinen ausgefallenen Techniken beim Auflegen von Platten den Grundstein für die Hip Hop-Kultur legen, zu der Arten von Kunst, Tanz, Musik und Lyrik gehören.

50 Jahre später ist aus einer geächteten Randgestalt im Untergrund, die größte Jugendkultur der Welt geworden. Rund um den Globus feiern Fans die Geburtsstunde einer Bewegung, die einige der kommerziell erfolgreichsten Künstler wie Drake oder Eminem hervorbrachte. Der Kölner Musikveranstalter Carlos Wind organisiert zu diesem Anlass das Event „Thank You Hip Hop“ (Danke, Hip Hop) im Tanzbrunnen– eine „Blockparty“, ganz im Sinne der Anfänge der Kultur. Unterstützung bekommt er von den jungen Veranstaltern der „Cactus Vibes“- Partys aus Köln.

Ein Kampf gegen Vorurteile

„Ich habe Hip Hop alles zu verdanken“, betont Wind. Der 42-Jährige arbeitet seit über 22 Jahren in der Szene. Mit seiner Firma „Latfro-Entertainment“ veranstaltet er erfolgreich Events, arbeitet darüber hinaus als Manager von Künstlern und ihren Touren. Auf seinen Kontakten aufbauend hat der Kölner mit argentinischen Wurzeln „Latfro-Models“ gegründet, eine Modelagentur, die schon mit Unternehmen wie Zalando arbeitete.

Dass Hip Hop einmal solche erfolgreichen Karrieren ermöglichen würde, war nicht immer klar. Seit ihren Anfängen kämpft die Bewegung mit hartnäckigen Missverständnissen „Vor 20 Jahren wollten sehr wenige Clubbesitzer Hip Hop in ihrem Club“, erinnert sich Wind. „Asozial“ und „kriminell“ sind laut Wind Attribute, mit denen Außenstehende die Hip Hop- Kultur fälschlicherweise beschreiben. Das liege an Unwissen: „Eines wird oft missverstanden: Hip Hop ist nicht nur eine Musikrichtung, sondern die gesamte Kultur. Und Rap ist die Musik.“ Rap-Texte handeln nicht selten von Drogen oder Gewalt.

„Ein Familienvater urteilt über Rap-Songs mit aggressivem Text und bezieht sein Urteil schnell auf die ganze Kultur“, erklärt Wind. „Hip Hop wurde oft kriminalisiert und als schlechter Einfluss für die Jugend gesehen. Dabei ist genau das Gegenteil das Fundament der Kultur.“ Dort gehe es vor allem um gegenseitigen Respekt und Authentizität.

Einblicke in Lebensrealitäten

Dass die Bewegung oft immer noch vorverurteilt wird, liege auch an ihren Wurzeln: „Hip Hop kommt aus der sozialen Unterschicht, aber wurde in die Welt getragen“, erklärt Wind. Die Kunst im Hip Hop bilde jedoch schlicht Lebensrealitäten ab. „Wenn du in Chorweiler oder Vingst groß wirst, wächst du ganz anders auf als in Bayenthal. Dort bist du mit viel mehr Problemen konfrontiert“, erklärt er. „Dann fängst du eher an Musik zu machen, oder Texte zu schreiben, um deinen Alltag zu vergessen.“ Das sei nicht nur eine Chance für Menschen aus der Szene, sondern auch für Außenstehende. „Hip Hop kann Bewusstsein für gesellschaftliche Probleme schaffen, weil solche Dinge in der Musik thematisiert werden.“

Das sei aktueller denn je: „Weil die Mittelschicht ausstirbt, haben wir grade eine große Kluft zwischen Arm und Reich.“ Hip Hop schaffe mehr Verständnis zwischen verschiedenen Lebensrealitäten. Rap erfreut sich heute großer Beliebtheit. Das weiß auch das Team von „Cactus Vibes“. Ihre Partys schafften es schon in etablierte Kölner Clubs wie das Vanity oder Reineke Fuchs. Die Jubiläumsfeier im Tanzbrunnen wird mit bis zu 2000 Gästen ihre bisher größte Party. Auch Mitveranstalter Victor Schach wünscht sich, dass die Kultur hinter der Musik mehr in den Vordergrund rückt: „Viele beschäftigen sich erst gar nicht damit und betrachten Hip Hop deshalb als fremd“, erklärt er. „Ich hoffe, wir können in einer so großen Location von der Stadt noch mehr Aufmerksamkeit für Hip Hop generieren.“

Die „Thank You Hip Hop“-Party findet am 17. Juni im Tanzbrunnen statt. Winds Model Agentur „Latfro Models“ veranstaltet dort zusätzlich ein offenes Casting. Aushängeschild der Agentur ist Diversität. Tickets gibt’s ab 25 Euro online.


Was ist Hip Hop

Mehr als Musik: Hip Hop ist eine Kultur und nutzt fünft Elemente, um sich auszudrücken. Neben der charakteristischen Musik, dem „DJing“ (Mischen von verschiedenen Songs), steuert der Rap, also Sprechgesang, die Texte bei. Dazu kommt das Beatboxen, bei dem Personen Beats mit ihrem Mund erzeugen. Die aus dem Hip Hop entstandene Tanzrichtung heißt Breakdance. Beim Graffiti nutzen Künstlerinnen und Künstler gesprühte Bilder, um ihre Kunst zu verbreiten. Das Musikgenre Hip Hop begeistert die Massen. Es machte im vergangenen Jahr rund 19 Prozent der Umsätze der deutschen Musikindustrie aus, mehr schaffte nur Pop-Musik. (lig)