Die Energiepreise sinken und Verbraucher haben eine größere Auswahl an Strom- und Gasanbietern. Auch in der Region lässt sich durch einen Anbieterwechsel aktuell sparen. Wir geben einen Überblick.
Strom- und GaspreiseWarum sich ein Anbieter-Wechsel wieder lohnen kann
Die Strom- und Gaspreise für Haushalte kannten im vergangenen Jahr zumeist nur eine Richtung: aufwärts. Wer wechseln wollte, hatte oft keinen Erfolg: „Viele Neukundenverträge wurden infolge des plötzlichen massiven Preisanstiegs an den Handelsmärkten deutlich teurer als Bestandskundenverträge“, so Energiemarkt-Experte Mirko Schlossarczyk von der Beratungsfirma Enervis. Auch hätten Energieversorger aufgrund des unsicheren Marktumfelds keine Neukunden mehr angenommen. Und Verbraucher seien durch Insolvenzen von Billiganbietern höchst verunsichert gewesen.
Für Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW steht fest: „Im Jahr 2022 ist der Anbieterwechsel zum Erliegen gekommen.“ Doch wie ist es aktuell, nachdem die Großhandelspreise für Strom und Gas wieder gesunken sind? „Derzeit sind Neukundenverträge tendenziell günstiger als Bestandskundenverträge“, sagt Schlossarczyk.
Neukundenpreise eingebrochen
Vergleichs- und Vermittlungsportale bestätigen das: „In jüngster Zeit sind die Neukundenpreise für Strom und Gas regelrecht eingebrochen“, sagt Verena Blöcher von Verivox. Gleichzeitig seien die Preise der Grundversorger deutlich gestiegen. „Mit der Rückkehr des Sparpotenzials beobachten wir auch wieder eine deutliche Zunahme der Wechselaktivitäten.“
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Check24 geht noch weiter: „Das Wechselvolumen ist innerhalb weniger Wochen deutschlandweit auf Vorkrisenniveau gestiegen“, sagt Energie-Geschäftsführer Steffen Suttner.
Doch aus wie vielen Tarifen können Haushalte bei Strom und Gas wählen? Sieverding schätzt die aktuelle Zahl auf 50 bis 60 verschiedene Tarife nach rund 20 auf dem Höhepunkt der Energiekrise im vergangenen Jahr. Vor der Krise seien es 120 bis 130 verschiedene Tarife gewesen, bei Strom sogar noch mehr.
Auch in der Region lohnt sich ein Wechsel
„Es sind wieder mehr als doppelt so viele Anbieter bei uns im Vertrieb tätig als noch vor einem Jahr“, sagt Suttner von Check24. Auch Verivox stellt „wieder viel mehr Angebote als noch vor zwei Monaten“ fest. Die Anbieterzahl für Strom und Gas sei noch nicht auf dem Vorkrisenniveau, „sondern bei rund 80 Prozent“.
Auch in der Region lässt sich durch einen Anbieterwechsel aktuell sparen. Bei einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden Ökostrom im Jahr bei einer Preisbindung von 12 Monaten verlangt die Rheinenergie in der Kölner Innenstadt 1726,32 Euro pro Jahr. Auch etablierte Versorger wie Vattenfall sind inklusive Boni im ersten Jahr rund 340 Euro billiger. In Bonn beträgt die Ersparnis bei einem Wechsel von den SWB zu Vattenfall etwa 320 Euro. Dabei sind die Strompreisbremsen in die Tarife der Regionalversorger eingerechnet. Die kaufen regelmäßig Strom ein, was Preisspitzen glättet. Andere Anbieter haben möglicherweise einen günstigen Zeitpunkt für den Stromeinkauf erwischt.
Laut Suttner starten auch Stadtwerke wieder mit dem Neukundenvertrieb: „Durch die erhöhte Anzahl an Anbietern ist der Wettbewerbsdruck gestiegen und die Preise deutlich gesunken.“ Die Experten glauben, dass nicht alle Wechselwilligen sofort aktiv werden: „Prognosen insbesondere weiter sinkender Gaspreise könnten dazu führen, dass einige Verbraucher noch abwarten“, so Schlossarczyk. Zudem minderten die Preisbremsen den Anreiz zu wechseln. Auch Sieverding hält es für möglich, dass es einen „weiteren Entlastungsschub“ im Großhandel gibt. Bei einem Wechsel solle man sich aber gut überlegen, zu welchem Anbieter man geht. „Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte ein größeres Unternehmen oder die Tochter eines Stadtwerks wählen.“ (dpa/EB)
Experte: Strompreis könnte dieses Jahr auf 30 Cent fallen
Für das laufende Jahr erwartet das Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos eine deutliche Entspannung bei den Gas- und Strompreisen. „Wir sind durch das Gröbste durch“, sagt Prognos-Experte Marco Wünsch. Er rechnet beim Strom mit einem weiteren deutlichen Preisrückgang. 2022 sei Strom pro Kilowattstunde zum Teil doppelt oder dreimal so teuer wie vorher gewesen. „Es gab Verträge mit 60, 70 oder 80 Cent, die temporär angeboten worden sind, jetzt ist man wieder auf 40 Cent zurück. Und meine Einschätzung ist: Das geht noch weiter runter. Wir werden uns an das alte Niveau knapp über 30 Cent annähern“, sagt Wünsch. Beim Gas betrug das alte Niveau 7 oder 8 Cent pro Kilowattstunde. Die Preise kletterten 2022 zeitweise auf 20 oder 25 Cent. Jetzt liege der Preis etwa bei 14 Cent, so Wünsch. Seine Prognose: „Beim Gas werden wir nicht auf das alte Niveau zurückfallen, weil die neuen Importstrukturen mit Flüssiggas teurer sind als Pipelinegas aus Russland. Das ist einfach systembedingt.“ (cl)