AboAbonnieren

Flugplatzfest des LSC ErftlandMit Muskelkraft in luftige Höhen

Lesezeit 4 Minuten

Einen spannenden Ausflug in die Geschichte des Segelflugs erlebten die Zuschauer beim Start der SG 38.

Bergheim – Es braucht nicht mehr als ein Gummiband und einen Flieger aus Holz und Segeltuch, damit der Pilot abheben kann. 18 Männer und Frauen müssen es allerdings schon sein, die an dem 30 Meter langen Gummiseil ziehen, bis es genügend Spannung hat, um das historische Schulflugzeug „SG 38“ aus den 30er-Jahren in die Luft zu ziehen, meint Frank Thies. Noch einmal vier bis fünf starke Männern müssen den Flieger am Heck festhalten, bis das Startsignal kommt.

Für einen geübten Redner wie Thies, den man beim Luftsportclub Erftland unter dem Spitznamen „Opa“ kennt, war es am Samstag kein großes Problem, unter den Besuchern des Flugplatzfestes genügend Hilfskräfte als „Gummihunde“ zu rekrutieren. So werden diejenigen in Segelflugkreisen genannt, die mit Muskelkraft für den Auftrieb des historischen Flugzeuges sorgen.

45 Starts und eine Stunde Flugzeit

Auf dem harten Holzsattel, wie ein längsgestellter Kutschbock, hatte Pilot Maurice Thies Platz genommen, die Füße auf den Pedalen der Ruder. Mit 20 Jahren ist Frank Thies’ Sohn der jüngste der Fluglehrer im Segelflugclub an der Wiedenfelder Höhe.

Für wenig Geld durften die Besucher im Doppelsitzer Platz nehmen und zum Rundflug starten.

Bei der Anmeldung als Pilot zum Flugplatzfest habe er, so wie die anderen Piloten auch, über Flugstunden und die Anzahl von Starts in seinem Flieger Auskunft geben müssen. So verlange es die Gesetzeslage zur Sicherheit, sagte LSC-Sprecherin Renate Fremerey. Dabei habe sich der Pilot mit einem geradezu kuriosen Verhältnis von 45 Starts zu nur knapp einer Stunde Flugzeit positioniert.

Nach 80 Metern wieder auf dem Boden

Warum das so ist, begriffen die Zuschauer bald. Denn mögen auch die Frauen und Männer im Laufschritt am Bughaken der alten Maschine eingeklinkte Gummiseil noch so sehr in die Länge ziehen ziehen und der Flieger nach dem Start gleichsam in die Höhe schießen, so reichte der Schwung doch nur für einen kurzen Hüpfer von vielleicht 80 Metern auf der ebenen Startbahn.

Aber genau so habe man damals das Segelfliegen gelernt, sagte der Vorsitzende Jochen Meurs. Der Ausbilder sei nebenhergelaufen und habe den Flugschüler per Zuruf angeleitet. Idealerweise wurde die Flugzeit mit Starts an einem Hang verlängert. Sogar zur Zugspitze habe man seinerzeit solche Flugzeuge geschleppt, um sie dann zu Tal gleiten zu lassen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Heute dagegen werden die Segelflieger von einer Seilwinde mit 300-PS-Dieselmotor in die Luft gezogen. Erst im vergangenen Jahr hat der Verein in ein solches Gerät investiert, das in der Lage ist, auch leichte Kunststoffseile zu schleppen, die den Flieger in noch größere Höhe ziehen, bevor der Pilot das Seil ausklinkt, schwärmte Meurs.

Der Segelsportverein im Aufschwung

Überhaupt blicke der Verein auf ein gutes Jahr zurück, in dem entscheidende Weichen für die Zukunftssicherung des Segelsportvereins in Bergheim gestellt worden seien. Der Verein habe zwei bislang gepachtete Grundstücke, die Bestandteil der Start- und Landebahn sind, gekauft.

Die Mitglieder selbst hätten dafür tief in ihre Taschen gegriffen, jetzt bleibe nur noch eine Pacht für ein Grundstück an die Stadt Bergheim zu bezahlen, deren Verwaltung ihre Sympathie für den Luftsportclub sogar in einem Imagefilm für die Kreisstadt dokumentieren ließ.

Erfolge feierten die Nachwuchspiloten Jan Knieschewski, Richard Hinterthan und Timo Engelmann.

Unter dem Titel „Ich fliege auf Bergheim“ kurvt das Segelflugzeug namens Bergheim, das seinerzeit von Maria Pfordt getauft wurde, im Anflug über der Kreisstadt. Eine eigene Landebahn und moderne Ausstattung seien gerade für die Nachwuchsarbeit wichtig, sagt Meurs.

Flugrekord bei über 1000 Kilometern

Viele junge Leute waren unter den Helfern auf dem Flugfeld. Sie wiesen die Besucher in die nötigen Handgriffe für den Notausstieg ein, bevor diese für wenig Geld einen Rundflug in einem Doppelsitzer unternehmen durften.

Der 19-jährige Timo Engelmann blickte in dieser Saison mit „Superwetter“ auf 100 Flugstunden zurück. Nach einem Schnupperkursus fliegt er seit 2012 im Verein, als Schüler habe er damals das Geld für den Mitgliedsbeitrag beim LSC Erftland mit dem Austragen von Zeitungen verdient.

Vor drei Wochen sei ihm gemeinsam mit Richard Hinterthan im Doppelsitzer ein guter Flug für die Wertung im Leistungsfliegen gelungen. 700 Kilometer weit habe sie die Thermik über das Saarland und Sauerland, Richtung Belgien getragen. „Eine tolle Leistung“ für die jungen Piloten, findet auch Jan Knieschewski, Chef der jungen Überlandflieger des Klubs und Platzrekordhalter mit einem Flug über 1000 Kilometer.