Die Kölner Messe ist 100. Groß gefeiert wird am 28. Juni. Mit Messechef Gerald Böse warf Ralf Arenz einen Blick in die Zukunft.
Kölnmesse-Chef Gerald Böse„Wir sind sehr gut aufgestellt“
Herr Böse, die Messe feiert 100. Geburtstag. Lassen Sie uns in die Zukunft schauen. Wie sieht die Messe im Jahr 2050 aus?
Das ist nicht ganz leicht, auch wenn wir durchaus Planungshorizonte von zehn und mehr Jahren haben. Wir vereinbaren auch jetzt schon Messetermine in zehn Jahren. Ausgemacht ist für mich, dass wir als Messe weiter Begegnungen von Mensch zu Mensch ermöglichen und das ausbauen werden. Digitale Begegnungen werden das ergänzen. Auch das Geschäft wollen wir ausbauen. Hier wollen wir noch besser werden, auch mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz.
Können Sie da ein Beispiel nennen?
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Wir bieten den Kunden etwa digitale Möglichkeiten, ganz neue Kontakte auf unseren Messen anzusprechen. Die Aussteller können damit Messebesucher für sich gewinnen, die ihre Produkte und Dienstleistungen noch nicht kannten und deshalb auch keinen Standbesuch eingeplant hatten. Auch können die Aussteller über unsere spezielle Messe-App nach der Messe Kontakt zu Messebesuchern halten. Digitalisierung ist neben der Dekarbonisierung ein absolutes Zukunftsthema.
Welches Wettbewerbsumfeld erwarten Sie in der Zukunft?
Wir haben schon einen starken Standortwettbewerb in Deutschland. Messen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, weil sie Besucher in die Stadt ziehen. Da wollen alle Messegesellschaften auch eine maximale Auslastung ihres Geländes erreichen. Es werden heute schon Incentives von Messegesellschaften und Städten geboten, um das zu erreichen. Da darf Köln den Anschluss nicht verlieren. Wir investieren bis 2040 rund eine Milliarde Euro in die Zukunft unseres Messegeländes. Als nächstes steht die Eröffnung des Kongresszentrums Confex an, von dem wir uns viel versprechen. International sind die Messen in Mailand, Paris, Chicago und Shanghai Wettbewerber in unseren Themenfeldern. Dazu kommt immer mehr der Nahe und Mittlere Osten. Dubai ist dafür ein exzellentes Beispiel, wie Destinationsmarketing inklusive Fluggesellschaft und Hotels funktionieren kann.
Im Nahen und Mittleren Osten engagieren Sie sich gerade stärker – auch in einer Kooperation mit der Daily Mail Gruppe.
Ja. Neben Dubai sind die angrenzenden Länder sehr interessant für uns wegen ihres hohen Wirtschaftswachstums und ihrer sehr jungen Bevölkerungsstruktur. Da müssen Messegesellschaften präsent sein. In Asien sind wir inzwischen schon gut aufgestellt mit Tochtergesellschaften in Tokio, Singapur, China und Thailand. Veranstaltungen im Ausland stärken unsere Kölner Messen und machen Köln in aller Welt bekannt Viele Besucher lernen uns erst im Ausland kennen und kommen dann im Folgejahr hier zu uns nach Köln.
Wie verteilt sich der Umsatz künftig zwischen den Engagement im Ausland und in Köln?
Der Auslandsanteil des Umsatzes soll von derzeit etwa 15 Prozent auf mittelfristig 25 Prozent steigen. Beim Inlandsgeschäft wollen wir im Servicebereich von 25 Prozent auf ein Drittel wachsen. Auch das Confex soll in Zukunft einen Umsatzanteil von 5 bis 10 Prozent beisteuern.
Gibt es eine Tendenz hin zu Kongressen, die dann durch Ausstellungen ergänzt werden?
Kongresse sind eine gute Möglichkeit, neue Messethemen zu entwickeln. Der deutsche Markt ist stark gesättigt, da ist es schwierig, eine ganz neue Messe zu etablieren. Ein Kongress kann ein erster Entwicklungsschritt zu einer Messe sein, wie wir das bei der InsureNext rund um die Versicherungsbranche sehen. Die ist digital gestartet, es folgte eine hybride Veranstaltung und jetzt wächst sie in ein Confex-Format. Im Confex haben wir neben den Kongressräumen auch Ausstellungsflächen, auf denen sich Themen sehr effizient anspielen lassen, ohne dass gleich eine ganze Messehalle gefüllt werden muss. Kombinationen von Messen und begleitenden Kongressen sind auch nachhaltig. Da bekommen Besucher aus Australien etwa gleich beides geboten - bei nur einem Flug zur Anreise.
Führt die starke Konkurrenz unter Messegesellschaften zu Konzentrationen in der Branchen?
Ja. Wir werden verstärkt Kooperationen sehen zwischen den Messeplätzen, es werden sich nicht alle Standorte alleine halten können. Köln ist in meinen Augen sehr gut aufgestellt unter der Voraussetzung, dass der europäische Binnenmarkt Bestand hat. Köln liegt mitten im aktuell kaufkraftstärksten Wirtschaftsraum der Welt mit 500 Millionen Menschen, und einer Währung . Und unser Messegelände wird bis 2040 das attraktivste innerstädtische der Welt. Wir werden unsere Stellung halten. Die Stadt muss aber parallel auch an ihrer Attraktivität arbeiten, ebenso die Deutsche Bahn am Deutzer ICE-Bahnhof. Die Kostenstruktur am Messeplatz Deutschland, wie hohe Tarifabschlüsse und Bettensteuer sind zusätzliche Kostentreiber für unsere Kunden.. Die zahlreichen Streiks im ersten Halbjahr 2024 haben die Messen massiv behindert. Die Gäste haben hier erstmals eine Lahmlegung des öffentlichen Lebens gesehen, wie sie es nur aus dem Ausland kannten. Unserem Ruf als verlässlichem und effizienten Land, in dem das meiste gut funktioniert, schadet so eine Ballung von Chaos massiv.