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Anstieg von Corona-PatientenSo enorm sind Kölns Krankenhäuser belastet

Lesezeit 4 Minuten
Blick in die Intensivstation

Blick in eine Intensivstation

Köln – Die Zahl der Intensivpatienten in den Kölner Krankenhäusern hat sich seit Wochen kaum verändert. Auf den Allgemeinstationen wächst die Zahl der Patienten jedoch stark. Die wichtigsten Antworten zur Lage in den Krankenhäusern.

Wie ist die Situation auf den Intensivstationen?

Nach einem kurzzeitigen Anstieg der Corona-Intensivpatienten in Kölner Krankenhäusern im Dezember hat sich die Situation im Januar auf einem niedrigeren Niveau mit etwa 40 bis 50 Patienten eingependelt. Zum Vergleich: Mitte Dezember lag die Zahl zwischenzeitlich bei 75. „Das ist außerordentlich positiv zu bewerten“, sagt der Leiter des Rettungsdienstes, Professor Alex Lechleuthner. Der größte Unterschied zwischen der Omikron- und der Delta-Welle: Als die Delta-Variante noch vorherrschte, folgte auf einen Anstieg der Infektionszahlen in der Regel zwei Wochen später ein Anstieg der Intensivpatienten. Das ist nun nicht mehr so.

Warum gibt es die Koppelung nicht mehr?

Professor Bernd Böttiger

Ein Grund ist die gestiegene Impfquote. „Man hat das bereits bei den Covid-19-Erkrankungen mit der Delta-Variante insbesondere an den auseinanderlaufenden Kurven gesehen, dass die Inzidenzrate und die Intensivbelegung begonnen hatten, sich aufgrund des Impfschutzes voneinander zu entkoppeln“, sagt Lechleuthner. Dazu kommt, dass Omikron anders im Körper wirkt als andere Varianten, sagt Professor Bernd Böttiger, Präsidiumsmitglied der Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operativen Intensivmedizin der Uniklinik Köln. „Wir wissen von Pathologen, dass Omikron deutlich seltener die Lunge befällt als andere Varianten. Daher müssen Patienten deutlich seltener beatmet werden.“ Omikron scheine – wenn man so will – ein ganz anderes Virus zu sein als Delta, das dem Körper nicht so intensiv zusetzt. Insbesondere sei das bei Jüngeren so.

Wer liegt auf den Intensivstationen?

Genaue Zahlen liegen der Stadt dazu nicht vor. „Aus Einzelfalldiskussionen heraus abgeleitet scheint es aber so zu sein, dass der Risikofaktor ,Ungeimpft’ nach wie vor auch bei den derzeitigen Intensivfällen die größte Rolle spielt, ebenso aber auch die Anzahl und Schwere von Vorerkrankungen“, sagt Lechleuthner.

Sorgen in der Uniklinik

380 Mitarbeiter der Uniklinik befinden sich aktuell etwa in Quarantäne (Stand: Mittwoch). Am 20. Januar waren es noch 220. „Wir beobachten die Entwicklung mit Sorgen“, sagt ein Sprecher. Personalengpässe in einzelnen Bereichen hätten Auswirkungen auf den gesamten Betrieb. „Aktuell ist tagtäglich fraglich, wie lange wir den Regelbetrieb noch aufrecht erhalten können.“

Sollten weitere Personalausfälle, mit denen die Uniklinik rechnet, nicht zu kompensieren sein, müssten Operationen und andere Behandlungen reduziert werden.

Auch in den Kliniken der Stadt Köln steigt der Krankenstand. „Kolleginnen und Kollegen, gerade mit Kindern, fallen zunehmend häufig durch Quarantänezeiten aus“, sagt der Klinische Direktor, Professor Horst Kierdorf. „Doch wir sind gut vorbereitet und unsere Notfallpläne greifen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Patientenversorgung ganz klar sichergestellt.“

Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Freitag bei 1678. Durch Nachmeldungen wird sich der Wert noch leicht nach oben korrigieren. (sim)

Wie ist die Situation auf den Normalstationen?

Die Zahl der Corona-Patienten auf den Allgemeinstationen nimmt bundesweit zu. In Köln hat sich die Zahl in den vergangenen zwei Wochen verdoppelt. Neben den Patienten, die wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden müssen, gibt es auch eine große Zahl an Patienten, die aufgrund einer anderen Krankheit aufgenommen wurden, bei der Aufnahme aber zusätzlich positiv getestet wurden. „Teilweise wurden die Anteile dieser Infizierten auf mehr als zwei Drittel geschätzt“, sagt Lechleuthner. Viele von ihnen entwickelten auch später noch Symptome. Die Masse der infizierten Personen sei eine enorme Belastung für die Notaufnahmen und Allgemeinstationen, „da Isolations- und Schutzmaßnahmen unabhängig davon geleistet werden müssen, ob Covid-19 die führende Erkrankung ist oder nicht“.

Haben wir das Schlimmste überstanden?

„Wie es für Deutschland und auch für Köln weitergeht, kann niemand sicher sagen“, erklärt Intensivmediziner Böttiger. Die Welle befinde sich immer noch im Anstieg und Omikron beinhalte noch zu viele Unbekannte. Daher gebe es keine wirklich guten Prognosemodelle. „Unklar ist auch, wie die älteren Patienten noch von Omikron betroffen sein werden. Die Zahlen bei den über 70- und 80-Jährigen steigen erst jetzt an, da sich diese Altersgruppe viel stärker isoliert hat als jüngere Menschen.“

grafik Krankenhaus

Machen Lockerungen jetzt Sinn?

Vor Vergleichen mit Israel, Dänemark, England oder anderen Ländern, in denen trotz hoher Infektionszahlen gelockert wird, scheut sich Böttiger. Die Voraussetzungen seien ganz andere. „Wir haben eine ältere Bevölkerung und eine geringere Impfquote“, sagt Böttiger. „Ich kann nur dazu raten, sich weiterhin maximal zurückzuhalten, was persönlich Kontakte, insbesondere ungeschützte Kontakte, angeht. Jede Feier, die momentan nicht stattfindet, hilft uns allen.“ Das gelte auch für den Karneval. Wenn es unbedingt sein müsse, sollte draußen gefeiert werden – zusätzlich mit Maske. „Wer ungeimpft ist“, warnt Böttiger, „sollte Karneval Zuhause und möglichst ohne fremde Menschen verbringen“.