Der organisierte Karneval feiert in dieser Session 200-jähriges Jubiläum. Das Festkomitee lud zur Gala in der Flora und präsentierte eine musikalische Zeitreise durch zwei Jahrhunderte.
200 Jahre Kölner KarnevalMusikalische Zeitreise des Festkomitees durch zwei Jahrhunderte
Das, was heute „Ohohoho“, „Döp Döp Döp“ oder „Schalala“ ist, war vor 200 Jahren „Tirallala“. Der Refrain des ersten Kölner Karnevalsliedes überhaupt, gedichtet auf die sogenannte „Cölner Melodie“, lädt intoniert von der schnell zum Mitsingen ein. Er besteht schlicht und ergreifend nur aus „Tirallalas“. Die Hymne auf die Thronbesteigung des ersten „Held Carneval“, Vorgänger des heutigen Prinzen, ist die Einleitung einer musikalischen Geschichtsstunde der besonderen Art. In der Flora feierte das Festkomitee am Freitagabend mit geladenen Gästen eine Zeitreise durch 200 Jahre Kölner Karneval.
Mit einem gelungenen Kniff erweckt das Festkomitee die Historie des Kölner Karnevals zum Leben. Die Legenden früherer Zeiten und andere Akteure stehen nämlich tatsächlich in der Flora auf der Bühne. Gespielt jeweils von aktuellen Gesichtern des Fasteleers. Mike Hehn, besser bekannt als sein Redner-Alter-Ego „Dä Nubbel“, führt als Heinrich von Wittgenstein durch den Abend.
Als das alte Volksfest Karneval zu verrohen droht, ist von Wittgenstein einer der Männer, der alles daran setzt, den Karneval wieder in geordnete Bahnen zu lenken. 1823 ist er der erste Präsident des Festordnenden Comités, der Vorgängerorganisation des heutigen Festkomitees Kölner Karneval. „Unsere Aufgabe war es, dem kölschen Brauchtum zu Weltruhm zu verhelfen“, erklärt Hehn alias von Wittgenstein.
Damals wie an diesem Abend dabei: Die Jubilare der Helligen Knäächte un Mägde und der Roten Funken, eine Anspielung auf die Kölner Stadtsoldaten. „Was die am Gewehr nicht konnten, können sie am Glas“, kommentiert Hehn.
Karneval in Köln: Schunkeln mit Karl Berbuer
Für die zweiten 50 Jahre der musikalischen Reise stehen Thomas Cüpper (Et Klimpermännche) als Willi Ostermann und Wicky Junggeburth als Karl Berbuer gemeinsam mit dem Kohberg-Orchester, das den gesamten Abend begleitet, auf der Bühne. Junggeburth versetzt die geladenen Gäste mit einem 20 Jahre umfassenden Medley („Heidewitzka“, „Trizonesien“, „Campinglied“) schnell in Schunkelstimmung.
Schauspielerischer Höhepunkt ist dann der Auftritt von Jörg P. Weber, der schelmisch lachend mit einem Weinglas in der Hand die Bühne betritt. Weber mimt den skandalumwitterten Redner Horst Muys, der mit frivolen Texten und Witzen etwa über Prostitution und Homosexualität polarisierte, was 1968 sogar in einem zwischenzeitlichen Auftrittsverbot mündete.
Weber stellt als Meister des gepflegten Herrenwitzes aber auch den Bezug zur aktuellen Zeit her. Er malt sich aus, wie der Rosenmontagszug in gut drei Monaten über die Deutzer Brücker zieht. „Alle Mann über die Brücke, nur die Roten Funken, die überqueren den Rhein unter der Brücke.“ Ganz vorne: Funken-Präsident Heinz-Günther Hunold, der in Moses-Manier den Rhein teilt.
Ebenfalls zu den Roten Funken gehört Boris Müller. Der designierte Prinz im Dreigestirn stellt seine Entertainer-Qualitäten in der Rolle des Hans Hachenberg (Doof Nuss) unter Beweis und berichtet wie der legendäre Büttenredner in leicht trotteligem Auftreten von seinem Leben als jüngstes Kind einer Großfamilie. Die Rabaue erinnern als Eilemann-Trio in blauen Jacketts mit einem Medley („Eetz kütt er rut, rut, rut“, „Du alter Räuber“, Camelle us Cölle“) an eine der einflussreichsten Musiker des Kölner Karnevals.
Blick in die Zukunft mit den Kölner Musikern von Cat Ballou
In die Neuzeit des Kölner Karnevals führt Ken Reise alias Julie Voyage, die mit feuerroter Perücke in die Rolle der Motto-Queen Marie-Luise Nikuta schlüpft. Die Bläck Fööss, die über ein Viertel der 200 Jahre des Kölner Karnevals mitgeprägt haben, sorgen für den stimmungsvollen Höhepunkt des Abends und rühren einige der Gäste unter anderem mit dem Lied vom „Veedel“ und vom „Stammbaum“ zu Tränen.
Den Blick in die musikalische Zukunft verkörpern zum Abschluss die Jungs von Cat Ballou. Die fünf Musiker liefern den Beweis, dass die neuen Töne auch bei denen ankommen, die noch alle Texte des Eilmann-Trios, von Willi Ostermann oder Karl Berbuer mitsingen können. Ein gutes Zeichen für die Zukunft, findet auch Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn. „Wir haben die Kraft, das kölsche mit all seinen Facetten ins nächste Jahrhundert zu tragen.“