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WindernergieWo der Wind fast immer weht

Lesezeit 4 Minuten

Die Offshore-Anlage Thornton Bank gleich vor der belgischen Küste.

Strahlend blau ist der Himmel über dem belgischen Ostende. "Ein gutes Wetter, um Windräder zu bauen", sagt Jaak Rutten, der Chef von C-Power, die den Windpark Thornton Bank auf einer Sandbank 30 Kilometer vor der Küste zwischen Ostende und Zeebrügge errichten und betreiben. Dieser Windpark könnte ein Vorbild sein für Anlagen in der deutschen Nord- oder Ostsee.

1,3 Milliarden Euro investiert das C-Power-Konsortium, an dem belgische Provinzen und Kommunen den größte Anteil halten. RWE ist mit 26,7 Prozent beteiligt, im Boot sind auch der französische Versorger EDF, ein Finanzinvestor sowie eine Konstruktionsfirma. "70 Prozent des Kapitals kommt von neun europäischen Banken", sagt Hans Bünting, Chef von RWE Innogy, die Konzerntochter für die Erneuerbare Energien.

Gut 450 Millionen stellt die Europäische Investitionsbank (EIB) bei. Eine ähnliche Rolle könnte die staatliche Kfw bei den deutschen Windparks auf hoher See einnehmen, meint Bünting.

Nur eine leichte Brise regt sich, gerade einmal einen halben Meter hoch schlagen die Wellen an die Hafenmauer. "Kein gutes Wetter für die Stromerzeugung", meint Jaak Rutten. Aber bestes Wetter, um sich den Windpark anzusehen. Als wir die Hafenmauer passieren, brüllen die Motoren auf. Mit fast 40 Stundenkilometer geht es auf das offene Meer.

Doch erst Minuten später lösen sich weiße Masten am Horizont aus dem Dunst und werden rasch größer. Fundament und Mast ragen 110 Meter über dem Meer auf, die Rotorspitze erreicht bis zu 158 Meter, das ist ein paar Zentimeter höher als der Kölner Dom.

Seit drei Jahren drehen sich hier sechs Windräder der fünf MW-Klasse. Das war die Pilotphase. Sie ruhen noch auf Betonfundamenten. "Damals war Stahl teuer", nennt Bünting einen Grund.

Die neuen Windrädern der 6-MW-Klasse - sie sollen auch einmal im RWE-Windpark Nordsee-Ost verwendet werden - ruhen auf Stahlfüßen. Das Meer ist hier tiefer, Beton wäre da zu schwer geworden. Eine zweite Ausbaustufe mit 30 Turbinen wurde bereits abgeschlossen. "Wir sind im Zeitplan", sagt RWE-Innogy-Chef Hans Bünting. Die meisten sind auch schon angeschlossen und drehen sich träge.

Auch einige der Windräder des dritten Bauabschnitts stehen bereits, für die restlichen sind die Fundamente errichtet. "Eine erfahrene Mannschaft kann Mast und Rotorblätter an einem Tag montieren", sagt Bünting. Dazu kommt dann noch die Zeit für das Beladen des Montageschiffs und die Fahrt auf See. In einem Jahr sollen alle Arbeiten beendet sein.

Die Anlage wird dann eine Kapazität von 325 Megawatt haben. Sie kann bis zu 600.000 Menschen mit Strom versorgen und spart dabei im Vergleich zu einem modernen Gaskraftwerk ganze 450.000 Tonnen CO-2.

"Windpark" oder "Windfarm" als Begriff findet Martin Skiba, der bei RWE für Offshore-Windenergie zuständig ist, da unpassend. "Wir bauen Kraftwerke auf See", rückt er die Dimensionen zurecht. Der Strom kommt über zwei 150.000-Volt-Leitungen ans Festland, die vier Meter unter dem Meeresgrund verlegt wurden. Sie liegen unter einer der meistbefahrenen Schifffahrtsrouten der Welt. Und vor dem Anker eines Tanker- und Containerriesen hat Rutten einigen Respekt.

In Belgien und auch in England sorgen die Windpark-Betreiber auch für den Netzanschluss und verkaufen die Leitungen anschließend. In Deutschland müssen die Übertragungsnetzbetreiber die Windparks anschließen. Doch der zuständige Netzbetreiber Tennet bekommt den Anschluss nicht hin, macht dafür allerdings das Unternehmen Siemens verantwortlich, die wichtige Komponenten nicht liefern würden. "Diese Verzögerung von über einem Jahr kostet voraussichtlich einen dreistelligen Millionenbetrag", sagt Hans Bünting.

Freilich ist der Netzanschluss in der deutschen Nordsee schwieriger als vor Ostende. Hier fließt Wechselstrom, den die Turbinen auch erzeugen. In der deutschen Nordsee liegen die Parks aber weiter vom Land entfernt. Weil bei Wechselstrom die Verluste zu groß wären, muss der Strom erst aufwendig in Gleichstrom transformiert werden und an Land erneut umgewandelt werden.

Das treibt die Kosten ebenso wie schärfere Bauvorschriften. "DIN-Normen liegen oft über den europäischen Standards", erklärt Hans Bünting. Höhere Festigkeit bedeutet etwa mehr Stahl und damit mehr Geld.

Windparks auf hoher See sind teuer. Andererseits sorgt ein stetiger Wind hier dafür, dass 40 Prozent des maximal erzeugbaren Stroms auch hergestellt werden. "In der Eifel sind es vielleicht 20 bis 22 Prozent", so Bünting. Computer in den Windrädern stellen die Rotoren im richtigen Winkel in den Wind. Sie variieren auch die Anstellflächen der Rotoren, so dass sie etwa bei schwachem Wind möglichst viel Widerstand bieten.

Die volle Leistung erreichen die Windräder bei Windgeschwindigkeiten ab etwa 40 Kilometer, bei 130 Kilometer müsse sie abgeschaltet werden. Das sei bislang aber erst an einem Tag erforderlich gewesen, so C-Power-Chef Jaak Rutten. "Die Verfügbarkeit der bisherigen Windräder liegt bei 97 Prozent", ergänzt Hans Bünting.

Im Kontrollzentrum an Land weisen die Instrumente heute einen Ausbeute von 16 Prozent des maximal erzeugbare Stroms aus. Kein guter Tag für die Stromerzeugung, aber auch kein verlorener.