Neun Varianten für die geplante Rheinquerung kommen infrage.
Auch die Bürger dürfen dabei mitreden.
Straßen.NRW informiert ab Mittwoch über weitere Pläne.
Köln/Bonn – Im Frühjahr 2021 soll der Trassenverlauf der Rheinspange 553 feststehen. Das sehen aktuelle Pläne des Landesbetriebs Straßen.NRW vor, der im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums die vierspurige Verbindungsautobahn zwischen der A 555 und der A 59 mit einer Rheinquerung plant. Ausgewählt werden soll die sogenannte Vorzugsvariante aus neun Verbindungen (siehe Grafik). Sie hatten bei einer Analyse der bisher 17 Varianten am besten abgeschnitten. Details und alle Varianten mit Steckbriefen will der Landesbetrieb ab dem heutigen Mittwoch bei einer Online-Infomesse auf der Projektwebseite www.rheinspange.nrw.de ausführlich vorstellen. Bürger können dabei online Fragen stellen.
Nördlichste Variante schneidet am schlechtesten ab
Parameter der Bewertung waren demnach die verkehrliche Wirkung, die Wirtschaftlichkeit und Auswirkung auf die Umwelt gewesen, so der Landesbetrieb. Am besten habe demnach die Variante V6aB abgeschnitten, die etwa an der Anschlussstelle Wesseling der A 555 beginnt, dann den Rhein mit einer Brücke überquert und zwischen Ranzel und Uckendorf parallel zu der Umgehungsstraße bei den Spicher Seen auf die A 59 treffen würde. Am schlechtesten schnitt die nördliche Variante V4B mit einer Brücke über den Rhein bei Godorf ab, die sich zwischen Langel und Lülsdorf über den Retentionsbecken nach Troisdorf-Spich schlängeln würde. Für einen Tunnel unter dem Rhein, wie ihn an dieser Stelle erst Ende der Woche noch Michael Kreuzberg, der scheidende Landrat des Rhein-Erft-Kreises, gefordert hatte, sei nicht genügend Raum vorhanden, sagte Projektleiter Rüdiger Däumer am Dienstag in Köln vor der Presse. Trotzdem die Variantenanalyse eine Rangliste ergeben habe, sei damit aus seiner Sicht noch keineswegs eine Vorentscheidung getroffen.
Am Montag hatte Straßen.NRW die Variantenauswahl als erstem Gremium dem Dialogforum vorgestellt, in dem neben den Kommunen auch Vertreter der Kammern und Umweltverbänden sitzen. Erste Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten.
Die Industrie-und Handelskammer (IHK) Köln spricht sich weiter für die nördliche Trasse und den Bau einer Brücke bei Godorf aus. Außerdem hält sie es für einen Fehler, dass die Anbindung an die bereits bestehende A 553 nicht Teil der vorgestellten Planung ist. „Es ist aus unserer Sicht zwingend notwendig, die A 553, die A 555 und die A 59 zu verbinden und das lässt sich eigentlich nur über Godorf realisieren“, sagt Dr. Ulrich S. Soénius, Geschäftsführer Standortpolitik der IHK Köln.
Die IHK Köln favorisiert dabei eindeutig eine Brücke, um auch Gefahrgut- und Schwerlasttransporte uneingeschränkt durchführen zu können, bei einem Tunnel sei das fraglich.
Bund für Umwelt und Naturschutz mit Bedenken
Der Bund für Umwelt und Naturschutz sieht seine Bedenken bestätigt. Eine Nordvariante durch den Langeler Auenwald, FFH- und Naturschutzgebiet, und mit einem teuren und kompliziert zu bauenden Autobahnknoten Godorf sei sehr unwahrscheinlich geworden, schreibt Sprecher Achim Baumgartner. Das habe der BUND bereits in seiner „Machbarkeitsstudie“ mit Blick auf die rechtlichen Schutzvorgaben vom November 2016 prognostiziert. Damit werde nun eine südliche Vorzugsvariante sehr viel wahrscheinlicher, die aber wenn auch in geringerem Maß Natur und Umwelt schädigen würden. Aus Sicht des BUND ist die Rheinspange insgesamt entbehrlich und erweise sich mehr und mehr als eine fixe Idee, die von wenigen interessierten Kreisen mit viel Elan gepuscht wurde, sich nun aber den Realitäten stellen muss.
Wesselings Bürgermeister Erwin Esser nannte es einen Affront, dass der Landesbetrieb Straßen.NRW die Presse vor dem Politischen Begleitkreis, in dem die Landräte, Bürgermeister und Mandatsträger sitzen, über die Varianten informiert hat. „Da hilft es auch nicht, noch schnell vorab eine Präsentation an die Stadtspitzen zu vermailen. Zuerst entfernt sich der Landesbetrieb davon, vorrangig eine Verbindung der Autobahn 553 mit der anderen Rheinseite zu verfolgen, was im gemeinsamen Einsatz der Region für die RheinSpange 553 ganz klar gefordert war, und dann läuft noch die Informationsreihenfolge aus dem Ruder.“
„Für mich gehen Mensch und Natur vor!“
Für Esser kommt nur die Trasse nördlich von Wesseling in Frage. „Die Köln Bonner Bucht braucht dringend eine weitere Rheinquerung. Ob es eine Brücke oder ein Tunnel wird, ist am Ende eine Frage der Mehrheiten.“ Es dürfe keine Frage des Geldes sein: „Für mich gehen Mensch und Natur vor! Deshalb begrüße ich den Vorstoß den Landrats für die Tunnellösung“, so Esser in einer Pressemitteilung.
Rheinspange 553
Als vierspurige Autobahn soll die Rheinspange 553 die Autobahnen A 555 und A 59 bis zum Jahr 2030 miteinander verbinden und die stauanfälligen Autobahnbrücken der A 4 bei Rodenkirchen und A 565 in Bonn entlasten. Zudem würde die Rheinspange die Anfahrt zum Flughafen für die linksrheinischen Gebiete deutlich verkürzen und die Unternehmen der chemischen Industrie rund um Köln aufgrund der besseren Vernetzung stärken. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 steht die Rheinspange im vordringlichen Bedarf.
Laut einer Prognose nimmt der Verkehr in der Region weiter zu: Auf der Rodenkirchener Brücke sollen es bis 2030 schon 158 700 Fahrzeuge täglich sein. Das kann nach Expertenmeinung auch der geplante achtspurige Ausbau der A4 nicht kompensieren. Ohne die Rheinspange sei sogar ein zehnspuriger Ausbau notwendig. (kmü)
Jetzt sind die Bürger am Zug. Bis 6. November sollen sie Fragen zu den neun Varianten stellen können. Straßen.NRW versprach am Dienstag zeitnahe Antworten. Danach bleiben alle Inhalte dauerhaft auf der Projektwebseite verfügbar.
Noch befindet sich das Autobahnprojekt im Vorplanungsstadium, gefühlt gibt es aber schon in jedem von den Plänen berührten Ort eine Bürgerinitiative, die die Rheinspange ablehnt. Sie befürchten eine Zerstörung wertvoller Biotope. Tatsächlich hat die Umweltverträglichkeitsstudie ergeben, dass es keine einzige konfliktfreie Trasse gibt. Im nördlichen Untersuchungsraum liegen das FFH-Gebiet „Rhein-Fischschutzzone zwischen Emmerich und Bad Honnef“ sowie das Hochwasser-Retentionsbecken östlich des Langeler Rheinbogens, im südlichen Raum sind es die geschlossene Besiedlung vor allem beidseitig des Rheins und das Wasserschutzgebiet Urfeld.
Sollte im Frühjahr tatsächliche eine Vorzugsvariante bestimmt sein, beginnen die etwa zweijährigen Arbeiten an der Entwurfsplanung, daran schließt sich die Genehmigungsplanung und das Planfeststellungsverfahren an. Dauer mindestens ein Jahr. An dieser Stelle besteht die Möglichkeit gerichtlich gegen die Pläne vorzugehen. Der Gesetzgeber hat allerdings nur eine Instanz, das Bundesverwaltungsgericht, zugelassen. Hat das Gericht nichts zu beanstanden, kann der Bau beginnen.