Köln – Eigentlich ist es ja ein gutes Zeichen, wenn die Nachfrage so groß ist, dass es Expansion braucht. Nicht jedoch bei „Leuchtzeichen“, der unabhängigen Anlaufstelle für Opfer von sexualisierter Gewalt im kirchlichen Kontext. Die Arbeit war unter der bisherigen Konzeption kaum zu leisten. Zu viele Menschen wandten sich hilfesuchend an die erst im vergangenen August ins Leben gerufene Anlaufstelle. Oder anders gesagt: Das Heer der Betroffenen ist größer als es selbst die Helfer erwartet hatten.
Darum geht der Trägerverein „Umsteuern“ das Projekt nun größer an. Marie-Sophie Caspar ist die neue Leiterin der Anlaufstelle. Ausgestattet mit einem weit größeren Stundenkontingent als ihre Vorgängerin – die den Bedarf neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit nicht mehr decken konnte – stellt sie die Anlaufstelle auf einem breiteren Fundament auf.
Expansion schafft mehr Raum – auch online
Marie-Sophie Caspar ist mit Dienstzeitpolster ausgestattet, dass es ihr ermöglicht, jeden Vormittag unter der Woche für Betroffene ansprechbar zu sein. Hinter ihr steht zudem ein festes Team von elf Ehrenamtlern. Was sie für ihre neue Arbeit mitbringt: Unter anderen war Caspar im Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben für die Beratung in Fällen von Gewalt gegen Frauen und Familien in Not zuständig. Auch ist sie Beraterin im Themenbereich Psycho-Traumatologie.
Die Expansion der Anlaufstelle Leuchtzeichen bezieht sich aber nicht nur auf Stundenkontingente, sondern wirkt sich auch räumlich aus. Die im August eröffnete Anlaufstelle in der Markmangasse in direkter Nachbarschaft zum Heumarkt bleibt erhalten. „Sie soll ein Raum der Begegnung bleiben“, sagt Caspar. Dazu kommt nun aber ein Büro unter dem Dach des Filmhauses in der Maybachstraße. Dort ist unter anderem die Online-Beratung angesiedelt. Nicht wenige Betroffene bevorzugen bei der ersten Kontaktaufnahme mit der unabhängigen Anlaufstelle die Anonymität, die eine Mail oder ein Chat ermöglicht.
Betroffene oft über Jahre alleine gelassen
Es braucht Vertrauen, um einen sexuellen Missbrauch anzusprechen, mit dem die Betroffenen oft über Jahre alleine gelassen wurden. Das Team wird nicht zuletzt auf diesen Aspekt hin geschult.
Sich an die Seite der Alleingelassenen zu stellen, das sieht Caspar als den Kern ihrer Aufgabe an. Ganz besonders dann, wenn es um den Kontakt mit der „Täterorganisation“, sprich mit der Kirche geht. Soll eine Entschädigung erstritten werden, ist dieser Kontakt unvermeidlich, und er birgt für die Opfer die Gefahr der Retraumatisierung. Dass die Aufarbeitung und Prävention bei der sexualisierten Gewalt auf Seiten der Kirche weiterhin in der Kritik steht, drückt Caspar so aus: „Wir richten den Blick auf das, was Interventionsstellen leisten sollten.“
Leuchtzeichen hat Potential zur bundesweiten Strahlkraft
Auch um bei dieser Arbeit stetig besser zu werden, brauchte es die neuen Räume im Filmhaus. Sie bieten den Platz, um an der Konzeption von „Leuchtzeichen“ zu arbeiten und Supervision zu ermöglichen. „Nun können wir uns diesen Themen widmen“, sagt Caspar.
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Umso wichtiger wird das alles, weil „Leuchtzeichen“ immer mehr bundesweite Strahlkraft entwickelt. Auch, wenn gerade bei der ersten Kontaktaufnahme nicht im Vordergrund steht, wo der Missbrauch stattfand, lässt sich ausmachen, es wenden sich bei Weitem nicht nur Betroffene aus dem Erzbistum Köln an die Anlaufstelle.