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Auf InstagramDarum sind diese beiden Kölner Pflegekräfte im Netz aktiv

Lesezeit 5 Minuten
Zwei Pflegekräfte stehen vor Geräten auf der Intensivstation

Die Fachpflegekräfte Dominik Stark (l.) und Özcan Yakut engagieren sich berufspolitisch - und in den sozialen Medien.

Der Pflegeberuf hat es schwer - auch bei der Wirkung in der Öffentlichkeit. Das wollen zwei junge Fachkräfte aus Köln ändern.

Dominik Stark, „dom_stark91“: Manchmal wird Dominik Stark als „Pflege-Influencer“ zu Vorträgen oder in Talkrunden eingeladen. „Die Bezeichnung mag ich gar nicht so gerne. Ich sehe mich eher als Aktivist“, sagt der 31-Jährige. Sein Beruf: Fachkrankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie an der Uniklinik Köln. Nach der Arbeit ist er im Internet aktiv. Bei Instagram und Facebook folgen dem Krankenpfleger rund 15.000 Menschen.

Geboren wurde Stark in Berlin, aufgewachsen ist er in Dortmund. Nach einem Jahrespraktikum im Krankenhaus kam er 2014 für die Pflegeausbildung an die Kölner Uniklinik. Heute arbeitet er in einem spannenden Wechselmodell: Einen Monat wird er auf der Intensivstation eingesetzt, im nächsten in der Zentralen Notaufnahme. Ab Oktober wird er außerdem als Praxisanleiter Schüler und Praktikanten ausbilden.

Handy bleibt während der Arbeitszeit aus

In der Notaufnahme triagiert er die Patienten, ordnet sie also nach ihrer Dringlichkeit. Auf der Intensivstation betreut er schwer krebskranke Menschen - und begleitet sie auch oft in den Tod. Situationen aus seiner täglichen Arbeit greift Dominik Stark auch in den sozialen Medien auf, stellt seinen Followern Fragen oder holt Stimmungsbilder ein.

Während der Arbeitszeit bleibt das Handy allerdings aus. „Ich recherchiere, schreibe und filme zu Hause“, erzählt Stark über sein Engagement in den sozialen Medien und sagt über seine Motivation: „Ich wollte immer zeigen, was wir für einen tollen Beruf machen und möglichst realistisch darüber sprechen. Und natürlich junge Menschen motivieren, in die Pflege zu kommen und dort auch zu bleiben.“

Viele wissen gar nicht, was wir täglich machen. Pflege ist kein Assistenzberuf, sondern ein Heilberuf.
Dominik Stark, Fachkrankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie an der Uniklinik Köln

Bekannt wurde Stark einem größeren Publikum nach der Dokumentation „Pflege ist #NichtSelbstverständlich“, eine von den Moderatoren Joko und Klaas ins Leben gerufene Doku über den Pflegenotstand, die sieben Stunden am Stück bei Prosieben ausgestrahlt wurde und damit 2021 den deutschen Fernsehpreis gewann. Stark war in einer Videobotschaft zu sehen. „Viele wissen gar nicht, was wir täglich machen. Pflege ist kein Assistenzberuf, sondern ein Heilberuf“, sagt Stark. Unter seinen „Followern“ sind viele Pflegekräfte und Rettungssanitäter, der Austausch sei sehr besonders. Von der Initiative Kampagne „Herz & Mut“wurde er kürzlich als Deutschlands „Pfleger des Jahres 2023“ auf den dritten Platz gewählt.

Stark kritisiert Gesetzesgebungen ohne Expertise

Weiter engagiert sich Stark seit der Ausbildung auch berufspolitisch, zuerst in der Jugendausbildungsvertetung, dann in der Gewerkschaft Verdi und als Vorstandsmitglied in der Pflegekammer. „Ich möchte nicht meckern und jammern, sondern wirklich etwas verändern“, sagt Stark. „Wenn wir uns als Pflege-Community zusammenschließen, können wir viel erreichen.“ Denn Themen gibt es viele.

Ein großes Problem der Pflege sei etwa, dass Gesetzesgebungen ohne Expertise aus der Pflege getroffen werden. „Pflege muss nicht nur ein Beratungs-, sondern auch ein Mitentscheidungsrecht haben.“ Gewerkschaftlich sei die Branche nicht gut organisiert, rund 240.000 Pflegekräfte gebe es in NRW - nur wenige sind berufspolitisch engagiert „Auf politischer Ebene müssen wir viel mehr Druck machen.“


Özcan Yakut, „Icu.for.you“: „Ich will nicht im Meckerland versinken.“ Özcan Yakut hat sich zur Aufgabe gemacht, das Klagen über Missstände im Beruf nicht in den Vordergrund zu stellen. Stattdessen zeigt er die schönen, anspruchsvollen und besonderen Momente des Pflegeberufs - und das ganz öffentlich. Zusammen mit einer Kollegin hat er den Instagramkanal „Icu.for.you“ ins Leben gerufen, der die pflegerische Arbeit auf der Intensivstation des Heilig Geist Krankenhauses (HGK) zeigt.

Dort, in Longerich, wurde Özcan Yakut 1988 selbst geboren. Sein damaliger Deutschlehrer auf der Hauptschule sei der Meinung gewesen, er werde „im Leben nichts erreichen“, so Yakut. „Das war für mich ein Ansporn. Ich habe gedacht: Dem zeige ich, was ich kann.“ Der heute 34-Jährige holte sein Fachabitur nach, studierte zuerst Informatik und schwenkte dann um auf pharmazeutische Chemie.

Krankheit seines Vaters prägte Yakut

Gleichzeitig fing er 2010 als Pflegehelfer im HGK an. „Das Interesse am Pflegeberuf hat sich bei mir schon in jungen Jahren entwickelt“, erzählt Yakut. Leider durch einen traurigen Hintergrund: Sein Vater erkrankte an Darmkrebs, als er in der Grundschule war. „Ich habe viel Zeit im Krankenhaus verbracht.“ Später litten auch beide Schwestern an der gleichen Krankheit. „Das hat mich geprägt. Ich wusste, ich möchte einfach helfen.“

Ich will nicht im Meckerland versinken.
Özcan Yakut, pflegt auch den Instagramkanal der Intensivstation am Heilig Geist-Krankenhaus

Nach der Pflegeausbildung arbeitete er zunächst auf der Internistischen Station und wechselte dann auf die Intensivstation, ließ sich zum Fachintensivpfleger weiterbilden. Durch Weiterbildungen als Hygienebeauftragter und Praxisanleiter schult er nun selbst angehende Pflegekräfte und Praktikanten. „Es ist ein typisches Vorurteil, dass man keine Karriere in der Pflege machen kann“, sagt er.

„Newcomer“ erhielt NRW-Pflegepreis

Auf dem Instagramkanal der Intensivstation zeigt er seit Januar 2022, wie herausfordernd die Arbeit für Pflegekräfte dort ist. Viele technische Geräte müssen dort bedient werden, ihre Funktionsweisen sind zum Teil komplex, ebenso wie die medizinischen Therapien.

In den sozialen Medien aktiv zu werden, hatte einen einfachen Grund: „Der Pflegeberuf wird zum Teil sehr negativ dargestellt“, so Yakut. „Wenn ich aber über ein Problem meckere, dann muss ich auch versuchen, es zu lösen.“ Das ist seine Einstellung und er engagiert sich selbst für seinen Job: In der Kategorie „Newcomer“ erhielt Özcan Yakut für besondere Sichtbarkeit und großen Einsatz in der jüngeren Berufspolitik im Mai den Pflegepreis NRW. „Das motiviert mich, weiterzumachen und mich weiter berufspolitisch zu engagieren“, so Yakut.

Andere Pflegekräfte, Ärzte, Patienten und Angehörige sind die Zielgruppe des Kanals. Medizinische Zusammenhänge werden in kurzen Sequenzen einfach erklärt, etwa wie eine Dialyse funktioniert. Auch der Humor fehlt dabei nicht. Unterstützt wird Yakut dabei auch von seinem Team und seinem Arbeitgeber, der ihm den Freiraum gebe, diese Arbeit noch nebenbei zu machen.