Die Welt ist „unruhiger und rauer“ geworden, sagt Olaf Scholz in seiner Neujahrsansprache. Doch es müsse keine Angst vor der Zukunft geben.
„Wir kommen da durch“Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt sich in Neujahrsansprache zuversichtlich
Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt sich optimistisch, dass Deutschland den Herausforderungen dieser Zeit gewachsen ist und hat vor dem Hintergrund zahlreicher Krisen und Konflikte zu gegenseitigem Respekt und zu Zuversicht im Neuen Jahr aufgerufen.
„Wir kommen auch mit Gegenwind zurecht“, sagte der SPD-Politiker in seiner Neujahrsansprache, deren Text am Samstag vorab verbreitet wurde. „Das macht die Herausforderungen unserer Zeit nicht kleiner.“
Doch die Einsicht, dass jede und jeder gebraucht werde – die Spitzen-Forscherin genauso wie der Altenpfleger, die Polizistin genauso wie der Paketbote, die Rentnerin genauso wie der junge Auszubildende – mache stark. „Wenn wir uns das klarmachen, wenn wir uns gegenseitig mit diesem Respekt begegnen, dann brauchen wir keine Angst zu haben vor der Zukunft!“
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Scholz sprach aber auch von Verständnis für die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger. „Kaum war Corona halbwegs vorbei, brach Russland mitten in Europa einen unerbittlichen Krieg vom Zaun“, sagte er. Kurz darauf habe der russische Präsident Wladimir Putin den Gashahn abgedreht, und im Herbst habe es noch den brutalen Terrorangriff der Hamas auf Israel gegeben. „Unsere Welt ist unruhiger und rauer geworden. Sie verändert sich in geradezu atemberaubender Geschwindigkeit.“
Olaf Scholz will „kraftvoll“ in die Zukunft investieren
Deshalb müsse auch Deutschland sich verändern. „Bei einigen sorgt das auch für Unzufriedenheit. Ich nehme mir das zu Herzen“, sagte er. „Und zugleich weiß ich: Wir in Deutschland kommen da durch.“
Er wies darauf hin, dass trotz der Krisen pessimistische Prognosen nicht eingetreten seien. „Weil wir uns gegen den Wirtschaftseinbruch gestemmt haben“, sei es anders gekommen. „Die Inflation ist gesunken. Löhne und Renten steigen. Die Gasspeicher sind für diesen Winter randvoll“, verwies Scholz auf Erfolge.
Scholz kündigte an, kraftvoll in die Zukunft investieren zu wollen. „Denn wer in diesen Tagen mit der Bahn unterwegs ist oder vor einer maroden Brücke im Stau steht, der merkt: Unser Land wurde zu lange auf Verschleiß gefahren. Deshalb investieren wir jetzt: in ordentliche Straßen und eine bessere Bahn.“
Das alles sei jedoch vor dem Hintergrund des weitreichenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November nicht einfacher geworden. „Nicht alle Vorhaben, die wir in den Blick genommen hatten, werden wir umsetzen können.“
Mitte November hatte das Bundesverfassungsgericht die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Etat 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre zurücklegen.
Der Kanzler fand auch kritische Worte für die Politik des auslaufenden Jahres. „Diskussionen über den richtigen Weg gehören dazu. Das Ringen um faire Kompromisse ebenfalls – auch wenn ich auf manch laute Debatte in den vergangenen Wochen und Monaten durchaus hätte verzichten können.“
Bundeskanzler betont die Wichtigkeit einer starken Europäischen Union
Mit Blick auf das aktuelle Hochwasser in Teilen Deutschlands dankte der Kanzler „all den Frauen und Männern von der Feuerwehr und Bundeswehr, vom THW, den Rettungsdiensten und den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern, die mit ganzer Kraft gegen das Hochwasser kämpfen“. Er äußerte auch sein Mitgefühl für die Betroffenen, „die wir in diesen schweren Stunden nicht alleine lassen“.
Nachdrücklich bekannte sich Scholz zu einer starken Europäischen Union. Als Erfolg wertete er die Einigung auf das neue gemeinsame europäische Asylsystem. Bereits jetzt hätten stärkere Grenzkontrollen dazu geführt, dass „die Zahl derer, die über diese Grenzen kommen, spürbar gesunken“ sei.
Eine starke EU sei umso wichtiger vor dem Hintergrund von „Russlands Krieg im Osten unseres Kontinents“, der kriegerischen Auseinandersetzung im Nahen Osten und im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen im kommenden Herbst „möglicherweise mit weitreichenden Konsequenzen – auch für uns hier in Europa“. (dpa/afp)