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Gastro Hauptbahnhof KölnWelches ausgeklügelte Konzept hinter der „Fressgasse“ steckt

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fressgasse hauptbahnhof

Die Fressgasse im Kölner Hauptbahnhof 

Köln – Frankfurt und Mannheim haben ganz offiziell eine, Köln inoffiziell auch. Nur kleiner, gelegen zwischen der A- und der B-Passage im Hauptbahnhof. Und der Name stößt vielleicht auf weniger Begeisterung als im Hessischen oder Badischen: Die Rede ist von der „Fressgasse“, südlich des Taunus durchaus positives Sinnbild für eine Aneinanderreihung verschiedener Gastronomie-Betriebe auf engem Raum.

Irgendwie ist es längst eine Selbstverständlichkeit geworden. Am Bahnhof vor der Abfahrt noch schnell etwas zu essen holen oder in der Mittagspause Kalorien tanken. Möglichkeiten dazu gibt es in Groß- und Fernbahnhöfen wie Köln genug, dahinter steckt aber eine ausgeklügelte Systemgastronomie, deren Strukturen auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen sind.

Losteria Hauptbahnhof

Inzwischen auch im Bahnhof verteten: Die L´Osteria 

Die Deutsche Bahn arbeitet hauptsächlich mit SSP Deutschland zusammen, die allerdings kaum unter eigenem Namen auftritt. Ihren Schwerpunkt hat die SSP im Betreiben von Franchiseunternehmen wie etwa Starbucks, Kamps oder – ganz aktuell in Köln – der Nordsee. Sie entwickelt darüber hinaus auch eigene Marken wie die „L’Osteria“ oder „Ida & Frida“. Nimmt man die Kioske auf den Bahnsteigen selbst dazu, stellt die SSP in Köln immerhin 15 Betriebe.

Heberer Hauptbahnhof

Die Bäckerei Heberer 

Hinter dem scheinbar zufälligen Angebots-Mix im Bahnhof steckt eine bis ins Detail durchdachte Strategie. „Wir unterscheiden vier Besuchergruppen“, erklärt SSP-Sprecher Michael Glatz. Die Fernreisenden, die sich im Unterschied zu den Tagespendlern oft länger im Bahnhof aufhalten und daher auch eine gewisse Aufenthaltsqualität suchen. Dann die Besucher aus der näheren Umgebung und schließlich die vielen Angestellten im Bahnhof selbst.

ida und Frida

Gesundes Essen gibt es bei "Ida und Frida" 

Von daher ist es kein Zufall, dass es in Köln im Gegensatz zu kleineren oder mittleren Bahnhöfen relativ viele Möglichkeiten zum Verweilen gibt. Aber es kommen noch mehr Faktoren dazu. Der Mix muss stimmen, für die Nordsee etwa musste Gosch Sylt weichen. Zu viel Fisch ist ungesund, jedenfalls fürs Geschäft. Bäckereien und Fast Food werden ebenfalls fein verteilt. Und nicht zuletzt müssen sowohl die Platzverhältnisse wie auch die technischen Voraussetzungen stimmen.

Nordsee Hauptbahnhof

Nordsee hat Gosch abgelöst. 

Wohl auch der Räumlichkeiten wegen hat man für Köln das Konzept der „L’Osteria Piccola“ entwickelt, einer etwas abgespeckteren Version der Ursprungsvariante mit deutlich weniger Raumbedarf. Fettabluft, Strombedarf, Fettabflussmöglichkeiten – nicht in jeder Freifläche sind die gleichen Voraussetzungen gegeben, auch dahinter steckt ein genaues „was, wie, wo“.

Und nicht zuletzt müssen die Unternehmen auch einem sich ständig veränderndem Konsumverhalten Rechnung tragen: Begriffe wie Nachhaltigkeit, gesunde Ernährung, umweltfreundliche Verpackungen und eine zunehmende Digitalisierung spielen in der Auswahl der Betriebe eine nicht unerhebliche Rolle.

Der „Hausherr“ greift nur mittelbar ein

Die Bahn als Hausherr greift nur mittelbar in die Strukturen ein. Seit geraumer Zeit schon arbeitet man hier mit SSP Deutschland zusammen, deren Multi-Brand-Portfolio sich neben den Bahnhöfen an den meisten deutschen Flughäfen und auch an Autobahnen wiederfindet. „Starke Marken sowie nachhaltige und regionale Angebote werden bevorzugt“, erklärt ein Bahn-Sprecher. „Die Gestaltung erfolgt zunächst durch den Betreiber in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Marken und wird dann von der Deutschen Bahn genehmigt.“ Dabei werde unter anderem auf eine gute Sichtbarkeit des Angebots, aber auch auf ausreichend Aufenthaltsmöglichkeiten in den Gastro-Bereichen geachtet.

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Das Interesse von Gastronomie- und Einzelhandelsbetreibern an Flächen im Kölner Hauptbahnhof sei generell sehr hoch, was auch Michael Glatz bestätigt: „Der Kölner Hauptbahnhof gehört ganz sicher unter die Top Ten, wenn nicht mehr“, sagt er.

Die Einkaufswelt im Hauptbahnhof

11.000 Quadratmeter umfasst die Vermarktungsfläche des Kölner Hauptbahnhofes. Untergebracht sind darauf längst nicht nur Gastro-Betriebe oder Shops für den Reisebedarf, sondern auch Mode- und Schuhgeschäfte, Parfümerien, Geschenkartikel-Anbieter und Drogerien. Sogar ein FC-Fanshop hat sich angesiedelt für den Fall, dass Mann oder Frau auf dem Weg zum Auswärtsspiel den rot-weißen Schal vergessen hat. Die Flächen sind begehrt: Leerstände sind die absolute Ausnahme. Lediglich der Umzug der Bundespolizei in die Buchhandlung Ludwig verzögert sich weiter. Und natürlich ist auch die Bahnhofsmission hier ansässig – allerdings sehr unscheinbar untergebracht unter all den schillernden und glitzernden Konsum-Angeboten. (two)