Köln – In unserem Sommergespräch unterhalten wir uns mit prominenten Kölnern über Themen, die nichts mit ihrem Beruf zu tun haben. Fußballlegende Wolfgang Weber engagiert sich ehrenamtlich im Bürgerverein Porz-Mitte. Uta Kristina Maul sprach mit dem 72-Jährigen.
Herr Weber, als Mitglied des Bürgervereins Porz-Mitte helfen Sie, das Rheinufer sauber zu halten. Es heißt, Sie zupfen gerne Unkraut?
Das heißt nicht Unkraut, sondern Wildkräuter.
Also gut, Sie zupfen gerne Wildkräuter?
Ja. Begonnen habe ich damit vor sieben, acht Jahren, als es den Bürgerverein noch nicht gab. Ich mache jeden Morgen von Porz aus eine Radtour von 20 bis 25 Kilometern Richtung Zündorf, Langel, Lülsdorf und über den Damm zurück nach Hause. Da ist mir aufgefallen, dass die Groov-Paten in Zündorf immer am Ende eines Monats auf einer großen Tafel für einen Pflegetag am Rhein werben. Die Säuberungsaktion findet immer am letzten Samstag eines Monats statt. Das war eine Initialzündung für mich.
Inwiefern?
Porz ist teilweise eine Müllwüste. Also habe ich mir eine Greifzange gekauft und an der Rheinpromenade zwischen Krankenhaus und Lindenhof jahrelang Papier und anderen Müll gesammelt. Irgendwann, wenn ich Lust hatte.
Wie oft hatten und haben Sie denn Lust?
Meist bin ich ein- bis zweimal in der Woche für zwei bis drei Stunden unterwegs.
Und was finden Sie so?
Müll jeder Art, leider sind oft Spritzen darunter und Tütchen mit Resten von Pulver.
Aber Sie sammeln ja nicht nur Abfall, sondern pflegen auch Beete und entfernen Unkraut, pardon: Wildkräuter.
Ja, irgendwann habe ich Willi Hammes kennengelernt. Und der hatte die Idee, die Kübel am Friedrich-Ebert-Platz zu bepflanzen. Wir beide sind ein Team geworden. Und der Bürgerverein hat die Pflanzen besorgt. Er wurde vor etwa vier Jahren gegründet, denn da kam die Idee auf, einen Verein ähnlich wie die Groov-Paten ins Leben zu rufen.
Arbeiten außer Ihnen beiden weitere Vereinsmitglieder beim Säubern oder Pflanzen mit?
Ich wünschte mir mehr Beteiligung. Von mehr als 100 Mitgliedern sind vier bis fünf aktiv. Wir sind sozusagen der harte Kern der Sauberkeitsfanatiker. Wir verabreden uns ein- bis zweimal pro Woche. Zwei Stunden Arbeit sind immer Minimum.
Aber nur bei schönem Wetter, oder?
Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Bekleidung. Gepflegt wird wetterunabhängig.
Warum engagieren Sie sich so?
Ich lebe hier, sehe jeden Tag „Porzity“ und möchte erst mal meine persönliche Umgebung einigermaßen lebens- und liebenswert gestalten. Manchmal ärgern wir uns schwarz, wie es hier teilweise aussieht. Dabei haben wir so eine schöne Rheinanbindung. Das ist ein Filetstück. Und wo kann ich mich besser betätigen als vor meiner Haustür?
Zur Person
Wolfgang Weber (72) wurde am 26. Juni 1944 in Pommern geboren und kam im Alter von sechs Jahren nach Porz. Kurz nach dem Wunder von Bern 1954 meldete sein Vater ihn bei der Spielvereinigung Porz an. 1962 wechselte Weber zum 1. FC Köln, mit dem er 1964 erster Deutscher Meister der neuen Bundesliga wurde, 1978 ein zweites Mal. Außerdem wurde er mit seinem Verein dreimal Pokalsieger.
Berühmt wurde der Nationalspieler aus Porz durch sein Tor zum 2:2 im WM-Finale 1966 gegen England sowie ein Jahr zuvor durch das Europacup-Spiel gegen Liverpool, in dem er 70 Minuten lang mit gebrochenem Wadenbein spielte. (kri)
Gibt es schon mal Kommentare von Spaziergängern, wenn Sie draußen arbeiten?
Einmal hat sich eine ältere Dame bei mir bedankt und gesagt, sie würde gerne helfen, könnte das aber leider nicht mehr. Es gibt aber auch Leute, die meckern oder mich fragen, ob ich das nötig hätte. Die stehen auf dem Standpunkt: Wir zahlen Steuern, soll die Stadt das doch machen.
Diese Ansicht teilen Sie offenbar nicht.
Nein. Natürlich ist die Stadt auch für die Sauberkeit in den Stadtteilen verantwortlich. Aber das Personal reicht nicht. Und man kann die Natur nicht sich selbst überlassen. Tut man es doch, wuchert alles, und es sieht noch schlimmer aus. Also helfen wir und ergänzen die Arbeit des städtischen Grünflächenamtes. Ich glaube, dass es ohne ehrenamtlichen Anteil nicht geht in unserer Gesellschaft, wenn wir es einigermaßen schön haben wollen. Und schön wollen es alle haben, etwas dafür tun wollen aber nur wenige.
Sie bepflanzen Kübel und Beete mit Gräsern, Blumen und Sträuchern. Dafür ist einiges an botanischen Kenntnissen nötig. Woher haben Sie die?
Ich habe mal einige Jahre ehrenamtlich in der Klostergärtnerei der Alexianer in Porz mitgeholfen. Das hat sehr, sehr viel Spaß gemacht. Ich habe viel Wissenswertes mitbekommen und einiges über Pflanzen dazugelernt.
Hat sich Ihr Verhältnis zur Natur verändert, seit Sie sich intensiver mit der Pflanzenwelt befassen?
Ich war schon immer sehr naturverbunden. Ich bin gerne mit dem Rad unterwegs, im Wald oder über die Felder. Ich bin gern an der frischen Luft und offenbar ein Freiluftfanatiker. Da ist vielleicht eine Verbindung zum Fußball.
Über den wir heute ja nicht sprechen. Sind Sie eigentlich auch im Urlaub auf Wildkräuterjagd?
Nein, Urlaub ist Urlaub. Obwohl – wenn ich mit dem Rad unterwegs bin, halte ich manchmal doch an, wenn ich Unkraut sehe.
Sie meinen Wildkräuter.
(lacht) Ja, meine Beziehung zu denen ist sehr intensiv. Und ich ziehe immer die Wurzeln mit raus. In diesem Jahr ist es aber besonders schlimm. Durch den vielen Regen wächst alles wie verrückt, und schon drei Tage später kann man sich wieder an die Arbeit machen.
Unkraut vergeht eben nicht. Wie geht es weiter mit dem Rheinufer und dem Bürgerverein?
Ich fände es sehr schön, wenn wir ähnlich wie die Groov-Paten mindestes einmal im Monat einen festen Termin einführen könnten, an dem gemeinsam aufgeräumt wird. Und ideal wäre es, wenn wir in der Nähe des Rheinufers einen kleinen Raum für Gartengeräte hätten. Dann könnte der Bürgerverein zum Beispiel eine Heckenschere oder anderes Gerät anschaffen. Heute stellen wir alles privat.