Köln – Daniel Dickopf (46) gründete einst mit Schulfreunden Wise Guys. Nach 25 Jahren wird nun Schluss sein. Er spricht über die Band-Auflösung, neue Herausforderungen und seine Hoffnung auf ein harmonisches Ende. Mit ihm unterhielt sich Thorsten Moeck.
Fühlen Sie sich noch als Wise Guy oder schon als alter Bekannter, so wird ja Ihre neue Band heißen?
Gedanklich befinde ich mich auf der Kippe. Der Teil Musiker in mir, der an Kompositionen und künftige Konzerte denkt, denkt automatisch an die alten Bekannten. Mit den Wise Guys haben wir ein Best-of-Tourprogramm, das ist einstudiert und sitzt, da werden keine neuen Lieder mehr gebraucht. Mit den Wise Guys hatten wir über weite Strecken eine fantastische Zeit, dennoch fiebere ich nun auch schon dem ersten Konzert mit der neuen Gruppe entgegen.
Wie viele Lieder haben Sie für die neue Gruppe schon komponiert?
Zwei Stücke haben wir schon aufgenommen, diese kann man sich auf der Internetseite schon anhören. Einen Videoclip gibt es auch schon. Aber der ganze Fundus, der eigentlich für die Wise Guys geplant war, besteht noch. Ich habe mehr als 350 angefangene Texte und Fragmente, die zum Teil nur aus Überschriften bestehen. Konkret habe ich schon drei weitere Lieder für die alten Bekannten geschrieben, die auch nicht für die Wise Guys gedacht waren.
Stilistisch wird sich also nicht viel ändern?
Ja und nein. Ein Markenzeichen der Wise Guys sind meine Texte, und die werden sich grundsätzlich nicht ändern. Aber ich möchte gerne etwas tagesaktueller werden und spontaner auf gesellschaftliche Ereignisse reagieren. Es könnte auch einen „Song der Woche“ geben, das wäre einen Versuch wert. Mit Ingo Wolfgarten und Clemens Schmuck gehören nun zwei sehr gute Musiker zur Gruppe, die auch sehr gute Arrangeure sind. Das Gewand der Lieder wird sich schon ändern. Ich finde, es klingt nicht nach Wise Guys.
Gab es die Überlegung, unter dem Namen Wise Guys einfach weiter zu machen?
Ja, sicherlich. Es gab so eine Trotzphase. Aber für mich war schon länger klar, dass wir nicht beliebig Gründungsmitglieder der Wise Guys austauschen können. Dann gab es Spannungen mit unserem Bass Andrea Figallo, Eddi (Anm. der Redaktion: Edzard Hüneke) wollte aufhören, dadurch ist das Gebilde in sich zusammengefallen. Ich empfinde den neuen Namen aber auch als Befreiung. Wir können Dinge anders machen, auch wenn wir immer mit den Wise Guys verglichen werden.
Ist der Abschied von den Wise Guys versöhnlich, immerhin stehen im Jahr 2017 noch 85 gemeinsame Konzerte an?
Das Gefühl ist gespalten. Mit Björn und Nils verstehe ich mich super, wir machen ja auch zusammen weiter. Mit den beiden anderen ist es schwieriger, wir hatten in den vergangenen Jahren einige Differenzen, da muss man nicht drumrumreden. Es gab zum Teil sehr verschiedene Sichtweisen. Wir werden uns nicht jeden Abend in den Armen liegen. Allerspätestens im Tanzbrunnen, den beiden letzten Konzerten in Köln, wird es aber sehr gefühlsintensiv und ich hoffe, auch sehr harmonisch.
Der Tanzbrunnen wird im Juli zweimal ausverkauft sein. Macht das Mut, weil die Menschen Ihre Musik mögen. Und auch A capella?
Insgesamt werden 30 000 Menschen kommen, das ist Wahnsinn. Mut macht mir das für die alten Bekannten noch nicht, weil die Leute die Wise Guys hören wollen. Mut machen mir viele Mails nach Konzerten, wo es heißt: Schön, dass du weiter deine Musik machst.Wir werden bewusst erstmal in Hallen gehen, wo 500 bis 800 Menschen reinpassen.
Lässt sich mit wenigen Worten erklären, was zum Ende der Wise Guys geführt hat?
Es ist ein großes Gemisch. Eddis Ausstieg war mit Sicherheit der Auslöser. In den vergangenen Jahren haben sich vor allem nach dem Einstieg von Andrea Figallo viele Dinge verändert. Andrea hat vieles bei uns bemängelt, was sich Jahrzehnte so eingespielt hatte. Mit ihm sind wir deutlich professioneller geworden, wir haben viel umstrukturiert. Dabei ist für mein Gefühl die Menschlichkeit ein wenig auf der Strecke geblieben. Der Geist war am Ende vergiftet. Bei der Trennung spürt man jetzt, dass nicht mehr diese vertraute Lockerheit da ist. Vielleicht spielt auch die Dauer unserer Zusammenarbeit eine Rolle.
Wie löst man eine Band auf?
Firmen lösen sich meist nur auf, wenn Insolvenz droht. Es ist gar nicht so leicht, eine Firma aufzulösen, die total floriert. Unsere wunderbare Bürochefin Christine Grossmann hat es geschafft, unsere sechs Angestellten sanft in eine sichere, neue Zukunft zu schicken. Unseren Probenraum, den wir vor einigen Jahren für viel Geld renoviert haben, mussten wir leer räumen. Das wird jetzt eine Lagerhalle. Wir mussten den Namen Wise Guys schützen, damit nicht irgendwelche Heinis diesen nutzen. Im Grunde ist das jetzt wie eine Wohnungsauflösung – mal zehn.
Was hat die Wise Guys, so wie Sie sich die Band vorstellen, ausgemacht und was wird sich davon bei den alten Bekannten wiederfinden?
Die Grundeinstellung, sich nach den Konzerten noch um die Fans zu kümmern. Wir sind aber jetzt nicht mehr die fünf Schulfreunde, sondern wirklich alte Bekannte, die zusammen Musik machen. Ich möchte Musik machen, die unterhaltsam ist, aber auch anrührend. Da darf auch das ein oder andere Tränchen fließen. Es muss nicht immer alles ironisch sein. Diesen Mut wollen wir uns bewahren, auch mal ein Lied über den Tod zu singen oder zu Ausländerfeindlichkeit. Wir wollen mehr sein als einfach nur ein bisschen witzig.