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Schmeckt's, Frau Floß?Warum das „meer sehen“ in Ehrenfeld beste Bewertungen verdient

Lesezeit 3 Minuten
Blick in den Biergarten Meer sehen in Ehrenfeld.

In kaum einem Hinterhof in Köln sitzt man so lauschig wie im Biergarten des „meer sehen“ in Ehrenfeld.

In dem Lokal mit einem der schönsten Biergärten der Stadt gibt es Tapas und ein großartiges halbes Schnitzel. Eine Liebeserklärung.

Die Philippstraße in Ehrenfeld liegt zwar äußerst zentral im achso trubeligen Viertel, wirkt allerdings reichlich unspektakulär. Hier blinkt nichts. Keine Neonreklame und keine LED-Bildschirme. Es gibt keine Raucher-Schlangen vor irgendwelchen Bars oder Kaffee-Boutiquen. Kein wummernder Bass ist zu hören. Weder Gold-An-, noch Gold-Verkauf. Keine Spielhalle. Kein Kiosk. Hier ist Ehrenfeld nahezu ruhig. Und genau hier versteckt sich einer der hübschesten Biergärten der Stadt.

Julia Floß

Julia Floß

Julia Floß ist ausgebildete Köchin und Patissière und hat viele Jahre in verschiedenen von Gault-Millau und Guide Michelin ausgezeichneten Küchen gearbeitet, bevor sie Journalismus und Medienkommunika...

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Das „meer sehen“ ist seit ewigen Zeiten ein Viertelsliebling. Der Laden ist voll mit Stammgästen und denen, die es noch werden möchten. Das liegt nicht nur an der Lage, der netten Speisekarte und der traumhaften Terrasse, sondern vor allem an den Gastgebern und Gastgeberinnen. Bei jedem meiner Besuche wurde ich so unglaublich freundlich behandelt, dass ich es kaum fassen konnte. Egal ob zur späten Stunde auf ein Glas Wein im Biergarten oder zur besten Feierabendzeit ohne Reservierung – das Servicepersonal gibt sich wirklich allergrößte Mühe auch noch im letzten Eckchen einen Platz zu finden. Und das, obwohl der Laden pickepacke voll ist.

Halbes Wiener Schnitzel hat Kultstatus

Aber fangen wir von vorne an: Im „meer sehen“ werden Tapas serviert. Knusprige Patatas bravas mit Aioli, Pimientos de Padrón, Bruschetta mit Tomaten und Basilikum, Manchego mit Feigensenf, Oliven und so weiter. Zwischen den typischen Bodega-Gerichten findet man immer wieder ein paar kulinarische Ausreißer, die den irgendwie undefinierbaren Charme des Ladens ausmachen. Das halbe Wiener Schnitzel vom Kalb mit lauwarmem Kartoffel-Gurkensalat hat beinahe Kultstatus. Und das völlig zu Recht. Ich habe wirklich selten ein so zartes, saftiges und knuspriges Schnitzelchen gegessen. Auch die spanischen Klassiker, wie die Bratpaprika und die Kartoffeln, überzeugen sofort. Bei den Wan Tans mit Weißkäse und Mango-Minz-Dip war ich äußerst skeptisch. An diesem Gericht sagt sehr viel: Nullerjahre-Fusion-Extravanganza. Der säuerliche Weißkäse eignet sich aber tatsächlich sehr gut als Füllung für frittierte Teigtaschen. So gut, dass man eigentlich keinen Dip bräuchte. Die Mango-Minz-Situation hat mich persönlich ein bisschen überfordert. Am Nebentisch wurde das Töpfchen mit der Brotscheibe leer gewischt. Vielleicht bin ich einfach kein Mango-Minz-Typ.

Außenansicht des Restaurants "Meer sehen"

Von der Straße aus verrät nichts, dass zum „meer sehen“ ein lauschiger Biergarten gehört.

Stammgäste bestellen blind von der Tagestafel

Die gebratenen Champignons mit Portwein und Knoblauch kamen umso besser an. Ich darf an dieser Stelle auf keinen Fall die „Tagestafel“ unterschlagen. Bärlauchbutter, Kabeljau, Couscous-Salat – hier wird beinahe täglich durchgewechselt. Stammgäste wissen um die Qualität der Küchenleistung und bestellen quasi blind von der Tagestafel. Also ranhalten und probieren, ehe die Gerichte ausverkauft sind.

Der Schokobrownie im Dessert wird lauwarm und mit einer dicken Kugel Vanilleeis serviert. Damit macht man selten etwas falsch. Süß, schokoladig, cremig, warm, kalt – das Schokoküchlein ist ein Evergreen. Kommen wir zum zweiten Nachspeise-Kandidaten: Das Dessert „Windbeutel-Mascarpone-Himbeer-Träumchen“ beinhaltet alle angegebenen Komponenten, kommt allerdings im Weckglas. Lecker ist das in jedem Fall. Ich hatte möglicherweise ganz kurz mit einem prallen Windbeutel gerechnet, aus dem beim ersten Bissen rechts und links die Füllung herauskommt. Enttäuscht war ich aber definitiv nicht, höchstens ein bisschen irritiert.

Gute Weinkarte

Im „meer sehen“ kann man aber nicht nur leckere Tapas essen, ein Blick auf die handgeschriebene Weinkarte ist sehr zu empfehlen. Eine liebevoll zusammengestellte Auswahl aus spanischen und deutschen Weinen. Drinnen, im Strandkorb mit Blick auf die an die Wand projizierte Unterwasserwelt, schmeckt der Riesling schon hervorragend. Draußen, zwischen Palmen und Lichterketten, wird es noch ein bisschen besser und das „endlich Sommer, endlich warm“-Gefühl kickt vollends.

Fazit: Ein absoluter Lieblingsort. Unglaublich netter Service, gutes Essen, schönster Biergarten. Bewertung: 5 Dreiecke

meer sehen, Philippstr. 1, 50823 Köln, Öffnungszeiten: Mo-Fr ab 18 Uhr, Sa ab 17 Uhr, Telefon: 0221/ 9923149

Meine Auswahl:

Schnitzel mit Kartoffelsalat

Das „halbe Schnitzel mit Kartoffelsalat“ hat Kultstatus.

  1. Wan Tans mit Weißkäse & Mango-Minz-Dip // 6,50 Euro
  2. Ein halbes Wiener Schnitzel vom Kalb mit lauwarmen Kartoffel-Gurkensalat // 13,60 Euro
  3. Patatas Bravas mit Aioli // 5,50 Euro
  4. Gebratene Champignons mit Portwein & Knoblauch // 6,60 Euro
  5. Pimientos de Padron // 5,40 Euro
  6. Schoko-Brownie mit Vanilleeis // 6,90 Euro