230 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Stadtverwaltung und Stadtgesellschaft trafen sich Aschermittwoch über den Dächern von Köln, um Konzepte für die Zukunft der Wirtschaft zu beraten.
Kölner KaterfrühstückRatsfraktionen stellen sich den Fragen der Wirtschaft

Die Fraktionsvorsitzenden aus dem Kölner Stadtrat beim Katerfrühstück (v.l.n.r.): Güldane Tokyürek (Linke), Christian Joisten (SPD), Christiane Martin (Grüne), Bernd Petelkau (CDU), Jennifer Glashagen (Volt) und Volker Görzel (FDP).
Copyright: Meike Böschemeyer
Nach der Bundestagswahl ist vor der Kommunalwahl: Das traditionelle Katerfrühstück von Arbeitgeber Köln und Netcologne stand ganz im Zeichen der (wirtschafts-)politischen Herausforderungen, die Köln in den kommenden Monaten und Jahren zu bewältigen hat.
Die „schönste After-Show-Party des Karnevals“, wie der Geschäftsführer von Netcologne, Timo von Lepel die Zusammenkunft nannte, verband er mit der Hoffnung, dass die Stadt bei den zu bewältigenden Aufgaben jetzt die gleiche Inbrunst an den Tage legen werde wie beim Karnevalfeiern. Der Vorstandsvorsitzende der Arbeitgeber Köln e.V., Gunnar Hermann, betonte: „Gemeinsam mit allen relevanten Akteuren möchten wir die Wirtschaft in unserer Region wieder in den Fokus stellen. Economy First -lautet das Gebot der Stunde.“
Wirtschaftspolitik bleibt Daueraufgabe
Henriette Reker, die zum letzten Mal in ihrer Funktion als Oberbürgermeisterin ein Grußwort sprach, räumte ein, dass Deutschland nur mit einer starken Wirtschaft im Rücken, in der „Weltunordnung bestehen wird“, und dass es da Luft nach oben gebe. Für Köln fiel ihre Bilanz nicht so schlecht aus: Erfolgreiche Ansiedlungspolitik mit 70 neuen Start-ups, Stabilisierung des Versicherungsstandortes, Ausbau des Forschungsstandortes und nicht zuletzt das internationale Geschäft der Kölnmesse - das alles sei eine „gute Ausgangslage für weiteren wirtschaftlichen Erfolg“, auch wenn es eine Daueraufgabe bleibe.
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Auch die Reform der Verwaltung schreite voran, so Reker. Nach München und Hamburg liege Köln in Sachen Digitalisierung auf Platz drei. „Unsere Baugenehmigungsverfahren sind digitalisiert“, beschwor sie, „wir müssen nur noch die Architekten und Bauherren davon überzeugen, alles digital einzureichen.“
Handlungsbedarf und unterschiedliche Auffassungen gibt es dennoch genug. Das wurde in der anschließenden Diskussion unter dem Motto: „Starke Wirtschaft. Starkes Köln: Nit schwaade - maache!“ deutlich. Die Fraktionsvorsitzenden von Grünen, CDU, SPD, Linke, FDP und Volt bezogen Stellung zu Handlungsempfehlungen, die eine von den Stadtwerken Köln, den Arbeitgebern Köln, der Wirtschaftsförderung Köln Business und weiteren Unternehmen in Auftrag gegebene Studie im vergangenen November offenbart hatte. Alle Fraktionen waren sich einig, dass Ansiedlungspolitik und Flächenausbau ebenso vorangetrieben werden müsse wie die Verbesserung der Infrastruktur.
Militärprojekte ansiedeln
Bernd Petelkau (CDU) warb angesichts der gerade von CDU und SPD im Bund in Aussicht gestellten Sondervermögen, Köln möge dies nutzen für die Sanierung der Infrastruktur und neue Industriekompetenz. „Wir könnten Militärprojekte ansiedeln, Arbeitskräfte für diese Aufgaben einsetzen, die hier verfügbar wären.“ Während die Fraktionsvorsitzende der Linke, Güldane Tokyürek, sich für Gewerbesteuererhöhungen aussprach, lehnte Petelkau diese ab. Er mahnte zudem, die internen Verwaltungsprozesse müssten noch „brutaler“ optimiert werden. Christian Joisten (SPD) kritisierte, dass „4000 gut bezahlte Menschen Köln verlassen haben, weil sie keine Wohnung gefunden haben“.
Christiane Martin (Grüne) machte sich stark für alternative Mobilität und Energieversorgung, die längst im Einklang mit der Wirtschaft stehe. Selbst Ford habe in einem Schreiben an sie darum gebeten, dass das Windkraftprojekt der Rheinenergie im Norden realisiert werden sollte. „Es ist wichtig für Köln als Pionierstandort.“ Möglicherweise ließen sich ja auch Gewinne aus Beteiligungen wieder in den Stadtteil Chorweiler stecken.
Optimierungsbedarf sah Volker Görzel (FDP) beim Thema Image und Attraktivität des Standorts Köln sowie bei der Mobilität. „Wir brauchen die unterirdische Ost-West-Achse, um die Innenstadt zu verschönern und die Verbindungen zu optimieren.“
Und Jennifer Glashagen (Volt) legte angesichts knapper Kassen Wert auf den Ausbau der regionalen Zusammenarbeit, wie es auch die Studie herausgearbeitet hat. Dass die Idee der Metropolregion bisher nicht funktioniert habe, habe sie „sehr enttäuscht“.
Kölner klagen über Vermüllung und ÖPNV
Auf 280 Seiten bildet die Studie „Starke Wirtschaft. Starkes Köln“ ab, wo es Innovationsbedarfe und Wachstumspotenziale gibt. „Die Studie zeigt, wie wichtig eine wettbewerbsfähige und zukunftssichere Wirtschaft für den allgemeinen Wohlstand in Köln ist“, so Timo von Lepel. Eine auf dem Katerfrühstück präsentierte Straßenumfrage unterstrich eindrücklich, wie sehr sich die Kölnerinnen und Kölnern um ihre Heimatstadt sorgen, wenngleich die Wirtschaft dabei nicht die erste Geige spielte: Desaströser ÖPNV, Vermüllung, desolate Plätze, mangelnde Sicherheit, Drogenproblematik, zu hohe Mieten, zu wenig soziale Teilhabe, zu wenig Geld für soziokulturelle Projekte waren die Topthemen der Befragten.