Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Das deutsche Silicon Valley?Was vom Hype um Microsoft in Köln übrig bleibt

Lesezeit 4 Minuten
nab190515_Microsoft_02

Das Gebäude von Microsoft im Rheinau-Hafen

  1. Als Microsoft nach Köln zog, war die Begeisterung groß. Von einem „Silicon Valley Light“ in Köln war die Rede.
  2. Doch der geplante Campus im Rheinauhafen kam nie.
  3. Matthias Hendorf hat sich auf die Spurensuche der einstigen Pläne begeben und gibt Einblicke.

Köln – Der Jubel war groß im September 2006, als klar war, dass Microsoft mit seiner NRW-Zentrale Neuss verlässt und 2008 in den Rheinauhafen zieht. Ein großer Name für die Stadt, Flair, Glamour, Champions League. Unter 250 möglichen Objekten in der Rheinschiene hatte sich am Ende der Kölner Rheinauhafen durchgesetzt. Aber Microsoft wollte mehr, wollte einen Partner-Campus für weitere Firmen rund um seine neue hippe Heimat namens „RheinauArtOffice“ bauen. Beteiligte aus Politik und Stadtgesellschaft erinnern sich heute gegenüber der Rundschau noch an den „Hype“, an „Goldgräberstimmung“.

Der Kölner Wirtschaftsdezernent Norbert Walter-Borjans (SPD) war seinerzeit „überzeugt, dass die Ansiedlung von Microsoft erst der Anfang war und sich dort ein lebendiger Software-Campus entwickeln wird“. Von einem „Silicon Valley Light“ in Köln war die Rede in Anlehnung an die legendäre Gedankenschmiede in den USA – doch die Pläne sind Pläne geblieben.

nab190515_Microsoft_10

Wie bei Oma: Die großzügigen neuen Räume im Retro-Look.

Die Frage nach dem Warum kann auch der Kölner Microsoft-Niederlassungsleiter Christoph Stähn dieser Tage nicht so richtig beantworten, obwohl er von Anfang an dabei war, den Umzug nach Köln mitgemacht hat. „Das ist eine gute Frage, das hat sich mit der Zeit zerschlagen“, sagt Stähn. Und Michael Josipovic, langjähriger stellvertretender Chef der Kölner Wirtschaftsförderung, sagt: „Die Idee ist nicht so ganz aufgegangen.“

nab190515_Microsoft_06

Wie bei Oma: Die großzügigen neuen Räume im Retro-Look.

Tatsächlich hat die Microsoft Deutschland Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ihre Deutschland-Zentrale eben in München, dort befindet sich auch die „Advanced Technology Labs Europe“ mit den Forschungsschwerpunkten IT-Sicherheit, Datenschutz, Mobilität, mobile Anwendungen und Web-Services. Köln ist nur die Nummer zwei in Deutschland, weitere Standorte sind Stuttgart, Hamburg, Frankfurt, Berlin und Walldorf. Vom Rheinauhafen aus betreut Microsoft Groß- und Mittelstandskunden. Vor gut zwei Jahren gab es laut Stähn sogar Überlegungen, etwas an den Standorten zu verändern, doch das zerschlug sich. „Wir halten an den großen Standorten fest“, sagt Stähn.

Das Beispiel Microsoft taugt gut, um zu zeigen, welche Hoffnungen mit einem solchen „Big Player“ und einem städtebaulichen Projekt verbunden sind – und was letztlich am Ende daraus geworden ist. Einst sollten mal bis zu drei weitere Gebäude mit 40 000 Quadratmetern Bürofläche rund um die Niederlassung wachsen, etwa direkt an der Severinsbrücke. Doch dort steht nun der „Campus West“, die Heimat des Bauriesen „Bauwens“.

Microsoft schmückt Köln

Trotzdem schmückt der Name Microsoft den Standort Köln, Josipovic spricht von einem „Kleinod“. Laut der Marken-Studie BrandZ ist das Unternehmen die viertwertvollste Marke der Welt mit 201 Milliarden US-Dollar. Gerade hat das Unternehmen seine Räume im Rheinauhafen umgestaltet, teils nach Veedeln benannt. Es gibt nur noch 76 klassische Schreibtische, flexible Arbeitszonen- und -zeiten. Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) sagt: „Microsofts Neustart zeigt, dass Köln auch von Big Playern in der Digitalindustrie als Standort mit großem Zukunftspotenzial wahrgenommen wird.“

Microsoft in Deutschland

1983 hat sich die Microsoft Deutschland GmbH als Tochtergesellschaft der Microsoft Corporation gegründet. Laut Unternehmen ist die Corporation der weltweit führende Hersteller von Standardsoftware, Services und Lösungen. Im Geschäftsjahr 2018 betrug der Umsatz 110,36 Milliarden Dollar. Neben München hat Microsoft sechs Regionalbüros und beschäftigt 2700 Mitarbeiter. (mhe)

Es ist eben nur alles viel kleiner geraten, das Versprechen erfüllte sich nur teils. Weniger Hype, mehr Realität. Von einst vier genutzten Etagen sind laut Stähn noch zwei übrig, auf denen die rund 430 Mitarbeiter arbeiten – das Firmenlogo prangt aber noch am Haus, das zwei Türme per Brücke verbindet.

Von zwölf Partnerfirmen im Gebäude sind noch fünf übrig, weitere verteilen sich auf die Neubauten in der Nähe, etwa den „Campus Süd“. Doch von einem „Silicon Valley Light“ ist das weit entfernt. Im Südturm befindet sich unter anderem BOS Büro- und Raumausstattung, im Nordturm die Gesellschaft für Kreditversicherungsservice, so weisen es die Schilder aus. Das Restaurant im Erdgeschoss hat Besitzer Swiss Life geschlossen und in Büros umgewandelt. Das Gebäude ist trotz Microsofts Verkleinerung auf zwei Etagen komplett vermietet – Büroräume sind rar, die Leerstandsquote liegt unter drei Prozent in Köln, alles unter fünf Prozent gilt als kritisch. Die Quote misst die Zahl der leerstehenden Büros in Bezug zum Büroflächenbestand.

Schon 2009 stellte der damalige Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) „bedingt durch die Prominenz des Ankermieters vom ersten Tag an breite öffentliche Aufmerksamkeit“ fest. Zumindest das hat sich nicht verändert, wie Rekers Besuch zur Neueröffnung zeigt.