Das „Haus Eichendorff“ in Neuehrenfeld ist ein Ableger der Gasthaus-Institution in Nippes. Kann es mithalten? Julia Floß hat's ausprobiert.
Schmeckt's, Frau Floß?Ein Besuch im Kölner Haus Eichendorff, dem kleinen Bruder des Schnackertz
Das Haus Schnackertz ist seit einer gefühlten Ewigkeit eine feste Institution in Nippes. Holzvertäfelt, urig und quasi immer ausgebucht. Hier gibt es Senfrostbraten, gebratene Kalbsleber, hand geklopfte Schnitzel – eben deftige Wirtshausküche in sehr guter Qualität. Im Schnackertz trifft sich das Veedel: die Skatrunde, der Elternabend, die Vereinssitzung. Diesen sehr speziellen Charme zu duplizieren ist quasi unmöglich, beziehungsweise es braucht Zeit.
Jörg Plake versucht es dennoch, und zwar in Neuehrenfeld. Vor knapp drei Jahren eröffnete er das Haus Eichendorff in der Ottostraße. Ein wunderschönes Ladenlokal, wie so ziemlich alles in der Ecke. Köln ist hier ausgesprochen prächtig. Ein Besuch lohnt sich allein schon wegen der pittoresken Nachbarschaft. Aber im Ernst, Jörg Plake hat sich nicht nur einen sehr schwierigen Zeitpunkt für die Neueröffnung ausgesucht, kurz vor dem zweiten Lockdown – diese Nachbarschaft hat außerdem bereits eine feste und formidable Gasthaus-Institution: das Essers. Größer könnten die Herausforderungen kaum sein.
Traditionelle Küche
Nichtsdestotrotz, das Haus Eichendorff ist der kleine Bruder vom Schnackertz, kommt also aus einer sehr guten Familie. Es gibt viele Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen, es fehlt aber noch an Reife und Erfahrung – im übertragenen Sinne. Der große Bruder ist schlicht 15 Jahre älter, hat sich bewährt und ist mit seiner Umgebung verwachsen. Der Kleine hat also einiges aufzuholen.
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In beiden Lokalen werden die gleichen Speisekarten gereicht. Kalbsleber, Schnitzel, Rostbraten – ein omnivores Kleinod. Ich persönlich finde die Wochenkarte etwas interessanter, finden sich dort doch so wunderbare Dinge wie Hirschragout mit Speck-Rosenkohl und Serviettenknödeln, gebackene Schwarzwurzeln, Miesmuscheln und ein ganz besonderes Schätzchen aus der tiefen Eifel: Döppekooche.
Döppekooche aus der Eifel
Ich kenne dieses fabelhafte Kartoffelgericht lediglich von meiner Mutter und habe es tatsächlich noch nie auf einer Speisekarte gelesen. Im Haus Eichendorff ist es eine Sättigungsbeilage zum Sauerbraten. Döppekooche ist ein, wie der Name schon ahnen lässt, Kuchen aus geriebenen Kartoffeln, ummantelt von Speck und lange gebacken. Ein bisschen wie ein Auflauf-gewordener Reibekuchen. Selbstverständlich ist der Döppekooche von meiner Mutter unerreicht (jede andere Aussage würde das Weihnachtsfest erheblich stören), der im Haus Eichendorff überzeugt allerdings dennoch und ist eine wirklich sehr gute, süße und deftige Beilage zum Sauerbraten.
Ein weiterer Favorit, den man auf Kölner Speisekarten viel zu selten findet, ist die Frankfurter Grüne Sauce. Offiziell darf man diese Sauce auf keinen Fall als Mayonnaise bezeichnen, aber – unter uns – es geht schon in eine mayonnaisige Richtung. Unterstützt von insgesamt sieben verschiedenen Kräutern, unter anderem Sauerampfer und Pimpernelle. Diese unglaublich gute Sauce wird zu einem großen gemischten Salat mit gebratenen Hähnchenstreifen serviert. Ein wirklich guter, befriedigender Teller.
Vielleicht könnte man ein Töpfchen des grünen Goldes zu den gebackenen Schwarzwurzeln reichen. Aber das ist vermutlich eine persönliche Vorliebe der Autorin.
Insgesamt ist der kleine Bruder in Neuehrenfeld auf einem sehr guten Weg. Service, Ladenlokal und Küchenleistung sind dicht am Haus Schnackertz, einzig der Charme der alteingesessenen Veedel-Schenke fehlt noch. Aber das kann ja noch werden.
Fazit: Der kleine Bruder vom Haus Schnackertz: herzlich und gutbürgerlich. | Bewertung: 5 von 6 Dreiecken
Haus Eichendorff, Ottostraße 69, 50823 Köln | Öffnungszeiten: Di-Sa 17-0 Uhr, So 11.30-15 Uhr + 17-22 Uhr | Tel: 0221/28083866, eichendorff.koeln
Meine Auswahl:
- Gebackene Schwarzwurzeln mit Feldsalat und Honig-Senf-Meerrettich Sauce // 13,90 Euro
- Allgäuer Kasspatzn mit Bergkäse, geschmolzene Zwiebeln und Salat // 13,90 Euro
- Marktsalat mit gebackenem Kikok-Hühnchen und Frankfurter Grüner Sauce // 14,90 Euro
- Muscheln Provencale // 18,90 Euro
- Rheinischer Sauerbraten mit Rotkohl und Döppekooche // 20,90 €