AboAbonnieren

„Ich bin auf dieser Bank aufgewachsen“Ehrenfelder wollen bunte Bank behalten — Stadt fordert Räumung

Lesezeit 3 Minuten
Die Anwohner sitzen auf der Bank.

Eine beliebte Bank an der Ecke Christian-Schult-Straße/Everhardstraße in Ehrenfeld soll abgebaut werden.

Stadt will privates Mobiliar in Ehrenfeld entfernen. Anwohner erklären, warum es für sie mehr als eine bunte Bank ist.

Lothar Betz sitzt auf einem Korbstuhl. „Ich bin schwerbehindert. Wir sind froh, dass wir hier eine Zwischenstation haben, wenn wir vom Einkaufen kommen“, sagt Betz, der seit 4o Jahren in Ehrenfeld lebt. Die Sitzgelegenheit sei für ihn nicht nur eine Möglichkeit, sich auszuruhen. Sie schaffe Begegnungen. Gemeint ist eine bunt verzierte Bank aus zwei Holzpaletten, daneben zwei Korbstühle. Sie stehen auf der Christian-Schult-Straße an der Ecke Everhardstraße. Doch voraussichtlich nicht mehr lange. So hat es die Stadt Köln angeordnet.

Ein Treffpunkt in Ehrenfelder Nachbarschaft

Nach wenigen Minuten tummeln sich um Betz einige Anwohner. „Dieser Platz ist so schön. Es ist wie eine Dorfgemeinschaft“, sagt Marie Palm, die mit ihrem Mann und ihrer Tochter Alma in der Nähe wohnt. Alma bemalt die Bank in bunten Farben, verziert sie mit Punkten und Wellen. „Ich bin auf dieser Bank aufgewachsen“, sagt sie. „Hier habe ich meine Freunde kennengelernt.“

Ulla Zenner stimmt ihnen zu: „Wir sind wie eine Familie, was wir so in 40 Jahren, die wir hier wohnen, nicht erlebt haben.“ Die Kreuzung sei in der Gegend als „Piazza“ bekannt. Während der Pandemie war es ein Zufluchtsort. Heute ist es ein Treffpunkt in der Nachbarschaft.

Eine bunte Bank steht am Straßenrand.

Die Bank dient in Ehrenfeld laut Anwohnern als Treffpunkt.

Am 3. August flatterte ein Schreiben der Stadt in die Briefkästen der anliegenden Häuser. „Gegenstände im öffentlichen Straßenland können die Barrierefreiheit beeinträchtigen und für andere ein Hindernis darstellen“, so steht es auf dem Zettel geschrieben. Eine Anwohnerin habe sich Ende Juli laut Aussage der Stadt Köln über das Mobiliar beim Bürgertelefon beschwert.

„Da es weder einen Hinweis auf die Eigentümer noch eine Genehmigung für die Aufstellung gab, beklebte der Ordnungsdienst die Gegenstände mit Hinweiszetteln“, so die Stadtverwaltung auf Nachfrage dieser Zeitung. Die Stadt fordert, die Möblierung zu entfernen. Doch einige Anwohner sehen das anders. „Diese Bank steht keinem im Weg“, so Zenner. „Sie wird fast immer genutzt, auf ruhige Art.“

Kölner Debatte um private Bänke geht weiter

Seit Herbst 2019 ist die Holzbank dort platziert. Zwei Korbstühle seien mit der Zeit dazugekommen. Auch ein gelber Blumenkasten auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist betroffen. Über ihm hängt an dem Baum ein Foto, das an eine alte gelbe Bank erinnert, die ebenfalls geräumt werden musste.

Auch der bunte Blumenkasten soll entfernt werden.

Auch der bunte Blumenkasten soll entfernt werden.

Die Streitigkeiten um privates Mobiliar im öffentlichen Raum halten weiter an. Im Mai löste eine Bank vor einem Ehrenfelder Unterwäschegeschäft eine Debatte aus. Auf dem Melatenfriedhof will die Verwaltung 100 private Bänke entfernen. Anwohner reichten eine Petition ein. Die Stadt jedoch hält weiter an ihrer Entscheidung fest.

Auch die Anwohner der Christian-Schult-Straße wollen ihre „Piazza“ eigentlich nicht aufgeben. Doch wenn das Mobiliar nicht bis zum 3. September entfernt wird, wird die Stadt es entsorgen lassen. Wer die Bank aufgestellt hat, das ist offiziell nicht bekannt. Es fehle die Wertschätzung, dass man kleine Oasen in der Stadt schaffe, ergänzt Anwohnerin Julia Winters. Das ärgere sie am meisten. Die anderen stimmen ihr zu. Sie sitzen auf der bunten Bank und trinken ihren Kaffee. Solange es noch möglich ist.