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Kölner ArchiveinsturzAm Waidmarkt steht eine große Veränderung an

Lesezeit 4 Minuten

Freier Blick an der Baustelle auf dem Waidmarkt.

Seit 15 Jahren besteht die Wunde der Archiveinsturzstelle am Waidmarkt. Doch für die Anwohner verändert sich nun etwas ganz Wesentliches.

Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) machen den Deckel drauf. Auf den Waidmarkt. Was natürlich nicht heißt, dass die Sanierung der nunmehr seit 15 Jahren bestehenden Archiveinsturzstelle abgeschlossen wird. Dennoch verändert sich die „offene Wunde“ in der Südstadt zurzeit markant. Die Schallschutzwand ist teilweise bereits abgebaut, die Baugrube in einigen Bereichen schon abgedeckt. Auf Nachfrage wollen sich die KVB zur der Entwicklung nicht äußern. Es werde in Kürze eine Mitteilung dazu geben. Aber die von dem Betrieb in regelmäßigen Abständen herausgegebenen „Baustellinfo“ geben bereits einen Überblick über die Arbeiten, mit denen für Anwohner und Passanten eine ganz neue Phase am Waidmarkt beginnt.

Kurz vor vollständiger Abdeckung

Die Archiveinsturzstelle mit ihrem Bauwerk für eine sogenannte Gleiswechselanlage steht kurz davor, vollständig abgedeckt zu werden. Damit werden die Zeiten vorbei sein, in denen die hohen, bedrückenden Schallschutzelemente das Bild am Waidmarkt bestimmten. Davon besonders betroffen war die Betreiberin der Gaststätte „Papa Rudis“. Das Lokal verschwand förmlich hinter den Wänden. Die Existenz konnte laut der Betreiberin nur durch die Solidarität der Nachbarschaft gesichert werden. Und jetzt? Der Blick ist wieder frei auf Papa Rudis.

Das Gleiswechselbauwerk ist Teil der Nord-Süd Stadtbahntrasse. Rund 20 Meter unter dem Waidmarkt sollte es den KVB ermöglichen, dass die Bahnen dort auf ein Ausweichgleis wechseln können. Wichtig wird das vor allem, wenn eine Bahn im Tunnel wegen eines technischen Defekts liegen bleibt. Doch das Bauwerk in drei Ebenen – die unterste mit der Gleisanlage, die mittlere mit einem Technikraum und ein darüber liegender Freiraum – wurde nie vollständig fertiggestellt. Beim Gießen der Betonaußenwände unterlief den Baufirmen ein katastrophaler Fehler. Jedenfalls kam das Landgericht Köln zu dieser Einschätzung. Ein Findling im Erdreich wurde nicht entfernt. Die über ihn gegossene Außenwand des Gleiswechselbauwerks war damit schadhaft. Grundwasser konnte eindringen, unterspülte das Erdreich. In das so entstandene Loch stürzte am 3. März 2009 das Stadtarchiv. Die wohl größte Katastrophe in Kölns Nachkriegsgeschichte.

Die Stadt Köln und die Baufirmen einigten sich nach jahrelangem Prozess, dass die Baufirmen die Sanierung des durch den Einsturz und die Stabilisierungsmaßnahmen beschädigten Rohbaus unter dem Waidmarkt sowie seine Fertigstellung auf eigene Kosten übernehmen. Zudem zahlte die Arbeitsgemeinschaft 600 Millionen Euro an die Stadt.

Kopfbalken wurde gegossen

Was nun im Zuge der Sanierungsarbeiten geschah, ist, dass die Baufirmen auf den obersten Rand des Gleiswechselbauwerks einen sogenannten Kopfbalken aus Beton gegossen haben. Auf diesem Balken werden die äußeren Ränder der Betonplatten gelegt, die die Baustelle zukünftig abdecken sollen. Da es sich nicht um eine große Betonplatte für das gesamte Bauwerk, sondern um einzelne Elemente, Carrees, handelt, wurden zudem „Querstreifen“ gegossen und Stahlträger aufgelegt. Insgesamt wurde für diese Maßnahme laut KVB 650 Kubikmeter Beton mit 80 Betonmischern angefahren. Zudem wurde um das Bauwerk herum noch eine sogenannte Kammerwand gegossen. Eine weitere Betonwand, die das Gebäude zusätzlich stabilisieren soll. Zusätzlich werden Stahlaussteifungen in dessen Betonwände eingelassen. Dazu sind rund 2000 Bohrungen bis hinunter zu der untersten Ebene notwendig.

2000 Bohrungen

In einer „Baustelleninfo“ vom 21. Oktober meldet der Verkehrsbetrieb, die Betonarbeiten für den Kopfbalken und die Kammerwand seien am 8. Oktober planmäßig abgeschlossen worden. Von den 2000 Bohrungen seien rund 1500 schon „bis zur Endtiefe durchgeführt“. Nun würden die Stahlträger geliefert. Die Fertigteilplatten zur Abdeckung sollen demnach ab Ende November geliefert und direkt verlegt werden. Aber bereits jetzt sind auf der Baugrube am Waidmarkt Abdeckungen zu sehen. Laut einer früheren Info des Betriebs, werde die Baugrube um den Jahreswechsel herum vollständig abgedeckt sein.

Lediglich ein kleiner Zugang zu dem Gleiswechselbauwerk wird frei bleiben, damit die Arbeiten unter der Abdeckung weiter laufen können. Für die Anwohner bedeutet das, der Blick über den Waidmarkt wird wieder frei. Der Baulärm wird durch die Abdeckung deutlich reduziert. Auch kann wieder Verkehr an der Einsturzstelle vorbei fließen. Da aber immer wieder mal ein Kran aufgestellt werden muss, um die Baustelle durch die Luke zu beschicken, und dadurch die Strecke nicht permanent frei sein wird, wird es vorerst bei Radverkehr bleiben. Unter dem „Deckel“ wird die Sanierung des Gleiswechselbauwerks weiter vorangetrieben. Da die Decken zwischen den Ebenen erneuert werden müssen, wird das Bauwerke Ebene für Ebene mit Beton ausgesteift und die bestehenden Decken abgebrochen. Mit einer Gesamtfertigstellung von 2033 rechnet keiner mehr.