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Ansturm aufs ZülpicherKölns Studentenviertel gerät an sein Limit

Lesezeit 3 Minuten
Der Zugang zur Zülpicher Straße wurde gesperrt.

Der Zugang zur Zülpicher Straße wurde gesperrt.

Anwohner mussten teils lange warten, um nach Hause zu kommen. Dabei sollte das Konzept doch eigentlich genau sie entlasten.

Eintrittskarten, Stempel oder QR-Codes halten die Feiernden dem sogenannten Anlieger-Service vor die Nase. „Es ist ein großes Chaos“, sagt eine Mitarbeiterin in einer lila Weste. Da den Überblick zu bewahren, ist keine leichte Aufgabe. In den Seitenstraßen der Zülpicher Straße bekommen nur die Anwohnenden selbst oder Besucher mit Kneipentickets Zugang.

Doch das ist auch eine Zumutung für die Anwohnenden, die von außen in die Sperrzone müssen. Denn nicht nur die Berechtigten sondern auch Feiernde versuchen auf diesem Wege auf die Zülpicher Straße zu kommen. Für die Anwohnenden heißt es dadurch: Lange Warten.

Andrang am Bahnhof: Am frühen Abend strömten viele Besucher zu Fuß zum Hauptbahnhof.

Andrang am Bahnhof: Am frühen Abend strömten viele Besucher zu Fuß zum Hauptbahnhof.

Trotzdem hat sich die Situation in den Seitenstraßen in Teilen verbessert. Deutlich weniger Schnapsleichen als sonst liegen hier. Vereinzelt gibt es noch Wildpinkler, aber auch deren Anzahl ist deutlich gesunken.

Lisa N. und ihre Piraten-Freunde haben es durch den offiziellen Eingang geschafft und die Zülpicher Straße vor 11.11 Uhr erobert. Gerade eben so, denn es ist 11.09 Uhr. Hinter der letzten Schleuse stoßen sie mit Plastikpinnchen an, die an einer Kette um ihre Hälse baumeln. Darin ein giftig aussehendes grünes Getränk.

„Kölle Alaaf und Ahoi“, rufen sie, dann wird der Schnaps runtergekippt. Die Gruppe ist aus dem Sauerland angereist. Als der Countdown runtergezählt wird, laufen sie in die Menge. Sie wollen mittendrin sein. Die Masse, hauptsächlich Jugendliche und junge Erwachsene, jubelt um Punkt 11.11 Uhr. Doch statt Karnevalsliedern tönt hier zunächst Technomusik aus den lautesten Boxen.

Lavinia P. und ihre Freundinnen, die im Feen-Kostüm gekommen sind, gehören vorerst zu den letzten, die die Feiermeile betreten dürfen. „Es ist alles viel zu dicht, und die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Massenpanik kommt, ist viel höher“, kritisieren sie das Konzept, bei dem es nur einen Eingang gibt. Die drei Kölnerinnen haben sich in anderen Jahren mit mehr Ausgängen wohler gefühlt. Im Rahmen des Sicherheitskonzeptes werden aber ab etwa 12 Uhr keine Feiernden mehr auf die Zülpicher Straße gelassen, weil es bereits zu voll ist. Die, die vorne stehen werden umgeleitet auf den Zülpicher Wall.

Die Gruppe um Steffen Pütz hat dem vorgesorgt. Mit einem aus Sperrmüll gebauten Wagen, auf dem Boxen verbaut sind, laufen sie über den Grüngürtel und sorgen für gute Stimmung. Auch die Menschen, die weiter hinten in einer Schleuse neben den Uniwiesen stehen, werden von der Polizei aufgefordert, woanders zu feiern. „Die Zülpicher Straße ist und bleibt geschlossen“, tönt es entlang der Wartezonen immer wieder aus den Lautsprechern der Polizeiwagen. Doch woanders hinzukommen ist inzwischen gar nicht mehr so einfach. Mehrere Straßenbahnlinien fahren nicht mehr in den Bereich, weil es so voll ist und Bauzäune umgerissen wurden. Weitere Bahnen wurden wegen Gleisläufern eingestellt.

Im Netz entfacht sich eine wilde Debatte um den Nicht-Betrieb der Kölner Verkehrs-Betriebe. Auf die Nachfrage einer KVB-Kundin, wie sie nun vom Barbarossaplatz nach Ossendorf kommen solle, twittert die KVB: „Im Zweifel zu Fuß“. Aber auch die Möglichkeiten eines KVB-Rades , E-Scooter oder Taxi werden genannt. Es gibt im Netz teilweise heftige Kritik an der KVB an der Einstellung des Betriebes in der Innenstadt.

Weil die Jecken nicht mehr mit der Bahn ins Zülpicher Viertel fahren konnten und sie nicht laufen wollten, verlagerten Hunderte das Feiern auf den Bahnhofsvorplatz. Schnell war ein Flaschenmeer entstanden, es gab Wildpinkler, Menschen erbrachen sich, es ging drunter und drüber.

Die Uniwiesen und der Bereich um den Aachener Weiher füllen sich am Nachmittag. Im Sonnenschein lassen sich die Feiernden die gute Laune nicht nehmen, obwohl es in der Stadt so chaotisch zugeht.