Seit fast 100 Jahren gibt es den Verein an der Apenrader Straße. Jetzt wandert erst ein komplettes Frauen-Team ab, und Nachbarn beschweren sich.
Ärger bei Kölner TraditionsklubNachbarn beschweren sich über Lärm von 100 Jahre alter Sportanlage
Im kommenden Jahr steht ein Jubiläum an: Die Sportanlage des Fußballclubs SC West, der Apenrader Hof, wurde ab 1924 genutzt. Feierstimmung ist aber „beim West“ derzeit kaum zu bemerken. Es ist nämlich eng geworden auf den beiden Sportplätzen. Einen Kunstrasenplatz und ein Spielfeld mit Aschenbelag, das aber nicht für Ligaspiele taugt, müssen sich 25 Mannschaften teilen. Damit gehört der Klub aus Neuehrenfeld zu den größten Vereinen in der Stadt.
Der S.C. Fortuna Köln hat 33 Teams, die DJK Südwest 30, während der 1. FC Köln laut den aktuellen Angaben des Fußballverbands Mittelrhein auf 23 Teams kommt. Bis vor kurzem waren es sogar 26 Teams beim SC West. Aber vor wenigen Tagen meldete sich das zweite Frauen-Team geschlossen ab. Grund: Sie können bei einem anderem Verein auf Kunstrasen trainieren.
Für Präsident Kurt Nürnberg war es der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Mit einem Offenen Brief an die Stadtverwaltung macht er seinem Ärger Luft. Sein Vorwurf: Die Stadt ignoriere das Angebot des Vereins, den Aschenplatz mit einem Kunstrasenbelag zu versehen.
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Köln-Neuehrenfeld: Präsident vom SC West platzt Kragen
Es müsse kein großartiger Aufwand betrieben werden, da der heutige Belag schon so angelegt sei, dass er gegen Kunstrasen ausgetauscht werden könne. Stattdessen werde stur eine Prioritätenliste der städtischen Sportanlagen abgearbeitet, die am Bedarf der Vereine vorbeigehe. Aber auch auf den Verein, der die abtrünnigen SC West-Frauen aufnehmen will, ist Nürnberg sauer. Vom SV Lövenich/Widdersdorf hätte er erwartet, dass er vor einer Zusage zunächst mit den Verantwortlichen des SC West Kontakt aufgenommen hätte. 28 Frauen verlassen den Neuehrenfelder Club.
In der Vereinskasse wird ein hoher vierstelliger Betrag an Mitgliedsbeiträgen fehlen. Nürnberg: „Ich erwäge, eine Sperre auszusprechen und eine Ablösesumme zu verlangen.“ Die Platznot am Apenrader Hof besteht aber auch nach dem Abgang des Frauen-Teams weiter. Zumal vom Aschenplatz bei trockener Witterung Staubwolken aufsteigen, die für Kicker und die Nachbarschaft belastend sind. Ein Hoffnungsschimmer zeichnet sich im Süden der Stadt ab. Er könnte vielleicht auch dem SC West nützen.
Anwohner beschweren sich über Lärm und Staub vom Ascheplatz
Die zurzeit sehr im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Platzverhältnisse im Jean-Löring-Sportpark in Zollstock waren zuletzt Thema des Sportausschusses, der dort tagte. Ausschuss-Vorsitzender Oliver Seeck (SPD) will nach der Sommerpause einen Vorschlag einbringen, der es dem S.C. Fortuna Köln ermöglichen würde, die Umwandlung eines Aschenplatzes in Kunstrasen in Eigenregie kurzfristig umzusetzen. Das Modell könnte in ähnlicher Weise beim SC West umgesetzt werden, der auch bereit wäre, seinen Aschenplatz auf Kunstrasenbelag umzurüsten.
„Ich möchte das bestehende System der Prioritätenliste ändern. Vereine, die die Umwandlung in Eigenregie leisten können, dürfen daran nicht weiter gehindert werden“, sagt Oliver Seeck. Kurt Nürnberg wäre ganz und gar nicht unglücklich, wenn es so kommen würde. Denn neben der Platznot zerren zahlreiche Beschwerden von Menschen aus der Nachbarschaft am Nervenkostüm des Präsidenten. Dabei geht es hauptsächlich um Lärm bei Spielen und beim Training. Aber auch um den Staub und zuletzt wurde er wegen vermeintlicher Wasserverschwendung bezichtigt, als er den staubigen Aschenplatz sprengen ließ.
Fast 100 Jahre Fußball-Tradition im Stadtteil
„Einmal in Rage schimpfen manche der Anwohnenden sogar noch über die Schule und den Kindergarten in der unmittelbaren Nähe“, berichtet Nürnberg kopfschüttelnd. Nürnberg sieht eine Tradition von fast 100 Jahren Fußball im Stadtteil gefährdet. „Aber wenn uns das Viertel nicht mehr haben will, dann soll uns die Stadt woanders hin auslagern“, sagt Kurt Nürnberg. Dann werde das Gelände der Sportanlage eben bebaut „und gut ist“, fügt er mit bitterer Ironie hinzu.
SC West und seine Anlagen
Der Fußballclub SC West Köln kann auf 123-jährige Geschichte zurückblicken. Einer seiner Vorgängervereine der SV Rhenania wurde 1900 gegründet, also nur ein Jahr nach dem ersten Fußballclub Kölns, dem Cölner FC 1899. Die Sportanlage an der Apenrader Straße wurde 1924 fertiggestellt. Sie ist damit von Anfang an Teil des Wohngebiets zwischen Iltis- Äußerer Kanal- und Ossendorfer Straße. Zunächst wurde der Sportplatz vom damaligen Kölner Turn- und Fechtclub 1865 genutzt, der auch das Vereinsheim bauen ließ. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs stellte der Verein, der später zum TuS Köln-Ehrenfeld 1865 wurde, seine Aktivitäten vorübergehend ein. 1948 der SC West am Apenrader Hof durch Fusion von SV Rhenania 1900 und SC Phönix Ehrenfeld 1911 gegründet.