235, 7 – die Zahl ist trauriger Rekord für Köln. An keinem Tag seit Beginn der Pandemie war die Inzidenzzahl so hoch wie am gestrigen Freitag. Das Infektionsgeschehen sei „diffus“, heißt es beim Gesundheitsamt, größere Ausbrüche, so genannte Cluster, gebe es nicht. Alleine durch die Bürgertests werden täglich rund 100 Fälle bekannt, die keine Symptome zeigen. Der Krisenstab beriet gestern hauptsächlich über die Frage: Wie können die hohen Infektionszahlen gesenkt werden? Das Ergebnis: ein Festhalten an bestehenden Maßnahmen und ein beschleunigtes Impfen.
„Durchimpfen“ von stark betroffenen Stadtteilen
Der Krisenstab hat beim Land darum gebeten, die Impfreihenfolge für bestimmte Kölner Sozialräume aufzuheben. „Wir wollen dort impfen, wo das Infektionsgeschehen am Größten ist“, sagte Stadtsprecher Alexander Vogel. „Das geht natürlich nur mit einem Sonderkontingent an Impfstoff, um das wir das Land bereits gebeten haben.“ Als Beispiel nannte er das Saarland, wo die Priorisierung bei den Impfungen in der Grenzregion ebenfalls aufgehoben wurde.Die Stadt kann sich in Köln ein ähnliches Projekt als Modellversuch vorstellen. Stimmt Düsseldorf zu, so könnten bestimmte Sozialräume in Stadtteilen wie Vingst, Meschenich, Finkenberg, Chorweiler oder Kalk bald durchgeimpft werden: Mobile Impfteams sollen dann von Wohnblock zu Wohnblock gehen, begleitet von einer mehrsprachigen Aufklärungskampagne.
Die Initiative zur Untersuchung der Inzidenzen in den einzelnen Bezirken ging ursprünglich vom Fraunhofer-Institut aus, nun wurden die Zahlen von der Stadt aktualisiert. Bei der Impfung priorisiert werden sollen Gebiete mit besonders hoher Inzidenz und „besonderen Sozialstrukturen“. In Mülheim, Finkenberg, Meschenich, Kalk und Chorweiler hatte die Stadt kürzlich auch eigene Testzentren eingerichtet.
Der Krisenstab will die bisherigen Maßnahmen in Köln beibehalten. In seiner gestrigen Sitzung beschloss er, anders als es die Bundesnotbremse vorsieht, dass die Ausgangssperre in Köln weiter um 21 Uhr beginnt. Sport oder Spaziergänge danach sind also nicht möglich. Das Bundesgesetz sieht ab einer 7-Tage-Inzidenz von 100 ein Ausgangssperre ab 22 Uhr vor. „Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass die bedrohliche Lage in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen eine Lockerung der Regelungen aktuell nicht hergibt“, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
Ob die Ausgangssperre eine Wirkung zeige, sehe man in der kommenden Woche, so Alexander Vogel. Auch die Außenanlagen des Zoos müssen weiterhin geschlossen bleiben, anders als in anderen Kommunen. Im Einzelhandel wird es in Köln keine Sonderregelung für Buchhandlungen geben – hier gilt in Köln weiter „Click&Collect“. Friseursalons bleiben bei Vorlage eines negativen Schnelltests nach wie vor geöffnet. Das letzte Wort hat allerdings das Land NRW: Es muss entscheiden, ob Köln über das neue Bundesgesetz hinweg handeln darf. Bis zum Redaktionsschluss am Freitag war noch kein Ergebnis bekannt.
Notbetreuung in Schulen und Kitas
Ab einer Inzidenz von 165 müssen Schulen und Kitas schließen, so sieht es das neue Bundesgesetz vor. „Wir können die Regeln zwar verschärfen, aber wir können sie nicht lockern“, so Alexander Vogel. Daher bieten die Kitas ab Montag eine Notbetreuung bei Bedarf an, Schülerinnen und Schüler kehren in den Distanzunterricht zurück. Abschlussklassen werden weiter unterrichtet.
Impfzentrum in Deutz nicht ausgelastet
Die Stadt ruft die Jahrgänge ab 1951 erneut auf, ihre Impftermine im Impfzentrum wahrzunehmen. Viele warten auf die Impfung beim Hausarzt, so der Eindruck der Stadt. Freie Termine der Kassenärztlichen Vereinigung sollen bald auf das städtische Terminsystem umgeschichtet werden. Von der Kapazität her sind bis zu 7000 Impfungen täglich in Deutz möglich.
Obdachlose bekommen eine einmalige Impfung
Wohnungslose werden von der Stadt mit dem Impfstoff der Firma Johnson&Johnson geimpft. Das bestätigte Stadtsprecher Alexander Vogel auf Nachfrage. Der Impfstoff soll bald in „ausreichender Menge“ geliefert werden. Er habe den Vorteil, dass eine einzige Impfdosis für den vollen Impfschutz reiche. Die Stadt hatte Johnson&Johnson zunächst auch für Flüchtlinge vorgesehen, vom Land gab es dafür aber bisher kein grünes Licht.