Vor dem Elften Elften nehmen Stadt und Polizei auch die Schulen und Eltern in die Verantwortung - Minimale Veränderungen am Sicherheitskonzept
Karneval Zülpicher StraßeStadt und Polizei rücken Jugendschutz in Fokus - „So etwas gilt es zu vermeiden“
Dass der Polizeipräsident bei der Vorstellung des Sicherheitskonzepts für den Sessionsauftakt so deutlich wird, ist neu. In der öffentlichen Einschätzung zur Entwicklung der Karnevalsfeiern im Zülpicher Viertel hatte die Polizei sich in den vergangenen Jahren eher zurückgehalten. Das ändert sich nun offenbar. Johannes Hermanns spricht die Missstände nicht in einem Nebensatz, sondern ganz bewusst und gleich zu Beginn seiner Ausführungen an. „Wir alle kennen die Bilder von exzessiv sich betrinkenden Kindern und Jugendlichen, die schon morgens unsere Hotspots anlaufen. Viele von ihnen kennen ihre Grenzen nicht.“ Es gebe einige, die unter starkem Alkoholeinfluss Opfer schwerer und schwerster Straftaten werden oder selbst so über die Stränge schlagen, dass die Einsatzkräfte sie zur Verhinderung von Straftaten in Gewahrsam nehmen müssten. Einsatzleiter Frank Wißbaum wird sogar noch konkreter und berichtet von einem „volltrunkenen 13-Jährigen“, den die Polizei im vergangenen Jahr bereits um 9.05 Uhr in der „Gosse der Zülpicher Straße“ gefunden habe. „So etwas gilt es zu verhindern“, sagt Wißbaum.
Karneval in Köln: Mehr Jugendschutz als je zuvor
Deshalb rücken Stadt und Polizei den Jugendschutz vor dem Elften Elften, an dem erneut zehntausende junge Feiernde im Zülpicher Viertel erwartet werden, so stark in den Vordergrund wie nie zuvor. „Wir haben schon immer sehr viel in den Jugendschutz investiert“, sagt Stadtdirektorin Andrea Blome. „Aber es ist erforderlich, sowohl in der Kommunikation als auch in den Maßnahmen deutlicher zu werden.“ Neben 14 Streetworkern sind am Elften Elften erstmals 50 pädagogische Mitarbeitende des Jugendamts im Einsatz. Ihre Aufgabe: Hilfsbedürftige oder durch Alkohol- oder Drogenkonsum auffallende Minderjährige ausfindig machen und deren Eltern kontaktieren.
Karneval auf der Zülpicher Straße: Appell an Schulen und Eltern
Neben präventiven Maßnahmen des Ordnungsamts, das Gewerbetreibende vor dem Elften Elften aufklärt, werden auch die Schulen mit einbezogen. „Wir möchten dem falschen Verständnis einiger Schülerinnen und Schüler zu ihrer Schulpflicht an den Karnevalstagen entgegentreten“, erklärt Jugenddezernent Robert Voigtsberger. Die Schulen in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf seien von der Schulaufsicht aufgefordert worden, bis 12 Uhr verpflichtende Veranstaltungen durchzuführen. Schüler, die den Ordnungsbehörden bereits vormittags auffielen, würden den Schulen gemeldet. Die Maßnahme könnte Auswirkungen auf den Tagesverlauf auf der Zülpicher Straße haben – möglicherweise könnte der große Ansturm der Minderjährigen erst ab dem Mittag erfolgen. Auch den Eltern widmet sich die Stadt verstärkt. Der mehrsprachige Elternratgeber „11er-Rat“ gibt Tipps für Eltern im Karneval. Darin heißt es unter anderem: „Zögern Sie den Konsum von Alkohol möglichst lange hinaus“, „Setzen Sie klare Grenzen“ oder: „Bleiben Sie ruhig, wenn ihr Kind betrunken nach Hause kommt.“ Alle Bemühungen zum Jugendschutz fasst die Stadt unter dem Slogan „Jeck sein statt weg sein“ zusammen. Die Kampagne soll die Zielgruppe auch über die sozialen Medien erreichen.
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Waffenverbotszone soll ausgeweitet werden
Die Polizei will am 11.11. die Waffenverbotszone in der Innenstadt zeitlich und räumlich ausweiten. Anlasslose Kontrollen sind in in den Waffenverbotszonen auf den Ringen und auf der Zülpicher Straße aktuell erst ab 20 Uhr zulässig. Zum Sessionsauftakt würde die Polizei Kontrollen dieser Art gerne schon ab vormittags durchführen. Auch auf der Uniwiese soll das Waffenverbot gelten. In Waffenverbotszonen dürfen Messer bereits ab vier Zentimeter Klingenlänge beschlagnahmt werden. „Wer feiern will, braucht kein Messer“, sagt Polizeipräsident Hermanns. Das gelte auch für Messer-Attrappen oder andere gefährliche Gegenstände als Teil eines Kostüms. Die derzeitige Sicherheitslage sei geprägt von der Eskalation im Nahen Osten, sagt Hermanns. „Aktuell stellen wir zunehmenden Antisemitismus fest. Das darf in Köln und im Karneval keinen Raum haben.“ Die Synagoge an der Roonstraße werde deshalb von der Polizei genauso geschützt wie im vergangenen Jahr am Elften Elften.
Zülpicher Straße wird erneut zum Sperrgebiet
Um die Massen - so gut es geht – in den Griff zu bekommen, verwandelt sich das Zülpicher Viertel erneut in eine Art Sperrzone. Zugänge gibt es lediglich im Bereich der Unimensa und auf der Roonstraße. Sobald die Zülpicher Straße voll ist, schließen Stadt und Polizei die Zugänge. Feiernde, die nicht mehr auf die Straße passen, werden auf die Ausweichfläche auf der Uniwiese geleitet.
Ausweichfläche soll weniger attraktiv sein
Seit dem Straßenkarneval 2023 ist diese Fläche fester Bestandteil des städtischen Sicherheitskonzepts. Bodenplatten sollen die Wiese vor größeren Schäden bewahren. Das Konzept sei zur Gefahrenabwehr weiterhin „zwingend erforderlich“, sagt Blome. Im Vergleich zum Straßenkarneval wird es zum Sessionsstart einige Veränderungen geben. „Die Fläche wird weniger attraktiv sein. Es wird keinen DJ geben und auch keine alkoholischen Getränke“, sagt eine Stadtsprecherin. Zudem werde die Fläche um rund 15 Prozent verkleinert. Der kleinere Teil nördlich der Zülpicher Straße fällt weg. Große Teile der Uniwiese werden genauso wie die Parkflächen am Aachener Weiher umzäunt. Vor allem am Elften Elften des Vorjahres hatten sich die Feiernden aufgrund des großen Andrangs bis in den Hiroshima-Nagasaki-Park ausgebreitet.