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Interview mit Daniel DickopfDer Zorn bei den Wise Guys ist verflogen

Lesezeit 4 Minuten

Vorfreude auf den Freiluftauftritt im Tanzbrunnen: Daniel Dickopf wird mit den Wise Guys viele Lieder des neuen Albums „Läuft bei euch“ präsentieren. (Foto: Brill)

Köln„Wise Guys – läuft bei euch“ heißt das neue Album. Ist das eine zögerliche Frage oder eine entschiedene Feststellung? Auf das Satzzeichen wurde ja verzichtet.

Das ist eine Feststellung. Ein Ausrufezeichen sähe zu bemüht aus. Der Titel birgt eine gewisse Doppelbödigkeit. Er beinhaltet das Jugendwort des vergangenen Jahres „läuft bei dir“, worüber wir uns sehr lustig gemacht haben, weil wir damit nichts anfangen konnten. Die zweite Assoziation ist natürlich: Die CD läuft bei euch.

Vor nicht mal einem Jahr ist das Album „Achterbahn“ erschienen. Jetzt schon wieder ein Album, das ist eher ungewöhnlich.

Das ist eine einmalige Sache und wird so schnell nicht wieder passieren. Bei „Achterbahn“ gab es Titel, die es aus verschiedenen Gründen nicht auf das Album geschafft hatten, worüber wir sehr traurig waren und viel diskutiert haben. Deshalb schieben wir nun die neue CD hinterher. Ich glaube, dass viele Leute schon wieder richtig Lust auf ein neues Wise Guys-Album haben.

Produziert von Bassist Andrea Figallo. Was macht er anders?

Ich glaube, wir haben viel mehr Leben in den Liedern. Wenn ich ältere Scheiben von uns höre, habe ich oft ein schlechtes Gefühl, weil ich merke, dass die Hauptstimme angestrengt und bemüht wirkt. Fast schon gelangweilt.

Ein Beispiel bitte.

Der Song „Klassenfahrt“, der noch gar nicht so alt ist. Die Hauptstimme von Eddi klingt dort gelangweilt. Das ist gar kein Vorwurf, er war einfach konzentriert und angespannt, weil damals eine andere Atmosphäre im Studio herrschte. Mit Andrea haben wir eine neue Leichtigkeit entdeckt. Als Bassist ist er eine Koryphäe, als Produzent hat er mehr Zug reingebracht in den Entstehungsprozess der Lieder.

Es läuft derzeit so viel deutsche Musik im Radio wie lange nicht mehr. Spürt ihr den Trend, wenn die Überweisung der Gema kommt?

Der Trend besteht vor allem darin, dass viele deutsche Fans deutschsprachige Musik kaufen. Das betrifft uns eher nicht, denn wir haben unser Stammpublikum, das immer noch anwächst. Uns haben die Leute immer gehört, mit den jüngsten Alben sind wir auf Platz drei und zwei der Albumcharts gelandet, unabhängig von diesem Trend. Wir machen immer unser Ding.

A-Cappella ist nichts für die Massen und nicht für das Formatradio, heißt es in einem neuen Lied. Wie viel Unzufriedenheit klingt da mit?

Durch dieses Lied mache ich persönlich meinen Frieden mit dieser Situation. Ich war jahrelang traurig und auch zornig, so liegengelassen zu werden in vielen Medien. Dadurch haben wir viele Hörer nicht erreicht. Aber ich finde mich immer besser damit ab. Dass die Wise Guys nicht im Fokus der Medien sind, hat ja durchaus auch seine guten Seiten.

Sie sind kein A-Cappella-Fetischist, sondern durchaus affin für Rock und Pop. Sogar ein instrumentales Soloalbum haben Sie mal angekündigt. Haben die Pläne noch Bestand?

Das ist noch nicht vom Tisch. Historisch gesehen komme ich von der instrumentalen Popmusik, daher ist das reizvoll. Ich möchte mich sehr gerne alleine ausprobieren, ich bin in der Phase des Andenkens und suche jemanden für Demo-Aufnahmen. Nächstes Jahr gibt es eine große Jubiläumstour der Wise Guys. Da werden keine neuen Titel benötigt, denn wir planen eine Best-of-Tour. Da bleibt mir Zeit zum Experimentieren.

Die Nummer „Party unter Palmen“ sticht als Gute-Laune-Lied heraus.

Das Lied hat für mich das größte Hit-Potenzial. Bei unserem Kreativblock auf Borkum im Mai kamen Nils und unser Gesangstrainer Erik Sohn mit der Melodie daher, und ich hatte eine passende Textidee in der Schublade. Das hat sich dann wechselseitig inspiriert, so dass der Song in letzter Sekunde auf das Album gerutscht ist.

Wie darf man sich diese Ausflüge vorstellen. Ferienwohnung mit gemeinsamem Abwasch?

Wir fahren auch in die Eifel und waren schon in den Bergen. Wir haben eine große Wohnung, in der jeder sein eigenes Zimmer hat, einen akustisch abgeschirmten Bereich, wo jeder für sich arbeiten kann. Meistens gehen wir essen statt zu kochen, weil die Zeit knapp ist. Abends wird öfters mal gespielt, „Kuhhandel“ zum Beispiel, eigentlich ein Kinderspiel, oder „Wizard“, ein Kartenspiel. Die Gemeinschaft steht im Vordergrund.

Nach dem Gastspiel in der Philharmonie steht nun der Tanzbrunnen an. Der Höhepunkt?

Der Tanzbrunnen ist unser absolutes Heimspiel mit allen Leuten, die wir kennen. Da ist die Stimmung absolut genial.