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Karlsruhe stoppt Etatänderung 2021Kein Geld für Klima – Habeck sieht Probleme für E-Mobilität und Gebäudesanierung

Lesezeit 4 Minuten

Der „Klima- und Transformationsfonds“, in dem das Geld eingeplant war, schrumpft nun um 60 Milliarden Euro. Die Spitzen der Ampel äußerten sich.

Wegen Verstoßes gegen Ausnahmen bei der Schuldenbremse hat das Bundesverfassungsgericht den zweiten Nachtragshaushalt 2021 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Mit der Etatänderung wollte die Bundesregierung Kredite in den Klimaschutz investierten, die ursprünglich für Corona-Maßnahmen gedacht waren.

Der Umfang des „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF), in dem das Geld nun eingeplant ist, schrumpft daher um 60 Milliarden Euro. „Soweit hierdurch bereits eingegangene Verpflichtungen nicht mehr bedient werden können, muss der Haushaltsgesetzgeber dies anderweitig kompensieren“, erklärte das höchste deutsche Gericht am Mittwoch in Karlsruhe. Die Unionsfraktion im Bundestag hat damit erfolgreich gegen das Umschichten geklagt. (Az. 2 BvF 1/22)

Olaf Scholz: Verfahren zum Haushalt 2024 soll fortgesetzt werden

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte nach dem Urteil an, die Regierung werde dieses nun sorgfältig auswerten und „genau beachten“. Das Urteil habe „möglicherweise Auswirkungen auf die Haushaltspraxis nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern“. Das parlamentarische Verfahren zum Haushalt 2024 soll demnach aber wie geplant fortgesetzt werden.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) teilte mit, als erste Konsequenz habe er „eine Sperre des Wirtschaftsplans des KTF vorgenommen“. Dies betreffe die Jahre 2024 und 2025. Davon ausgenommen seien aber Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz und der Wärmewende in Gebäudebereich. Es solle nun so rasch wie möglich ein neuer Wirtschaftsplan aufgestellt werden.

Robert Habeck: Urteil betrifft Förderung der E-Mobilität und Gebäudesanierung

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wies darauf hin, dass die Zahlungen aus dem KTF viele Bereiche betreffen, von der Gebäudesanierung über die Förderung der E-Mobilität bis zu Geothermie und kommunaler Wärmewände oder Beschlüssen zum Wohnungsbau. Trotz des Urteils würden „alle zugesagten Verpflichtungen eingehalten werden“, neue seien aber erst möglich, wenn der neue Finanzplan aufgestellt sei, sagte der Grünen-Politiker.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Morgen seine Entscheidung bekanntgegeben, wonach Kreditermächtigungen im Volumen von 60 Milliarden Euro, die ursprünglich zur Bewältigung von Folgen der Coronapandemie vorgesehen waren, nicht in den KTF verschoben werden durften. Damit gab das Gericht einer Klage der CDU/CSU gegen den betreffenden Nachtragshaushalt 2021 der Ampel-Regierung statt. Lindner sagte, die Kreditermächtigungen seien daraufhin bereits gelöscht worden - womit das Geld nun im KTF fehlt.

Nachtragshaushalt 2021 gestoppt: Greenpeace ist sauer

Nach Einschätzung der Umweltschutzorganisation Greenpeace ist das Urteil ein „herber Rückschlag für den Schutz des Klimas“. „Nun rächt sich, dass die Ampel den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft von Anfang an mit finanzpolitischen Taschenspielertricks bezahlen wollte“, beklagte der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser. Kredite, neue Steuern und der Abbau klimaschädlicher Subventionen dürften nun keine Tabus mehr sein.

Corona-Kredite wurden nicht für Pandemiefolgen benötigt

Die Entscheidung des Verfassungsgerichts bezieht sich auf den Haushalt 2021. Wegen der Notfallsituation während der Corona-Pandemie hatte der Bund diesen in Form einer Kreditermächtigung um 60 Milliarden Euro aufgestockt. In solch außergewöhnlichen Situationen oder auch bei Naturkatastrophen ist es trotz Schuldenbremse möglich, Kredite aufzunehmen. Am Ende wurde das Geld nicht für die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen gebraucht. Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP wollte das Geld daher für den sogenannten Klima- und Transformationsfonds nutzen und schichtete es mit Zustimmung des Bundestages rückwirkend um - allerdings erst im Jahr 2022.

Das Gericht stellte nun klar, dass es einen Zusammenhang zwischen der außergewöhnlichen Notsituation und den mit dem Geld bezahlten Maßnahmen geben müsse. Dies habe der Gesetzgeber hier nicht ausreichend deutlich gemacht, sagte die Vorsitzende Richterin Doris König. Sie verwies auf die wiederholte Inanspruchnahme der Möglichkeit notlagenbedingter Kreditmittel und den Umstand, dass die zunächst für erforderlich erachteten Kreditermächtigungen zum Ende des Haushaltsjahres nicht zur Krisenbewältigung verwandt worden sind.

Außerdem dürften die einem Sondervermögen infolge von Notsituationen zugeführten Mittel nur in demjenigen Haushaltsjahr eingesetzt werden, für das sie bereitgestellt wurden. Auch müsse das Parlament einen Nachtragsentwurf bis zum Jahresende beschließen. „Die faktisch unbegrenzte Weiternutzung von notlagenbedingten Kreditermächtigungen in nachfolgenden Haushaltsjahren ohne Anrechnung auf die „Schuldenbremse“ bei gleichzeitiger Anrechnung als „Schulden“ im Haushaltsjahr 2021 ist demzufolge unzulässig“, so das Gericht.

Bundesregierung argumentierte mit Anschub für Investitionen

Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg hatte bei der mündlichen Verhandlung im Juni gesagt, die Schuldenbremse brauche eine wirkliche Bremswirkung, damit nicht immer wieder Vorratskassen angelegt und Verwendungszwecke geändert würden. Auch in Notlagen müsse klar sein, wo der Spielraum des Staates für Kreditermächtigungen ende, ergänzte der Bevollmächtigte der Union, Karsten Schneider.

Dagegen argumentierten Vertreter der Regierung, infolge der Pandemie habe die Volkswirtschaft geschwächelt, auch private Investitionen hätten angestoßen werden müssen. Mit der Umschichtung des Geldes habe ein Stück weit Verlässlichkeit für Investitionen geschaffen werden sollen.(dpa)