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Drach-Prozess in KölnErkrankter Geldbote kann wohl doch vor Gericht aussagen

Lesezeit 3 Minuten
Thomas Drach mit Mundschutz

Thomas Drach beim Prozess

Köln – Für die Verteidigung von Reemtsma-Entführer Thomas Drach (61) war es eine gute Nachricht: Der Geldbote der im März 2018 vor der Ikea-Filiale in Godorf überfallen wurde, kann womöglich doch vor Gericht aussagen. Ende März hatte es in einer Verhandlung noch geheißen, dass der Mann aufgrund einer mutmaßlichen Krebserkrankung auf absehbare Zeit nicht verhandlungsfähig sein werde. „Die behandelnde Ärztin hat mir eindeutig mitgeteilt, dass mit einer Wiederherstellung der Vernehmungsfähigkeit eher nicht zu rechnen ist“, hatte der Vorsitzende Dr. Jörg Michael Bern ein Telefonat zusammengefasst.

Nun kommt jedoch ein vom Gericht angefordertes Attest zu einer Neueinschätzung der Situation. Das Attest wurde zwar nicht öffentlich verlesen, aus Ausführungen von Drach-Verteidiger Dirk Kruse ergab sich am Mittwoch aber, dass der Zeuge sich in Therapie befinde. Es sei ferner „zu erwarten“, dass der Mann womöglich in „drei bis vier Monaten“ vor Gericht erscheinen könnte.

Taten vor Ikea in Godorf und am Flughafen

Gleich zweimal war besagter Zeuge Opfer von Raubüberfällen geworden, vor Ikea und am Flughafen Köln/Bonn. Beide Überfälle werden neben weiteren in Frankfurt am Main und im hessischen Limburg vor dem Landgericht Drach zur Last gelegt. Zunächst erwischte es den Mann als Geldboten an der Ikea-Filiale in Godorf. Dort hatte der Geldbote die Einnahmen des Möbelhauses abgeholt und befand sich auf dem Rückweg zum Transporter, als er plötzlich in den Lauf einer Waffe schaute und von einem maskierten Täter um den Geldkoffer erleichtert wurde. Ein Jahr später im März 2019 am Flughafen Köln/Bonn gehörte der Mann erneut zur Besatzung eines Werttransporters. Diesmal am Steuer, als sein Kollege von einem Bewaffneten überfallen und sogar angeschossen wurde.

Die Verteidiger von Drach wollen den Mann unbedingt im Zeugenstand sehen, weil er selbst von der Polizei im Godorfer Fall als Beschuldigter geführt wurde. Das bestätigten am Mittwoch zwei Polizeibeamte (36 und 40) vor Gericht. „Widersprüchliche und zum Teil falsche Angaben“ über den Tathergang habe der Mann gemacht. So habe er damals angegeben, der Geldtransporter habe wie üblich direkt vor dem Personaleingang der Ikea-Filiale geparkt. Wäre das der Fall gewesen, „dann hätte die Tat wohl so nicht stattfinden können“, zeigte sich der 36-Jährige überzeugt. Stattdessen habe der Fahrer des Transporter — der diese Tour am Tattag erstmals fuhr — auf Anweisung des Geldboten 17 Meter vom Eingang entfernt geparkt.

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Auch die ungeladene Dienstwaffe erschien verdächtig: „Das ist ungewöhnlich. Das ist ja sein Job als Wachmann, das Bargeld im Extremfall zu verteidigen“, sagte der 40-Jährige. Dennoch, ein Tatverdacht habe sich letztlich nicht erhärtet, das Verfahren sei eingestellt worden. „Für uns ist der noch lange nicht vom Haken“, sagte Verteidiger Kruse und deutete damit an: Sollte es zu einer Zeugenaussage des Geldboten kommen, zeichnet sich eine harte Befragung durch die Verteidiger Drachs ab. Der Prozess wird Freitag fortgesetzt.