Hellenthal-Wollenberg – Es war Schwerstarbeit, der sich die knapp 20 Freiwilligen im Wald widmeten. Mühsam zwickten sie die Drähte vom Knotenzaun ab, der die rund vier Hektar Waldgelände abgesperrt hat. Es war ein ungewohntes Bild am Samstagvormittag: Friedlich vereint mühten sich Menschen in blauen Nabu-Jacken und im für Jäger typischen Grün-Braun den störenden Zaun zu entfernen.
Neue Ära im Kreis Euskirchen gestartet
Mit dieser Aktion starteten die Kreisjägerschaft und der Nabu Kreisverband eine neue Ära in den gegenseitigen Beziehungen. Bisher standen beide Verbände sich oft ablehnend gegenüber. Doch in Zukunft solle die Zusammenarbeit enger werden.
„Wir wollen uns auf die Gemeinsamkeiten und nicht auf die Gegensätze konzentrieren, denn wir haben viele gemeinsame Interessen“, sagte Angela Schmitz. Sie und Bodo Weranek kümmern sich um die Geschäftsführung der Kreisjägerschaft, beide packten tatkräftig bei der Aktion im Wald mit an.
„Diese Fläche ist vor rund zehn Jahren von einer Firma komplett abgeräumt worden, inklusive Kronenmaterial und Stubben“, so Marion Zöller, Vorstandsmitglied des Nabu-Kreisverbands. Danach seien Pappeln gepflanzt und die Fläche komplett eingezäunt worden.
Sechs Pappelsorten stehen jetzt hier, schnell wachsendes Industrieholz, das allerdings auf der teilweise feuchten Fläche nicht so wirklich in die Puschen kam. „Die Pappeln sind für den Standort nicht geeignet“, sagte Zöller und führt zu einem morastigen Bereich, an dem sich ein Feuchtbiotop entwickelt hat.
Im Wollenberger Wald entwickelt sich die Heide
„Hier entwickelt sich bereits wieder die Heide, die an dieser Stelle ursprünglich gewesen ist. Ich liebe diese Fläche, im Sommer ist es schön, das hat man noch nicht gesehen“, schwärmt sie. Ab Herbst, wenn die Brutzeit vorbei sei, soll der Ginster zurückgeschnitten werden, damit die Vegetation mehr Licht bekommt. „Wir sind keine Ginsterfeinde, aber der Ginster übersteht auch schlimmste Dürreperioden und hat deshalb stark überhand genommen“, so Zöller.
Stiftung Naturerbe NRW
Zwei Millionen Euro Vermögen
Die Fläche bei Wollenberg ist in Besitz der 2004 gegründeten NABU-Stiftung Naturerbe NRW. Sie verfügt über ein Vermögen von zwei Millionen Euro und mittlerweile über 40 Hektar Flächen, Immobilien und Solaranlagen. Zwei weitere Flächen in der Gemeinde Hellenthal sollen noch erworben werden. (sev)
33 verschiedene Fonds
Der Stiftungszweck ist die Unterstützung und Stärkung der Natur in NRW. Dies wird betrieben durch die Förderung von Natur- und Artenschutzprojekte, Umweltbildungsmaßnahmen oder wissenschaftlichen Arbeiten sowie durch den Erhalt von naturschutzfachlich relevanten Flächen.
Die Stiftung verfügt über 33 regionale und thematische Fonds. So kommen Erträge etwa Naturschutzprojekten zugute oder sie sind einer bestimmten Zielgruppe oder Art gewidmet. So gibt es einen Fonds „ProNKids“ für die Naturschutzbildung von Kindern oder den Fonds „Laubfrosch“. Vorsitzender des Vorstands ist Christian Chwallek, die ehemalige Landesministerin Bärbel Höhn fungiert als Schirmfrau. (sev)
Doch vor allem solle die Fläche eine Ruhezone für das Wild sein. „Wo soll das Wild denn hin? In normalen Holzplantagen fühle ich mich höchstens wohl, wenn ich Fichtenkreuzschnabel oder Tannenmeise bin“, so Zöller. Hier finden die Tiere aber Dickung und Nahrung: „Das war uns wichtig, weil es solche Standorte kaum noch gibt.“
„Wir hätten gerne eine Zusammenarbeit mit der Jägerschaft“, führte sie aus. Die Jäger seien oft im Wald und könnten Dinge sehen, die den Naturschützern entgehen. „Wir stehen uns zwar seit Jahren frontal gegenüber, aber wir wollen das abbauen, eine Zusammenarbeit wäre eine Win-Win-Situation für beide.“ Deshalb wolle der Nabu einen respektvollen Umgang miteinander.
Den Ansatz verfolgt auch die Jägerschaft. „Dieser Bereich ist ein Eldorado für das Wild“, so Weranek. „Vernünftige Jäger richten dem Wild immer Ruhezonen ein“, sagte Angela Schmitz. Sie ist in der Hegegemeinschaft Wollenberg-Zingscheid aktiv. Da immer mehr Menschen im Wald unterwegs seien, sei es immer schwieriger für die Tiere, sichere Rückzugsorte zu finden. „Wir haben auch in Zingscheid eine Fläche, in die wir bewusst nicht reingehen, um sie dem Wild zur Verfügung zu stellen“, so Schmitz.
Zwar gebe es bei Nabu und Jägerschaft nicht immer die gleichen Vorstellungen, doch die Gemeinsamkeiten sollten der Kernpunkt sein. „Wenn die was entdecken, was nicht in Ordnung ist, können wir das auf dem kleinen Dienstweg erledigen“, ergänzte Weranek.
Verbotene Jagdmethoden würden von der Kreisjägerschaft nicht geduldet. Aggressionen könnten immer aus dem Weg geräumt werden, wenn miteinander geredet werde, so Schmitz: „Jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt, und das ist er!“