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Tod eines 59-Jährigen FamilienvatersProzess gegen fünf Beamte in Köln gestartet

Lesezeit 3 Minuten
Die Schriftzug «Polizei» leuchtet auf dem Dach eines Streifenwagens der Polizei.

Die Schriftzug «Polizei» leuchtet auf dem Dach eines Streifenwagens der Polizei.

Seit Donnerstag stehen fünf derzeit suspendierte Polizeibeamte im Alter zwischen 25 und 42 Jahren vor dem Landgericht. Ein Bagatelleinsatz löste eine Tragödie aus.

Es ging um Ermittlungen im Zusammenhang mit einem Verkehrsvergehen. Ein Taxifahrer wollte beobachtet haben, dass eine Frau mit ihrem Fahrzeug ein anderes touchiert hatte. Anhand des Kennzeichens konnten die Beamten den Wohnort der Frau in Bickendorf ermitteln. Doch dort trafen die beiden Beamten lediglich auf den Bruder der Frau.

Als sie gerade wieder gehen wollten tauchte dann aber der damals 59 Jahre alte und augenscheinlich angetrunkene Familienvater „mit einer Bierdose in der Hand“ auf und soll gesagt haben: „Was macht ihr da? Verpisst euch, das ist mein Eigentum.“ Wegen der dann folgenden Ereignisse vom April 2021 stehen seit Donnerstag fünf derzeit suspendierte Polizeibeamte im Alter zwischen 25 und 42 Jahren vor dem Landgericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen gemeinschaftliche Körperverletzung im Amt vor.

Mann zu Boden gebracht, gefesselt und getreten

Denn statt deeskalierend auf den 59-Jährigen einzuwirken oder zu gehen, hätten die Beamten den Mann umringt. Anschließend sollen sie ihn mit „einem Hebelgriff am Kopf“ angegriffen haben und ihn so zu Boden gebracht haben. Zwischenzeitlich hatten die beiden Beamten noch Verstärkung gerufen.

Gemeinsam mit den hinzugekommenen Beamten soll der am Boden liegende 59-Jährige gefesselt sowie getreten worden sein. Nachdem der gefesselte Mann wieder aufgerichtet worden sei, sollen die Beamten ihn noch mit dem Kopf gegen einen Pfeiler geschlagen haben. Für die Staatsanwaltschaft bestand für das gesamte Vorgehen der Polizisten jedoch weder eine straf-, noch eine polizeirechtliche Grundlage.

Nach dem Vorfall sollen dann zwei der beteiligten Angeklagten noch eine wahrheitswidrige Anzeige wegen Beleidigung, Bedrohung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gegen den Geschädigten verfasst haben. Dabei, so die Staatsanwältin, hätten die Angeklagten wesentliche Vorgänge während des Vorfalls verschwiegen oder anders dargestellt. Für die Anklagebehörde eine Verfolgung Unschuldiger.

59-Jähriger starb zwei Monate später

Besonders tragisch: Der 59-Jährige verstarb etwa zwei Monate später. Bei dem Vorfall hatte er sich neben einer Platzwunde am Kopf und weiteren leichten Verletzungen auch mehrere Rippenbrüche zugezogen. Per Rettungswagen, der von einem der Beamten angefordert worden war, war der Mann ins Sankt-Franziskus-Hospital in Ehrenfeld transportiert und dort behandelt worden. Doch dann erlitt der Mann eine Lungenentzündung, die zu einer Blutvergiftung führte, an der der Mann schließlich verstarb.

Dem Vernehmen nach geht die Rechtsmedizin zwar davon aus, dass die Blutvergiftung Folge einer Lungenentzündung war, die wiederum von den Rippenbrüchen herrührte. Letztendlich soll der Mann aber verstorben sein, weil er sich nicht richtig hatte behandeln lassen beziehungsweise Medikamente nicht ordnungsgemäß einnahm. Dennoch sind die Witwe des Mannes sowie dessen Tochter und Sohn Nebenkläger in dem Verfahren. Verteidiger Christoph Arnold, der einen 40 Jahre alten Angeklagten vertritt, sagte in einem Eröffnungsstatement nach Anklageverlesung über den Tod des 59-Jährigen: „Es ist tragisch, dass der Geschädigte zirka acht Wochen nach dem Einsatz an einer Lungenentzündung verstarb. Das bedauern die Angeklagten.“

Verteidiger: Einsatz „robust“, aber im Rahmen

Arnold räumte auch ein, dass es zur Gewaltanwendung durch seinen Mandanten gekommen sei. Der Grund sei aber gewesen, dass der 59-Jährige sich bei „einem Polizeieingriff gewehrt“ habe. Den Einsatz charakterisierte Arnold als durchaus „robust“, aber im Rahmen dessen, was in einer Großstadt wie Köln üblich sei. Weiter hieß es, dem 59-Jährigen sei später im Krankenhaus gesagt worden, er müsse mit der Verletzung vorsichtig sein, wenn es ihm schlecht gehe, müsse er zum Arzt gehen. „Aber der Geschädigte ist nicht ins Krankenhaus, nicht zur Behandlung gegangen. Das ist tragisch, aber nicht die Verantwortung der Polizei“, sagte Arnold weiter.

Zudem wirft die Anklage in dem Prozess einem 28 Jahre alten Angeklagten Verrat von Dienstgeheimnissen vor. Der Mann soll in mehreren Fällen für Bekannte Abfragen auf einem Dienstcomputer der Polizei vorgenommen haben. In einem weiteren Fall wird dem 40-jährigen Angeklagten noch eine weitere Körperverletzung im Amt zur Last gelegt. Der Prozess ist mit weiteren neun Verhandlungstagen terminiert. Ein Urteil ist für Ende des Monats vorgesehen.