Köln – Im Strafprozess gegen den bereits mehrfach verurteilten Schwerverbrecher Thomas Drach und einem mutmaßlichen Komplizen aus den Niederlanden haben Aussagen eines Kölner Kripobeamten der Öffentlichkeit erstmals gezeigt, wie die Ermittler dem Duo auf die Spur gekommen sind. Unter anderem mit dem für jedermann zugänglichem Online-Dienst „Google Street View“.
Drach und der Mitangeklagte W. sollen Geldtransporte in Köln, Frankfurt und Limburg überfallen haben. Drach wird außerdem vorgeworfen, dabei am Flughafen Köln-Bonn und in Frankfurt auf Menschen geschossen zu haben.
Kripobeamter aus Köln sagt aus
Erster Zeuge des 26. Verhandlungstages war am Donnerstag ein Kripobeamter aus Köln. Die Aussagen des 55-Jährigen hatten es in sich. Auch wenn zu Beginn seiner Zeugenbefragung kaum einer im Saal damit gerechnet haben dürfte. Der Kriminalbeamte berichtete zunächst trocken und technisch, wie er versuchte, verschiedene Waffen der einzelnen Tatorte miteinander in Verbindung zu bringen. Hinweise, aber keine hundertprozentigen Beweise. So lautet sein Resümee nach gut einer Stunde. Entsprechend gelassen die Stimmung auf der Verteidigerbank. Der Hauptangeklagte Drach lehnt sich entspannt auf seinem Stuhl zurück. Ab und zu hebt er seitlich Hände und Arme, schaut in Richtung Zeugen mit einem fragenden Blick, der zu vermitteln scheint: „Damit wollt ihr mich überführen?“
Die Befragung wechselt das Thema. Das Gericht ist bei den Fluchtfahrzeugen angekommen. Nach den Überfällen wurden die Tatfahrzeuge in naher Umgebung jeweils in Brand gesteckt. Die Täter sollen dann von dort mit einem weiteren Auto geflüchtet sein. Nach dem Überfall auf den Geldtransport am Kölner Flughafen wird eins dieser Fahrzeuge von der Überwachungskamera einer Anwohnerin gefilmt. „Wir haben dann an dem Fahrzeug eine Reihe von Alleinstellungsmerkmalen gefunden“, so der als Zeuge geladene Kripomann. Am Ende habe man in einem niederländischen Internetportal eine Gebrauchtwagenanzeige gefunden, die ein optisch identisches Fahrzeug zeigte, so der Zeuge. Die Kölner Polizei habe den Wagen in den Niederlanden gekauft, um ihn von der Kölner Kriminaltechnik untersuchen zu lassen. Und die Kölner Ermittler stellten tatsächlich nicht nur Spuren sicher, sondern auch fest, dass dieser Wagen zum Tatzeitpunkt von einem gewissen W. in den Niederlanden angemietet war – dem Mitangeklagten von Thomas Drach.
Zelle zwei Mal pro Woche durchsucht
Spätestens jetzt hat sich die Stimmung auf der Verteidigerbank um 180 Grad gedreht. Ernste Mienen, Getuschel und intensives Suchen in den Akten sind zu beobachten. Drach redet aufgeregt mit seinen Verteidigern. Sein mutmaßlicher Komplize schaut regungslos gerade aus.
Mittlerweile ist der Zeuge bei der Tat in Limburg angekommen. Hier taucht ein weiteres Fluchtfahrzeug auf einem Video auf. Auch dieses Fahrzeug hat eine Reihe von Alleinstellungsmerkmalen, erklärt der Kriminalbeamte. Auf gut Glück, so der Zeuge, habe er einfach mal im Internet nachgeschaut und die Wohnadresse des Mitangeklagten W. eingegeben.
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Und siehe da: Bei „Google Street View“ sei genau dieser Wagen auf dem Parkplatz vor dessen Wohnanschrift zu sehen. Ermittlungen und die Zeugenaussage des Mitbewohners von W. würden belegen, dass es sich bei dem Fahrzeug aus dem Video und dem von „Google Street View“ um ein und das selbe Auto handelt. Als der Zeuge auch noch erklärt, man habe auf dem Handy des Mitbewohners Fotos von dem Fluchtfahrzeug gefunden, bitten die Verteidiger um Verhandlungspause, um sich zu beraten.
Für den Nachmittag war noch ein weiterer Polizist als Zeuge geladen. Und am Ende eines vor allem überraschenden Verhandlungstages wird Thomas Drach von Spezialeinheiten (SEK) der Polizei zurück in die JVA Köln gebracht. Doch nicht nur das SEK hat Drach genau im Blick. Bei einem vorigen Verhandlungstag hatte der Verteidiger von Drach gefragt, warum die Zelle seines Mandanten durchsucht wurde. Das Gericht hatte dies nicht veranlasst, teilte der Vorsitzende mit: Wie zu erfahren war, wird die Zelle im Hochsicherheitstrakt zwei Mal pro Woche von JVA-Mitarbeitern durchsucht.