Berlin – In der Grillsaison hören Fleischliebhaber das wohl ungern: Wenn die Zahl der Kühe, Schweine und anderer Nutztiere nicht sinkt, kann die deutsche Landwirtschaft aus Sicht von Umweltverbänden ihre Klimaziele nicht schaffen. Dazu fordern sie strengere Vorgaben für die Bauern - und halten die Pläne, die Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) fürs Einsparen von Treibhausgasen vorgelegt hat, für zu lasch.
„In den vergangenen 15 Jahren sind in Deutschland die Klimagase aus der Landwirtschaft weitgehend auf gleich hohem Stand geblieben“, sagte Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter der Deutschen Presse-Agentur. Grund dafür seien hauptsächlich steigende Tierbestände gewesen, die Erfolge anderswo zunichte gemacht hätten. Etwa 70 Prozent der Treibhausgase in der Landwirtschaft stammten aus der Tierhaltung, wenn man den Futteranbau einrechne.
Es wird weniger Nutztiere geben
Um den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2), Methan und anderen Gasen aus der Tierhaltung zu mindern, hat Klöckner dem Klimakabinett unter anderem vorgeschlagen, Fördermaßnahmen künftig davon abhängig zu machen, dass ein Betrieb pro Hektar Fläche nicht mehr als zwei „Großvieh-Einheiten“ hält - das sind zum Beispiel ungefähr zwei Kühe oder 20 Schafe. Zudem soll die Förderung „mehr im Hinblick auf das Tierwohl ausgerichtet werden“, heißt es in den Vorschlägen. Wie viel CO2 das spare, sei nicht einzuschätzen.
Allerdings verweist das Ministerium auf einen Rückgang der Tierbestände seit 2014, bei den Rindern zum Beispiel von 2014 bis 2018 um 6,4 Prozent - auch in den nächsten Jahren würde sich der Trend fortsetzen, teilte eine Sprecherin mit.
BUND fordert Obergrenzen pro Standort
Aus Sicht von Christian Rehmer vom BUND ist das zu wenig. „Wir brauchen eine Bindung der Tierhaltung an die Fläche und zusätzlich Obergrenzen pro Standort“, sagte er der dpa. Vor allem Schweine und Geflügel müssten weniger werden. „Wiederkäuer auf der Weide haben eine wichtige Funktion für den Erhalt des Grünlands, das wiederum wichtig für den Klimaschutz ist“, sagte er mit Blick auf Kühe.
Christine Tölle-Nolting vom NABU hält weniger Tiere ebenfalls für unbedingt notwendig - und damit auch, weniger Fleisch zu essen. Auch sie findet, dass vor allem in Regionen mit „Intensivtierhaltung“ - also Megaställen - die Zahl der Tiere an die Fläche gekoppelt werden müsste. Denn wenn Gülle auf den Feldern landet, werden Treibhausgase freigesetzt, und Überdüngung ist in vielen Regionen ein großes Thema.
„Radikaler Wandel in der Landwirtschaft“
Die Grüne Jugend schlug gerade vor, bis 2025 maximal zwei Großvieh-Einheiten pro Hektar zuzulassen, ab 2035 nur noch 1,6. Es brauche einen „radikalen Wandel in der Landwirtschaft“, sagte die Sprecherin der Grünen-Nachwuchsorganisation, Ricarda Lang, der dpa - es brauche sogar 50 Prozent weniger Emissionen bis 2030. Viele Landwirte seien bereit, mehr zu tun, man solle sie unterstützen.
Im Klimaschutzplan von 2016 hat die große Koalition Ziele für den Agrarbereich vereinbart: Bis 2030 sollen die Emissionen um 31 bis 34 Prozent sinken im Vergleich zu 1990. Kompliziert ist, dass manchmal die etwa von Agrarmaschinen verbrauchte Energie eingerechnet wird, manchmal nicht. Bis 2016 waren laut Klimaschutzbericht der Bundesregierung etwa 20 Prozent Minderung geschafft.
Klöckner setzt beim Klimaschutz unter anderem auch auf strengere Düngeregeln, mehr Einsatz von Gülle, Jauche und Mist in Biogasanlagen und die Ausweitung des Bio-Anbaus, nachhaltige Waldwirtschaft, Schutz von Mooren und weniger Lebensmittel-Verschwendung - und eben die Reduktion der Emissionen aus der Tierhaltung, ohne dabei aber ins Detail zu gehen.
„Entweder hat die Landwirtschaftsministerin das Problem nicht erkannt oder sie traut sich nicht, sich mit der Fleisch- und Futtermittellobby anzulegen“, kritisierte Greenpeace-Experte Hofstetter. „Fakt ist: Ohne eine erhebliche Reduzierung der Tierhaltung wird das Ministerium die Klimaziele verfehlen.“ Die Zahl der Rinder, Kühe, Schweine um je 3,5 Prozent zu reduzieren spare eine Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr. Das sei neben der Koppelung an die Fläche auch machbar, wenn etwa die Tiere mehr Platz bekommen würden. (dpa)